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2014 14 Dez

„Denken ist verdichtete Emotion“

von: Lajla Nizinski Filed under: Blog | TB | 4 Comments

Das sagte heute Alexander Kluge, der heute seinen Film SIGNATUREN DER VERLAESSLICHKEIT in Duesseldorf vorstellte. (Es ist nun hier mein dritter Besuch einer Welturauffuehrung, dreimal ist Bremer Recht :)) Die zu sehende Version war noch ein Werkstattfilm, der es aber in sich hatte. Alexander Kluge ist ja ein Jaeger :) und Sammler historischer, kuenstlerischer oder wissenschaftlicher Epigonen.

Die Filmidee hatte die Vorstandsfrau fuer Integritaet und Recht von Daimler AG. [Hohmann-Dennhardt] Es ging erstens darum, was eigentlich Integritaet ist. Am Beispiel von der Folteranwendung des Kriminalpolizisten an dem Moerder des kleinen Bankiersohns in Frankfurt wurde scharf differenziert, wann Folter ausnahmsweise angewendet darf: wenn der Folterausfuehrende hinterher zugibt, dass er schuldig ist. Zweitens ging es um das Gewissen, was das eigentlich sei. Das abgewandelte Goethe-Zitat wurde hinterfragt: „Der Mensch sei nicht edel, nicht hilfreich und boese.“ Das ist sehr schoen im Film mit Fragen wie u.a. „Darf man einen Menschen toeten, um andere Menschen zu retten?“ aufgezeigt.

Alexander Kluge ist ein wunderbarer Geschichtenerzaehler, der immer wieder zur Lust am Denken aufruft. Eine ganz adventleise Kritik moechte ich doch loswerden. Er sagte, dass er es toll gefunden haette, dass Juergen Habermas vor dem Bundesverfassungsgericht einen Vortrag ueber Europa gehalten haette. Ja, das ist gut, der Ort, aber was hat denn Juergen Habermas wirklich zu Europa nun gesagt?

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4 Comments

  1. Michael Engelbrecht:

    Die Tat des Frankfurter Polizisten war moralisch ambivalent, und von der Substanz her gut. Ich hätte genauso gehandelt, mich aber hinterher keineswegs schuldig gefühlt.

    Aber nun bitte keine ethische Debatte.

    Der „whistle blower“ in Russland hat ebenso gut agiert, moralisch wertvoll, und er würde im Land des zur Witzfigur gewordenen Obama im Gefängnis schmoren. Erbärmlich.

  2. Martina Weber:

    Vor ein paar Jahren war ich bei Kluges Poetikvorlesung, da hatte er auch recht viele Ausschnitte seiner Filme gezeigt, vor allem auch ältere. Ich mochte vor allem seine methodischen Ausführungen. Zum Beispiel den Gedanken, die Methode des Erzählens aus Musikstücken und aus wissenschaftlichen oder philosophischen Werken zu übernehmen, also aus deren Struktur. Interessant fand ich auch, dass er das Argumentieren als so entscheidend und wichtig ansieht und sagte, er hätte gern durch Argumentation die Scheidung seiner Eltern verhindert. Ich mochte es auch, ihm zuzuhören. Er schien sehr authentisch und sehr ehrlich und offen zu sein, das hatte mich beeindruckt. Seine Filme hatten mich nicht immer überzeugt, sie waren teilweise zu gewollt.

    Hier ein schönes Zitat aus seinem Vortrag (ich hatte ziemlich viel mitgeschrieben, und gerade das Notizheft rausgeholt): „neonröhren des himmels“.

    Was mich angeht, ich glaube nur in der Theorie an die Wirkung von Argumentation. „Denken ist verdichtete Emotion.“ Das glaube ich überhaupt nicht. Für mich sind Gefühle und Rationalität verschiedene Welten, unvereinbar. Rationale Argumente kommen an Gefühle nicht heran.

    Dein Tag klingt sehr juristisch durchflochten, Lajla, das sind alles klassische Rechtsfragen, findest du in jedem Strafrechtsbuch für Anfänger.

  3. Lajla Nizinski:

    „Neonroehren des Himmels“ sind noch vorstellbar, aber was das Denken als verdichtete Emotion bedeuten soll, keine Ahnung, versteh´s wer will.

    Ganz so gruselig war der Tag nicht, klar wurde anschliessend viel ueber Moral und Recht diskutiert. Mich haette am meisten die Meinung der jungen Jungen interessiert, die gingen leider woanders Mittagessen als wir.

  4. Jan Reetze:

    Mit Kluge verbindet mich eine seltsam theoretische Liebe. Wunderbar einerseits, dass es Leute wie ihn gibt. Wenn ich dann allerdings seine Sendungen oder Filme sehe, wird es mir regelmäßig nach zehn Minuten zu langweilig. Lesen ist in diesem Fall vielleicht wirklich besser. Negt/Kluges „Öffentlichkeit und Erfahrung“ ist noch immer die Lektüre wert.


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