„I don’t know that I’d want to live in a time when a film that prominently features a mutated, reptilian baby and whose climax involves a woman with bloated cheeks singing a simple-yet-nonsensical song about Heaven would be considered the norm, and that it is still one of the strangest films ever made.“ (earbuddy)
Es gab 1977/78 Punks in Düsseldorf, die eine Mutprobe erfanden: es galt, unter Einbeziehung eines speziellen Drogenmixes, der keinerlei „Downer“ enthielt, Lynchs „Eraserhead“ auszuhalten, ohne mit einer Panikattacke fluchtartig das Kino zu verlassen. Die Punks kapitulierten reihenweise. Jetzt ist der Soundtrack von David Lynch und Alan Splet in einer sorgfältig editierten Fassung neu aufgelegt worden. Es gibt gewiss Menschen, die angesichts dieser Horror-Industrial-Variante Angelo Badalamentis Musik zu der Serie „Twin Peaks“ vorziehen: das Unheimliche nimmt hier die Gestalt einer unwiderstehlichen, mollgetränkten Melodie an.
Frühstück im Hotel Norge, mit am Tisch die Sängerin Greta Aagre. Wir sprechen über das Cover ihrer jüngst bei „Jazzland“ erschienenen CD „Year of the Bullet“ (eine Duo-Arbeit mit Punkt-Legende Erik Honore). Das Design stammt von Chris Bigg, der vor allem für David Sylvians Label „Samadhisound“ arbeitet. So ähnlich sahen früher Cover bei 4AD Records aus, bei Gruppen wie „This Mortal Coil“. Das Foto ist seltsam surreal. Was erkennt man? Unscharfe Umrisse, jeder wird andere Vermutungen anstellen.“ Dieses Unwirkliche ist beabsichtigt“, erzählt mir Greta Aagre, „du kannst deinen Augen nicht trauen. Wie in einem David Lynch-Film.“ Sie gibt mir den Tip, das Bild umzudrehen, dann sieht man es auf Anhieb: eine Blume mit Dekoration. Nicht häufig in der Geschichte der Plattencover haben wir es mit einem auf den Kopf gestellten Foto zu tun bekommen haben.
Ein wenig später: Interview mit dem Gitarristen Eivind Aarset. Thema: sein Anfang November bei ECM erscheinendes Album „Dream Logic“ (mit Live-Sampler umd Punkt-Matador Jan Bang). Woher der Titel? Nun, der stamme aus Ausführungen von David Lynch zum Filmemachen, es ging da um intuitive Prozesse, die der Traumlogik folgen, und keiner linearen Logik. Hört man sich diese karge, abstrakte, sinnliche Musik mit ihrem versteckten und dann doch immer wieder auftauchenden Gespür für melodische Strukturen an (einmal taucht gar der Geist von Peter Green auf), weiss man: dieser Titel ist gut gewählt. Und ich habe auf einmal eine Ahnung (eine Vision? Eine falsche Fährte? Oder weiss ich mehr?): nächstes Jahr wird der leibhaftige David Lynch beim 9. Punktfestival als Kurator oder Ko-Kurator in Erscheinung treten. Stellen Sie sich das mal vor, die nötige Portion des Unheimlichen wäre gesichert.