Manafonistas

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Archives: Plouescat

Zwischen Roscoff und Plouescat ist es unwirsch in diesen Tagen. Stundenlange Regenfälle wechseln sich ab mit kurzen Aufrissen der Wolkendecke, wie eine Erinnerung an einen fernen Sommer, als Ulrike und ich an der Juliküste riesige Gambas (sie hatten einen etwas anderen Namen) verzehrten, südlich von Brest wild zelteten, und einem Konzert von Alain Stivell entgegenfieberten. Jetzt bin ich allein in ganz guter Gesellschaft, meine spröden Selbstgespräche haben den Charme eines Pfadfinderkurses. Ich habe an diesem windzerzausten Tag lediglich ein paar Scheiben Brot und Sardinen aus der Dose gefuttert, das kleine Haus eines Freundes liegt zwanzig Kilometer landeinwärts, ohne Navigator fände ich nie dorthin. Meine kleine Installation ist für die Dämmerung geplant, eine erstklassige Einsamkeitsübung, zur Vorbereitung erprobe ich an diesem solitären, grauen Küstenstrich den einen und anderen Tanzschritt. Ich ziehe den geliehenen Neoprenanzug an, platziere das Ipad wasserdicht im Rucksack, stelle per Blutooth die Verbindung zur wasserdichten Boom-Box her, und platziere selbige auf einem kleinen, aus dem Wasser ragenden Fels. Volle Dröhnung, aber verzerrungsfrei, und bald bin ich bin bis zu den Hüften im Wasser, sehe genau, wann ich hochspringen muss, um von der Gischt nicht umgerissen zu werden. Trotz der Synthetik ist mir noch eine Weile schweinekalt, durchgefroren vom Marsch durchs Niemandsland. Die Pause zwischen einzelnen Wellenkämmen beträgt bis zu zwanzig Sekunden. Es ist eine unfassbare Freude, in meinem nur leicht dekadenten High Tech-Outfit für lebenshungrige Eremiten, abseits von Konzerthallen und Wohnzimmern, Nils Petter Molvaers neues Album „Buoyancy“ zu hören, in den flacheren Zonen dieser gottverlassenen Bucht. Geir Sundstols Gitarren ziehen alle Register von transatlantischer Psychedelik bis hin zu zu nordländischer Frostmusik, Erland Dahlens Schlagwerk hat im Norden der Bretagne seinen Traumort gefunden, und Nils Petter hat endlich wieder ein Album gemacht, das mich fast so fesselt wie einst „Khmer“. Er ist dem eigenen Museum gerade noch mal entkommen, ich entferne mich nie zu weit von der Schallquelle, mein Ortungssystem bei geschlossenen Augen. Eine Welle reisst mich dann doch um, ich kann sie nicht austanzen, und schlage mit einem Knie voll auf Kies. Nur ein Sekundenschmerz, und eine geradezu wehmütige Trompetenspur von Herrn Molvaer lotst mich sicher ans Ufer. Wärme umfängt mich von allen Seiten, und wer mich nicht besser kennt, würde meinen, dass der nun einsetzende Lachanfall ein bedenkliches Zeichen mentaler Instabilität sein könnte. It’s a wonderful life.


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