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2014 10 Jul

Gregor öffnet seinen Plattenschrank (75)

von: Gregor Mundt Filed under: Blog | TB | 5 Comments

Der Distelfink von Donna Tartt

 

Der dreizehnjährige Theo Decker lebt mit seiner Mutter in New York. In der Schule gibt es Probleme, Mutter und Sohn werden gebeten, die Schulleitung aufzusuchen. Die beiden sind zu früh dran und so schlendern sie noch etwas durch das Metropolitan Museum. Vor einem Bild von Carel Fabritius, einem Schüler Rembrandts, mit dem Titel „Der Distelfink“, verweilen die beiden. Die Mutter erzählt dem Sohn von ihrer Begeisterung, ja Liebe zu diesem Bild, das sie bereits als Kind in einem Buch entdeckt habe, davon, dass der Maler bei einer Pulverexplosion in einer Schießpulverfabrik in Delft getötet, sein Atelier zerstört, seine Bilder vernichtet wurden. Theo beobachtet während des Vortrags der Mutter ein Mädchen, das mit ihrem Großvater ebenfalls dieses Bild anschaut.

Kurze Zeit später verlässt die Mutter den Ausstellungsraum, um im Museumsshop noch schnell ein paar Karten zu kaufen. Plötzlich wird das Museum von einer gewaltigen Explosion erschüttert. Theo bleibt unverletzt, entdeckt aber zwischen den Trümmern den sterbenden Großvater, zwischen beiden kommt es zu einem kurzen, aber intensivem Gespräch. Theo erhält den Auftrag, das Bild „Der Distelfink“ einzustecken und mitsamt eines schweren Goldringes, den der Alte dem Dreizehnjährigem noch geben kann, einem gewissen Hobbie vom Antiquariat Hobart and Blackwell zu bringen. Nach diesen Worten erlischt sein Leben. Wo war das Mädchen geblieben, wo seine Mutter? Soviel sei verraten: die Mutter kommt bei diesem Terroranschlag ums Leben.
 
 
 

 
 
 
Auf den folgenden mehr als 1000 Seiten wird nun die Geschichte Theos als gewaltige Rückblende packend erzählt. Mich hat das Buch sehr fasziniert, es geht um Freundschaft, Liebe und Verrat, Verzweiflung und Tod und um die Suche nach wahrhaftigem Leben. Und dabei ist das Buch auch noch spannend, ich möchte vielleicht eher sagen: wirklich fesselnd. Ein kurzes Zitat aus dem Buch, das sich am Schluss des Werkes findet:
 

„Was immer uns lehrt, mit uns selbst zu sprechen, ist wichtig: was immer uns lehrt, uns singend aus der Verzweiflung zu lösen. Aber das Bild hat mich auch gelehrt, dass wir über die Zeit hinweg miteinander sprechen können. Und ich habe das Gefühl, ich habe dir etwas sehr Ernstes und Dringliches zu sagen …: dass das Leben – was immer es sonst sein mag – kurz ist. Dass das Schicksal grausam ist, aber vielleicht nicht beliebig. Dass die Natur (also der Tod) immer gewinnt, was aber nicht bedeutet, dass wir buckeln und um Gnade winseln müssen. Dass es, wenn wir nicht immer so froh sind, hier zu sein, unsere Aufgabe ist, trotzdem einzutauchen: geradewegs hindurchzuwaten, mitten durch die Jauchegrube, und dabei Augen und Herz offen zu halten. Und inmitten unseres Sterbens, da wir uns aus dem Sumpf erheben und schmählich in den Sumpf zurücksinken, ist es herrlich und ein Privileg, das zu lieben, was der Tod nicht anrührt. Denn wenn Unheil und Katastrophe diesem Gemälde durch die Zeit gefolgt sind – so hat es auch die Liebe getan … “ (S.1022)

 

Natürlich spielt auch die Musik eine wichtige Rolle, mal werden konkrete Komponisten genannt, auch einmal ganz bestimmte Titel, dann sind es einfach nur Fetzen einer Liedzeile und der interessierte Leser muss zusehen, ob er herausbekommt, um welches Musikstück es geht. Folgende Komponisten und Musiker werden im Buch genannt: Schostakowitsch, Eric Satie, Thelonious Monk, Magnetic Fields, Mazzy Star, Nico, Nirvana, Oscar Peterson, Avo Pärt, Gustav Mahler, Bill Withers, Glenn Gould, Bee Gees, ja, und fröhliche Siebziger-Jahre-Musik. Folgende Einzeltitel, bzw. Liedzeilen finden sich im Buch, die dahinter sich versteckenden Titel habe ich versucht zu ermitteln, ob die dazu gehörenden Musiker immer die richtigen sind, kann ich natürlich nicht versprechen:
 
 
Velvet Underground: After Hours
Beatles: Dear Prudence
Radiohead: Karma Police
Billy Joel: Piano Man
Billy Joel: Only The Good Die Young
Elliott Smith: Pretty (Ugly Before)
Panda Bear: Comfy in Nautica
Captain & Tennille: Love Will Keep Us Together
John Coltrane: Greensleeves
Vince Guaraldi: Tannenbaum
 
 
Was für eine Liste! Es macht übrigens wirklich Spaß und Freude, sich eine CD zum Buch zusammenzustellen. Also, auf gehts, durchforsten wir den Plattenschrank.

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5 Comments

  1. Michael Engelbrecht:

    Dann hau mal rein, THE DISTELFINK COLLECTION, mit schönem Cover, und dann ab in die Post :):):)

  2. Michael Engelbrecht:

    Und was ist das für fröhliche 70er-Jahre-Musik. Saturday Night Fever?

  3. Gregor:

    Ne, also das geht ja gar nicht, stelle mir da was ganz anderes vor. Diesen Titel würde ich nicht noch mal schreiben … ich werde meine Einfälle dazu ein anderes Mal kundtun, okay?

  4. Michael Engelbrecht:

    Also, Saturday Night Fever ist ein grossartiges Teil, wird gerne genauso kritisch beäugt wie ABBA, keine Strömungen der Gegenkultur, aber exzellente Evergreens … und gute Endorphine freisetzende Stoffe …

  5. Michael Engelbrecht:

    Fand ich damals auch doof wie Travolta …


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