Manafonistas

on life, music etc beyond mainstream

2014 13 Dez

Lazy Saturday Afternoon

von: Michael Engelbrecht Filed under: Blog | TB | 10 Comments

Am Ende dieses Nachmittages gab es die endgültige Gewissheit, dass auch nach der Winterpause bei Borussia Dortmund der Abstiegskampf eine grössere Bedeutung haben wird als die Champions League. Mittlerweile spielen sie auch wie Abstiegskandidaten, der Alptraum geht weiter. Dabei hat mein entspannter Nachmittag früh und gut begonnen, mit einem kleinen 3-Kilometer-Waldlauf im 120er-Puls-Tempo, gefolgt von „Vasco Da Gama und anderen Mexikanern“. So heisst eine Folge aus der vorletzten Staffel von Mad Men – der Stoff, den sich da Don Draper anno 1972 an der West Coast reinzog, bescherte ihm keine besonders erfreulichen Halluzinationen, während im Fernsehen die Polizei auf die gegen Vietnam demonstrierenden Studenten einknüppelte. Ich bekam ein Foto geschickt, das ausssah wie aus einem Cafe in San Francisco, dabei war es nur einen Katzensprung entfernt. Ich bin wohl zu oft auf Zeitreisen. Mein Kommentar zu der Wiederveröffentlichung von Annette Peacocks erstem Album bescherte mir zwei erheiternde Mails von Freunden, und ich las ein paar Kapitel in „Iron Lake“ von William Kent Krueger. Die einzige Musik, die ich heute hörte, lief in meinem Toyota, dessen Motor derzeit Benzin frisst, als hätte er permanent Durst: „Lumen Drones“, Nils Oklands Violinen in psychedelischen „drone“-Gefilden. Mit „psychedelisch“ asssoziert man ja bevorzugt Drogen, aber ich verstehe es eher als ein Spiel mit Klangfarben. Die einzige Droge dieses Tages wartet noch auf mich, ein Nero d’Avola, ein guter Rotwein aus Sizilien. Und gegen Leonard Cohen und „Popular Problems“ ist dazu die ideale Tafelmusik bereits ausgewählt. Klaus und Babsi, unseren Kanada-Heimkehrern, habe ich vor Tagen die Cohen-Dokumentation „Bird on a Wire“ als DVD geschenkt, ein gelungenes Porträt seiner Europatour anno (ups, da schliesst sich wieder ein Kreis) 1972. Sehr dicht an dem Troubadour dran, dessen Lieblingsdroge damals Prozac war. Wenn man die Sache mit Annette einbezieht, ein Foto von Charlotte Little, das Psychedelische und die Psycho-Substanzen, wirkt dieser Blogeintrag wie typischer Jungsstoff aus der Abteilung „Sex and Drugs and Rock’n’Roll“, aber da überliest man leicht das Ausgeruhte, Meditative. Und den Fussball-Blues.

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10 Comments

  1. Ennen, Norbert:

    Bremen-Fans haben es in diesen Zeiten auch nicht gerade leicht.

  2. Michael Engelbrecht:

    Wohl wahr!

  3. Jan Reetze:

    1972? Ich bin erst in Season 4, aber spielt die nicht 67/68?

  4. Michael Engelbrecht:

    Ja, aber Staffel 6 landet im Jahr 1972:)

  5. Michael Engelbrecht:

    Ich glaube, in der 5. Staffel kommt es zu dieser furiosen Episode, wo Don Drapers „charming“ Schürzenjäger-Kompagnon LSD konsumiert, und das ganz wunderbar inszeniert wird, mit einem Beatlessong, für den die Produzenten tief in die Tasche greifen mussten. Da hast du noch einiges vor dir :)

  6. Jan Reetze:

    Und ich freu mich darauf. – 250.000 Dollar, nur für dieses eine Musikstück. Mit dem Geld machen andere Leute einen halben Spielfilm … Die ersten beiden Seasons fand ich ehrlich gesagt recht zäh – mir saßen da einfach zu oft zu viele Leute an Tischen und sagten sich ellenlange Dialoge auf. Aber in der dritten Season hat es mich dann doch erwischt, zumal die dann auch schon in einer Zeit angesiedelt ist, in der die eigene Erinnerung einsetzt. – An „Six Feet Under“ kommt die Serie allerdings nicht ran. Kommt wohl daher, dass es in SFU eine Gestalt gab, an der wirklich mein Herz hing, während bei Mad Men keine einzige Figur dabei ist, mit der ich auch nur lose befreundet sein möchte.

  7. Michael Engelbrecht:

    Robert Wyatt sieht auch MAD MEN:

    „I’m spending a lot of time with Alfie, and I hope we have a long time, but this is kind of the end run. And I haven’t been a particularly good husband, not very attentive. I’m trying to make that right. I really like her company. She makes me laugh. We watch things together, a lot of DVD box sets of shows like “The Good Wife” and “Mad Men”.

