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2013 4 Dez

Henry Miller reloaded

von: Martina Weber Filed under: Blog | TB | 1 Comment

Ein Interview ist kein Abfragespielchen, sondern im gelungen Fall ein locker geführtes Gespräch, und ich finde Interviews vor allem dann interessant, wenn Themen angesprochen werden, mit denen ich ursprünglich überhaupt nicht gerechnet hätte und die mich berühren. Das Leben findet an der Peripherie statt. Vielleicht dreihundert Meter von hier steht einer dieser öffentlichen Bücherschränke, die zu einer Art Bücheraustauschprojekt geworden sind. Ich habe im vergangenen Jahr einen kompletten für mich unbrauchbaren Nachlass an Büchern dort eingestellt und vor einer Weile habe ich ein Buch von Henry Miller herausgeholt: „Meine Jugend hat spät begonnen.“ Vergilbtes Papier, vorn ein Name drin und die Angabe „November 1973“. Voilà:
 
 
 

 
 
 
Es handelt sich um ein 124 Seiten starkes Gespräch, das Henry Miller mit seinem Freund und Übersetzer Georges Belmont im September 1969 führte und das für die französische Rundfunk- und Fernsehgesellschaft aufgenommen wurde.

Henry Miller zeigt sich hier von einer Seite, die mich völlig verblüffte. Angesprochen auf sein Lebensalter, ob es nun 78 oder 77 Jahre wären, sagte Henry Miller, er sei erst 77 Jahre alt, und dann: „Ich glaube, erst nach fünfundvierzig habe ich mich wirklich jung gefühlt. Und ich habe das Gefühl, damals ein Stadium erreicht zu haben, das sich nicht mehr verändert hat.“

Und ein paar Absätze später: „Aber wenn man offen bleibt, wenn man keine festgefahrenen Vorstellungen, keine Pläne, keinen Ehrgeiz hat, wenn man es versteht, immer verwundbar zu bleiben …
Je verletzter man ist, desto offener wird man; darauf kommt es an.“

Natürlich geht es auch um die Bedeutung von Okkultismus und Erotik, und dass beides, so Miller, in uns etwas berühre, wonach wir hungerten. Henry Miller spricht von dem besten Rat, dem ihm je ein Arzt gegeben hat (nämlich keine Angst vor etwas zu haben als das beste Mittel, um von etwas geheilt zu werden), von seiner Mutter, die gekränkt war, als er beschloss, Schriftsteller zu werden, von seinem Kampf gegen die Intellektuellen, die nie irgend eine Sicherheit besäßen, denn die Intelligenz allein führe zu gar nichts.

Das erste, was Henry Miller bei einem männlichen Unbekannten ansieht, sind die Augen. „Ich glaube, alle Weisen, alle Heiligen des Orients, deren Portrait ich gesehen habe, hatten ausnahmslos vollkommene Augen. (…) Es ist die Art von Blick, die die ganze Welt, das gesamte Universum in völliger Gleichheit umfaßt. Der Blick von Menschen, die nicht suchen. (…) Sie sind „angelangt“, verstehen Sie?“

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1 Comment

  1. Uwe:

    Ich habe auch schon reichlich aus dem Buecherschrank hier nach Hause in meine Hobbithoehle getragen. Was es da – wie in einem Steinbruch wenn man sich durch verborgen liegende Gesteinsschichten arbeitet – zu entdecken gibt: Hubert Fichte, Marilyn French, Nicolas Born …

    Zugegeben (m)ein Pauschalurteil, aber ich werde den Eindruck nicht los dass damals die veröffentlichte Literatur spannender / anspruchsvoller war


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