Manafonistas

on life, music etc beyond mainstream


 
 
 
So weit war meine frei erfundene Besprechung der neuen Flaming Lips-Cd THE TERROR von der Unwirklichkeit der Musik gar nicht entfernt, die Sie hier vor einer guten Woche lesen konnten. Es ist eine Sache, von Platten zu träumen (und sich ihre Musik auszumalen), die niemals in der Realität ankommen: Miles Davis hätte zu gerne mit Jimi Hendrix gespielt, aber der Tod war schneller. Miles träumte weiter davon, mit dem Davongegangenen zu spielen, und es enstanden mit AGHARTA und PANGAEA grosse Nachtmusiken.

Dann wieder gibt es Begegnungen, die oft über Jahre in der Luft liegen (als konkrete Träumerei), endlich wahr werden, gar alle Projektionen übertreffen: in den frühen Jahren von ECM phantasierte gewiss mancher Jazzfreund eine gemeinsame Platte von Keith Jarrett und Jan Gabarek, und plötzlich hielt man den „instant classic“ mit den vier Luftballons in der Hand. BELONGING. Viel länger wartete man insgeheim auf einen gemeinsamen Streich von Laurie Anderson und Brian Eno, und die dunkle Freude war gross, als mit BRIGHT RED Eno den Expressionisten hervorkehrte. Jeder wird aus eigener Erfahrung diese Liste lang erhoffter Begegnungen fortsetzen können.

Automatisch beginnt das Träumen, wenn eine Lieblingsband bzw. Lieblingsmusiker ihr kommendes Opus ankündigen. Da hängen sich leicht Erwartungen dran, die von purer Nostalgie bis zu bangen Erwartungen radikaler Midlife- umd Alterswerke reichen. Als Wayne Coyne von den Flaming Lips vor Monaten verlauten liess, mit dem nächsten Werk wäre man, sinngemäss, in die Finsternis eingetreten und über die Klippe gesprungen, versetzte mich das dermassen in Hochspannung, dass ich die Titelliste und ein paar ominöse Äusserungen der Musiker zum Anlass nahm, eine nie gehörte Musik mit dem inneren Ohr zu beschreiben.

Nun kam heute die reale CD in meinem Briefkasten an. Und soviel sei verraten: die Musik wird polarisieren, und neben einigen richtig guten Besprechungen (eine davon könnte von mir stammen) wird es auch den einen und anderen sarkastischen Verriss hageln. Das häufigste Wort englischsprachiger Kommentare wird „spaced out“ sein, andere werden die Musik „drugged“ nennen, oder auch „lost in space“. Zum Glück zerfliessen die Konturen der Songs an den Rändern niemals wie blasse Wasserfarben und zartbesaitete Ikebana. Es gibt auf THE TERROR auch wieder Belege für das kreative Erbe des Krautrock, manch obsessiver Trommelruf würde den alten Männnern von Faust gut gefallen – und der sehnsüchtige Gesang von Wayne Coyne schwebt durch verwilderte Klangwolken, denen alle heitere Psychedelik abhanden gekommen ist.

This entry was posted on Freitag, 15. März 2013 and is filed under "Blog". You can follow any responses to this entry with RSS 2.0. Both comments and pings are currently closed.

2 Comments

  1. Michael Engelbrecht:

    The Flaming Lips‘ Wayne Coyne – „We´re The Living Embodiment Of The Belief That You Can Do Whatever You Want“

    by Kevin EG Perry

  2. Michael Engelbrecht:

    There are many things to be grateful about with the arrival of The Terror. For one thing, there’s no unnecessary guest appearances, no half-baked accompanying sci-fi movie, and it’s not being released on some USB stick contained in the genitals of a giant jelly baby for once. It’s the Flaming Lips at their most preoccupied with nothing other than music, and it sounds wholly f*cking weird, but great. The fact that a band thirteen albums in to their career can still make music that scares their audience is one thing. But the most amazing thing about The Terror is that it sounds like they still have the capacity to scare themselves. (thomas hannan)


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