Manafonistas

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Es gibt Musik, die ist eigentlich nicht meine Musik, und trotzdem kann ich sie mal hören. Dann geistert sie zwei, drei Tage in mir, vielleicht auch länger (bisher sind es zwei, drei Tage). Weil es eigentlich um etwas anderes geht. Wenn zum Beispiel, und ich mache hier einen großen zeitlichen Sprung, bei einem Diaabend in einem ausgebauten Dachstuhl im Hintergrund Billy Joel lief und plötzlich ein neuer Lebensabschnitt spürbar wurde, weil der absolute super Boy endlich zu kapieren schien, was er verpassen würde, wenn er nicht mit mir zusammen wäre, dann gewinnt jeder Song eine andere Ebene. Natalia, die ich in Studienzeiten kennenlernte und die sich gern in irreale Beziehungskonzepte hineinsteigerte, nannte den jeweiligen Mann, den sie auf eine komplizierte Art begehrte, ihren Angebeteten. Wir lachten immer über diesen Begriff. Oh, und „On the Beach“, das ist so typisch für die Stimmung des Jahres 1986, Mainstreampop. Alles irgendwie easy, immer locker bleiben, und es ist gar nichts für Manafonistas. Das Album ist nur deshalb auf meinem iPod gelandet, weil ich es vor ein paar Jahren in diesem völlig abgelegenen Haus in Irland überspielt habe. So ist es, wenn man halb bewohnte Behausungen mietet, mit ihren abgebrochenen Geschichten darin. Weite, hohe Räume und eine Holztreppe. Die Bücherregale, die Schallplattensammlung, der offene Kamin. Die Frau im Regenmantel, die uns die Schlüssel auf einem nebligen Parkplatz direkt vor der Kirche übergab, sagte, es sei in Irland wichtig, dass die Häuser bewohnt seien, sie würden sonst einfach zerfallen. Wir stapften durchs feuchte Gras. Die Fensterfront war riesig und der Himmel schien immer grau. Da war ein Fotoalbum mit richtigen Fotos aus der Glanzzeit eines jungen Paares Mitte der 80er Jahre. Sie schienen ihr Leben als Fotostory dokumentiert zu haben. Und die Fotos waren richtig gut. Eine hinreißende Lady, wie sie Räume renovierte oder einfach nur ausgelassen auf einem Sofa saß. Der Mann war weite Strecken mit einem Auto oder Kleinbus und mit Musikinstrumenten unterwegs. Es gab eine CD mit seinen Musikproben, an die ich mich nur vage erinnere. Die beiden waren in der Mitte ihrer Zwanziger, und sie hatten eine ziemlich gute Zeit. Oben gab es einen kleinen Raum mit einem Schreibtisch am Fenster, Kinderfotos im Regal. Steine, gestaltete Flächen. Alles hatte etwas Geerdetes und zugleich etwas Schwebendes, Leichtes. Bei der Rückgabe der Schlüssel fragte ich, was für ein Typ derjenige sei, dem das Haus gehörte. Er war Fotograf, erfuhr ich. Lebte mal in Berlin, mal hier in Irland. Ich hatte ein Buch mit Fotografien aus dem Regal geholt und durchgeblättert, vage, nicht erkennbare Motive, Schattierungen in schwarz. Ich brauchte nur durch den großen Garten zu gehen, den Hang hinunter, die schmale Straße überqueren, da war noch ein Grünstreifen, eine irgendwie archaisch anmutende Skulptur, und dahinter lag schon das Meer. This is the garden that I know. Ten thousand summers made me here.


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