    I stopped drinking a few years ago, and drinking was a big help with me making music, because drinking gives you courage. But it also makes you reckless, and that’s the trouble. You can get away with that your 20s, but not in your 60s, and I’ll be 70 next year. Life is a small space now, much more intimate. I’m not out there in the world anymore, but I’m watching.“ (From his revealing Pitchfork interview)

  8. Michael Engelbrecht:

    Ich würde das jetzt nicht mit SFU vergleichen, ich fand die Serie auch toll, und habe schon seit langem vor, die letzten drei Staffeln zu sehen. Wer war denn diese Gestalt, die du da so mochtest? Was mich betrifft, in den ersten drei Staffeln, war es eindeutig die Freundin des einen jungen Leichenbestatters! Wie du mitbekommen hast, bin ich ja ein grosser Fan der ersten Staffeln von True Detective und Fargo. Da (Fargo) möchte ich „befreundet“ sein mit Keith Carradine und seiner Tochter (rein platonisch) – und in „True Detective“ komme ich schon richtig ins Grübeln – da kann ich mir eigentlich nur eine „amour fou“ mit der Frau des „red neck-Bullen“ vorstellen, sind ja alles Einsiedler, die Protagonisten…

  9. Jan Reetze:

    OK, inhaltlich sind MM und SFU nicht ohne weiteres vergleichbar, in der Konzeption und der Figurenzeichnung kann man aber durchaus Vergleiche anstellen. Und dabei schneidet SFU besser ab. Die SFU-Figur, die ich meine, ist natürlich Claire – ich habe nun mal ein großes Herz für solche angeknacksten Typen, die mit sich und der Welt nicht richtig klarkommen. Aber nicht nur sie, sondern alle Charaktere in SFU machen eine deutliche, sehr individuelle und vor allem mir gut nachvollziehbare Entwicklung durch. Claire ist dadurch am Ende befähigt, eine Entscheidung zu treffen, die sie in der dritten Staffel noch nicht hätte treffen können. Und genau so etwas fehlt mir in MM. Alle Figuren dort sind nicht durch ihren Charakter, sondern durch ihre Funktion definiert; sie haben bestimmte, fest umrissene Eigenschaften, die sich durch kein Ereignis und keine Erfahrung ändern, und ich bin inzwischen sicher, dass die sich auch nicht mehr ändern werden. (Am ehesten vielleicht noch Peggy, aber selbst die bleibt bis jetzt stil- und selbstunsicher und definiert sich stets nur über die Meinung anderer.) Dewegen werden die Figuren in MM latent nur hin- und hergeschoben, aber sie kommen aus ihrem Gartenzaun nicht raus.
    Wenn Du dagegen die letzten beiden Staffeln von SFU siehst (es sind übrigens nur fünf, nicht sechs), wirst Du sehen, dass immer weiter Claire ins Zentrum der Geschichte rückt. In der letzten Staffel ist sie die klare Hauptperson und erkennt mehr und mehr, dass es für sie nur einen gangbaren Weg gibt. Sie geht ihn am Ende, und damit wird die Serie definitiv und nicht rückholbar beendet.
    Wenn Du dann die Geschichte, die Entwicklung der Plots und der Charaktere in der Rückschau betrachtest (und ich bin Drehbuchschreiber genug, um diesen Blick zu haben, das ist wohl eine Berufskrankheit), wirst Du erkennen, dass diese Auflösung von Anfang an dramaturgisch durchdacht und so vorgesehen war. Deswegen halte ich SFU aufs Ganze gesehen für das besser gemachte Produkt. Was nichts daran ändert, dass ich MM für sehr empfehlenswert halte und mir das bis zum Ende ansehen werde.

  10. Michael Engelbrecht:

    Das kann ich gut nachvollziehen. Die Figuren in MM haben einen engen Spielraum für Entwicklungen, es ist dann aber besonders fesselnd zu sehen, wie so dominierende Figuren immer wieder mal die Fassung verlieren, ihnen der Boden unter den Füssen weggezogen wird.

    Don Draper passiert das einige Male, ich glaube auch, gegen Ende der zweiten oder dritten Staffel, als er ein typisch amerikanisches Urlaubsparadies erreicht und dort, ich glaube, mit Sex und Drugs und ohne Rock’n’Roll, jeden Halt verliert. Auch seine Bgegegnungen im Hippie-Greenwich Villlage hatten was!

    Manche dieser recht starren Figuren in MM werden lebendig, wenn sie sich an privaten Abgründen bewegen, on the verge of falling apart…

    Und, sorry, meine Lieblingsfigur war Brenda:) – aber wohl eher aus „Urtyp“-Gründen:)

    Fargo und True Detective hast du – theoretisch – noch vor dir?


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