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2012 1 Jul

Gregor öffnet seinen Plattenschrank (21)

von: Gregor Mundt Filed under: Blog | TB | Comments off

 

2007 erhielt Schorsch Kamerun für sein Hörspiel Ein Menschenbild, das in seiner Summe Null ergibt den renommiertesten Hörspielpreis, den Deutschland zu vergeben hat, den Hörspielpreis der Kriegsblinden. Warum? „Kamerun zeichnet das bestürzende Porträt einer Generation, die zwischen Mediengeschwätz, Lifestylemode und Kaufwelt, zwischen verordneter Wahlfreiheit und allgemeiner Beliebigkeit keine Chance auf ein originales Leben, auf authentische Wünsche hat …“ (aus der Begründung der Jury). In diesem Hörspiel geht es unter anderem um Lonesome George, eine Riesenschildkröte, die letzte ihrer Art, die vor einer Woche gestorben ist. Über dieses Hörspiel habe ich überhaupt erst von Lonesome George erfahren. George hatte kein leichtes Leben. Als man 1972 das Tier entdeckte, war es mit seiner Ruhe vorbei. Zwangsgespielinnen wurden dem sexuell nicht sehr interessierten Tier zugeführt, Biologen ließen nichts unversucht, das Tier zur Fortpflanzung zu bewegen. Alles vergeblich! Nun das Ende! Im Hörspiel kommt ein junger Mann nach Südamerika und begegnet Lonesome George: „Ich stand vor diesem Tier und das war ein ganz berührender Augenblick … ich hab´ diesem Tier in die Augen geschaut und gedacht, der will natürlich der letzte seiner Art sein, der will sich gar nicht fortpflanzen und … Lonesome George hat etwas begriffen, dieses Tier will nämlich nicht schwimmen gehen, dieses Tier will nicht – wie nennt man das – die Freizeitangebote wahrnehmen, dieses Tier will nicht in irgendeiner gewählten Parkanlage spazieren gehen, dieses Tier hat etwas verstanden, dieses Tier will nämlich nicht mitmachen! Jetzt könnte man sagen, dass ein Tier nicht denkt, wenn man aber vor diesem Tier steht und weiß, dieses Tier isst im Schnitt fünf Kilo Salat am Tag und bewegt sich etwa fünf Meter fort und das seit über 100 Jahren – man kann sich einfach nicht vorstellen, dass ein Tier über 100 Jahre jeden Tag fünf Kilo Salat isst und sich fünf Meter fortbewegt und nichts denkt. Vielleicht ist es ja auch so, dass Lonesome George seit über 100 Jahren nicht nichts denkt, sondern einen Gedankengang anfängt zu denken und – aber nicht zum Ende kommt. Also wie so eine Welle, die sich aufbaut, aber niemals bricht. Ich hab´ mich gefragt … vielleicht könnte ja Lonesome George für uns ja sogar so etwas wie ein Vorbild sein … weil besonders in der Politik sich die Leute immer hinstellen und sagen „So! Wir wissen wie es geht, wir haben den Gedanken zu Ende gedacht, wir werden jetzt das und das tun“ – … aber vielleicht wäre es ja viel schöner zuzugeben, dass man einen Gedanken gar nicht zu Ende denken kann und vielleicht auch nicht soll.“

 
Und hier kommen – wie ich finde – die 23 besten CDs des zweiten Vierteljahres 2012. Die Reihenfolge ist rein zufällig, außer der ersten Nennung, diese CD ist in der Tat mein Platz eins, sogar in der Jahreswertung, so far, wer weiß, was noch kommt …
 
 
 

 
 
 
Astrid: High Blues
Arianna Savall und Petter Udland Johansen: Hirundo Maris
Lois Sclavis Atlas Trio: Sources
Patti Smith: Banga
John Surman: Saltash Bells
Thomas Köner: Novaya Zemlya
Damon Albarn: Dr Dee
Hilary Hahn, Hauschka: Silfra
Bonie Raitt: Slipstream
Mirroring: Foeign Body
Nick Howard: When the Lights Go Up
Alabama Shakes: Boys & Girls
Regina Spektor: We saw from the Cheap Seats
Spiritualized: Sweet Heart Sweet Light
Heiner Goebbels: Stifters Dinge
Fiona Apple: The Idler Wheel Is Wiser Than The Driver Of The Screw
Glen Hansard: Rhythm and Repose
Patrick Watson: Adventures in Your Own Back Yard
M.Ward: A Wasteland Companion
Neneh Cherry & the Thing: The Cherry Thing
Paul Buchanan: Mid Air
Masabumi Kikuchi Trio: Sunrise
Ryan Teague: Field Drawings
 

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