Manafonistas

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Archives: Sotto Voce


 
 
 

Wie kommt man von Anthony Braxton’s Trillium Orchestra zu Bruce Springsteen’s E-Street Band, von Nancy Sinatra zu Johnny Pacheco, von Calexico zu Debbie Harry und Chuck Prophet … ? So weit haben weder Marc Ribot noch Bill Frisell ihre Flügel ausgeschlagen. Der Querkönner in diesem Falle ist der Geiger SAM BARDFELD. Vielleicht geht einigen ein Licht auf … Ja, die Jazz Passengers (aus Zeiten der Knitting Factory und der Lounge Lizards) Ende der 80er Jahres: Curtis Folkwes, Roy Nathanson, Bill Ware, Brad Jones, E.J. Rodriguez. Hal Willner hatte auch seine Hände drin und dann kamen u.a. Debbie Harry , Jeff Buckley, Mavis Staple und Elvis Costello ins Spiel. Debbie Harry, ja die Frontfrau von Blondie, wurde später Mitglied der Gruppe.

 

Nirgendwo waren die Übergänge zwischen verschiedenen musikalischen Welten wohl so flieBend, bildeten sie eine offene Einheit. Es war auch noch nicht die Rede von Musik als Mix-von. Es war ein Zusammenwirken von Charakteren, und die Ergebnisse hatten stets Charakter. Später ging’s dann weiter mit Roy Nathanson’s Sotto Voce, including Napoleon Maddox, Tim Kiah und Fowlkes. Werner Aldingers Münchener Label Yellowbird kümmerte sich um sie, Ich hab Bardfeld in allen Phasen immer wieder auch live erleben dürfen, u.a. in Steven Bernsteins Millennium Territory Orchestra oder in Joel Harrisons String Choir, das die Musik von Paul Motian spielte. Im letzten November spielte Bardfeld in Tomeka Reids Hemphill Stringtet bei unserem Jazzfest in Berlin.

 

Jetzt kommt Bardfeld mit einem neuen Album in erlesener Gesellschaft von Pianist Jacob Sacks und Schlagzeuger Michael Sarin. REFUGE erscheint am 24. März auf dem Label Brooklyn Jazz Underground Records. Das Titelstück ist von Andrew Hill (Eröffnungsstück auf Hills wegweisendem Album POINT OF DEPARTURE (1964)) und “Atlantic City” von Bruce Springsteen bekommt auch eine treffende Behandlung. Bardfeld ist durch das Touren mit Springsteen bestens vertraut mit dessen Stücken. Was auf solch einem Hintergrund oder besser Humus gewachsen ist,hat zweifellos was zu sagen.

 

Nix fliesst hier dösend oder ver-beated zusammen. Vielmehr ist es durchzogen von untergründigen Adern tief absorbierter origineller EinflussgröBen. “Kick Me” z.B. fühlt sich durch und durch groBartig Monkish an. Andeutungen genügen oft. Die Gruppe bedient sich vielfältiger toller Gangarten: hinkend reggae-artig, schleppend und verschleppend, ska-verschnippelt, flirrend, vorwärtsgerichtet und ausbremsend. Nix zum Einnicken oder simplen FuBwippen (auch wenn’s untergründig swingt und rotiert), aber immer ihn tiefsten Nerv der Musik. Manchmal scheint es als ob sich zwei Parteien auf unterschiedlichen Pfaden bewegen. Die Art, wie Einheit entsteht, hergestellt wird, ist das Tolle hier. Sie entsteht aus Asymmetrien und so frei, verwegen, schnell und treffsicher, dass man baff ist ob des verstärkenden und einbeziehenden Effekts. ‘Edgy’ und ‘odd’ erfüllen sich wechselseitig und helfen monströsen Wirklichkeiten kreativ zu widerstehen. Humor und schelmisches Understatement schauen dabei natürlich im Spiel immer um die Ecke. Das Spielen ist für diese Musiker immer ein Spiel auf reichem Grund, klarem Drang, treffsicherer Entschlossenheit und vital sichernder Zu-Flucht.


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