„Nie war mein Schreibtisch je eine Kommandobrücke, eine Schaltzentrale, ein Befehlsstand, ein Regiepult. Keine Herrscherallüren beim Schreiben, kein Befehl und kein Gehorsam, aber die unordentliche Oberfläche einer verborgenen Ordnung der Dinge. Man müßte eine Ästhetik der Abwesenheit schreiben, um einer solch unsichtbaren Ordnung gerecht zu werden.“ (Dietmar Kamper: Mein Schreibtisch, das Schneefeld)
Seine Emails ordnen? Lohnt nicht. Besser man arrangiert sich mit dem Chaos und vertraut auf eine unsichtbare Ordnung. Auch die Festplatte muss nicht aufgeräumt sein, denn es gibt die Suchfunktion. War es Erich Kästner oder Heinrich Heine, der einmal sagte, was er nicht binnen 5 Minuten fände, das hätte er auch nicht mehr? Mit zunehmendem Alter ist das Gehirn sowieso nicht mehr bereit, den Dingen, die man als seinen Besitz erachtet, die gebührende Aufmerksamkeit zu schenken. Kulte verlieren ihren Status – hauptsache man hat das Nötigste beihand. Wohl dem, der seinen Fetisch pflegt, auf dass er ihn halten möge (vice versa). Das Allerletzte, was man losließe, wären wohl die Leidenschaften. Im Keller kann ruhig alles liegen bleiben – und sei es eine Leiche. Wer sportlich fit ist, nach einer Rennradtour oder einem Langlauf etwa mit Serotonin verwöhnt wird, der macht daraufhin binnen 30 Minuten seinen Hausputz und die Steuererklärung gleich mit, denn er weiß: nicht alles ist Wille und Vorstellung – viel ist auch dem Hormonhaushalt geschuldet.