Ich reiste einen Tag früher nach Kristiansand als geplant. Und hatte Glück, das letzte freie Zimmer im Hotel Norge zu bekommen: die Peer-Gynt-Suite. Tatsächlich schien das Mobiliar aus der Zeit zu stammen, als Edward Grieg die im Namen der Suite anklingende Musik komponiert hatte: die Schrankwände aus blutunterlaufenem Ahornholz hatten den Charme von senkrecht stehenden Sargdeckeln, und das von mir allein bewohnte Doppelbett besass enorm aufgeblähte Daunenkopfkissen, die den Chiropraktikern des Ortes gewiss zu einem blühenden Geschäft verhelfen.
Ins Bett ging ich mit den Strawbs: bei Spotify suchte ich diese sympathische Folkrock-Platte der Briten aus den frühen 70ern, „From the Witchwood“, die auch das damalige, sog. Orgelwunderkind Rick Wakeman nicht ruinieren konnte. Da ich die Platte seit Jahrzehnten nicht mehr gehört hatte, fluteten die Kindheitserinnerungen, dass es eine Freude war. Heute früh nahm ich ein ausgiebiges Wannenbad und hörte dabei die neue CD von Bob Dylan. Gutes Spätwerk. Aber keineswegs das alles überragende Album, zu dem es derzeit gerne stilisiert wird. Lieblingsstück: „Scarlet Town“.
Ein anderer Meister eines anderen Fachs hat heute seinen Auftritt: Brian Eno wird einen Live-Remix anfertigen aus dem Material der „vocal performance“ von Reggie Watts (der Mann mit der wildesten Haarpracht seit der Erfindung der durchgedrehten Dauerwelle). Zuvor wird Eno als Kurator des 8. Punktfestivals eine Pressekonferenz geben. Ich schreibe diese Zeilen im Frühstückssaal des Hotels und stöbere im Programmheft. DIE Entdeckung ist eine Anzeige: bei ECM wird Anfang November eine CD erscheinen, auf die ich riesig gespannt bin: „Dream Logic“, von Eivind Aarset (im Duo mit Jan Bang). Ein altes Punkt-Gespann, das schon heute abend die Bühne betreten wird (an der Seite von Erik Honore und Arve Henriksen). Eivind Aarset wird mein erster Interviewpartner sein. Das Feld ist gerichtet.