Manafonistas

on life, music etc beyond mainstream

„Dirty old river, must you keep rolling / Flowing into the night“. Ich spaziere gerne durch die Nacht von Kristiansand. Die Arbeit ist getan, die Musik von Cyclobe war die Überraschung des zweiten Festivaltages. Ossian Brown, einer der Bandleader, hat jüngst ein Fotobuch zum Thema „Halloween in England“ veröffentlicht, mit vielen uralten Bildern – Kinder in alter Zeit, die dem Grauen ein Schnippchen schlagen. Ich gehe (eine richtige „Mörderwanderung“!) über gepflegte, hölzerne Hafenbrücken, an riesigen Fischlagerhallen vorbei, lasse den winzigen Küstenpark links liegen, jetzt komme ich zum Stadtrand, die Strasse steigt an, aus einem Studentenwohnheim kommt Musik der Rolling Stones, eine alte Platte, ich glaube, es ist „Let It Bleed“, ich muss schmunzeln, wenn ich daran denke, wie Fiona Talkington Ebe Oke vorgestellt hat: „Brian sagte, es sei ihm so vorgekommen, als habe Ebe eine Vorstellung von Popmusik gehabt, selbige aber noch nie gehört, und daher beschlossen, sie fur sich zu erfinden“. Ich bin unschlüssig, was diese Songs mit hohem Feng-Shui-Gehalt und ihre frappierende Naivität angeht. Oder ist das hier wirklich tiefe Aufrichtigkeit, die sich jeder Form von Selbstschutz beraubt? Mum aus Island boten eine ähnlich fein gesponnene Pop-Kammer-Musik, ohne dabei allerdings dem Abstrusen so nahe zu kommen wie der sensible Ebe Oke. Mum haben eine sehr widerstandsfähige Form des fragilen Liedes entwickelt. Leider schon allzu vertraut. Eine gute Stunde ist vorbei, ich komme noch an dem Laden mit den verzerrten Technoklängen (ein ewiges Umpf-Umpf der bekloppten Art) und der grossen Kebab-Pizza vorbei (open till 4.30 in the morning!), dann sinke ich ins Bett, nur die Gedanken rotieren noch, ich remixe meinen Tag live, steige aus allen „loops“ aus, na ja, ein paar kreisen noch ums Gehirn herum, ich stehe noch einmal auf, nehme einen Soft Drink aus der Mini-Bar, und lege in meiner virtuellen Jukebox einen Song auf, der mir aus Gründen, die ich nur zu gut kenne, ganz nahe kommt, „Waterloo Sunset“, von den Kinks. Die „Doom-Folk-“ und „Drone-Spezialisten“ von Cyclobe kommen mir wieder in den Sinn, die mit ihren Synthesizern, hurdy-gurdy-klängen und sonstigem historischem Klanggerät, wie die Kinks, aus einem alten England stammen, wild entschlossen, dessen letzte Spuren zu sichten, in einer dunklen, songfreien Zone, herrlich archaisch, und „very strange in a positive way“. Die Art von Musik, bei der Musikjournalisten immer gerne den „heidnischen Gral“ der britischen Folk-Historie (Abteilung: Kino) ins Spiel bringen, den Horrorfilm-Klassiker „The Wicker Man“. Tatsächlich haben Cyclobe ein Faible für Soundtracks, und jüngst alte Filme von Derek Jarman neu vertont.

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