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Archives: Cortazar

An einem Tangotanzkurs teilzunehmen, kam für mich nie in Frage. Genausowenig wie eine Oper von Verdi oder U2 oder Sting oder einen Luther-Chor live zu erleben. Oder ein Bewunderer von Osho zu werden. Aber ein paar dezente Spuren haben Gardel und Co. bei mir hinterlassen, und eines Tages konnte ich den Meister des Nuevo Tango treffen, in Köln. Ein kleines Interview. Ein paar Jährchen her. Ich liebte den Soundtrack von Gato Barbieri zum „Last Tango In Paris“ viel mehr als den Film selbst, erinnere mich, wie ich  auf einem alten Plattenspieler die Platte mit Astor Piazzolla und Gerry Mulligan wieder und wieder hörte, aber soweit kam es nicht, dass ich mal nach Buenos Aires fliegen und jene verruchten Quartiere und Rotlichtbezirke aufsuchen wollte, in denen der Tango (mit Carlos Gardel) seine Triumphe feierte.

Piazzolla hatte allerdings gedacht, ich wolle mit ihm von der Rezeption aus telefonieren und mir dabei Notizen machen; schliesslich empfing er mich in einem perfekt geschneiderten Schlafanzug auf seinem Zimmer. Mir fielen plötzlich nur Standardfragen ein; der Mann war nicht gut gelaunt, und das übertrug sich auf mich. Wenn man nur in dem, was man weiss oder halb weiß, stochert, ist das ermüdend. Der Schlafanzug war skurril. 

Dann holte ich meinen Trumpf aus dem Ärmel, erzählte ihm, wie sehr ich den Schriftsteller Julio Cortazar lieben würde, und der hätte ja auch so einiges über ihn, Astor, geschrieben. Und da erzählte er mir dies: – Ja, Julio und ich, wir gingen mit unsern Frauen einmal in eine Kneipe im Quartier Latin. Plötzlich kam ein Mann und sagte, ich sei doch der Tango-Mann. Der Tango sei ganz fürchterliche Musik, und wieso ich so einen kindischen Mist machen würde. Ich stürzte mich auf den Idioten, der mich da so anpöbelte und wollte ihn ins Gesicht schlagen. Julio warf sich dazwischen und sorgte dafür, dass nichts passierte. Wir verliessen das Etablissement, und sassen dann später woanders, und ich lauschte wieder den Geschichten von Julio Cortazar. Ja, er war ein Großer. Wussten Sie, fragte er mich, dass er Boxen liebte. Ja, sagte, ich, boxen – und alten Jazz.

Und ich erzählte ihm, wie ich den Roman RAYUELA – Himmel und Hölle – verschlungen hätte, dabei immer einige der alten Platten, die im Roman vorkamen, aufgelegt hätte (bei Naura in der NDR-Jazzedaktion durfte ich mich mit lauter Schätzen eindecken), und wieviel Mate-Tee ich getrunken hätte in den Wochen der Lektüre, so nah waren mir die verrückten Mate-Tee-schlürfenden Glückssucher des Schlangenclubs, zum großen Teil Exilanten.

Später, als Cortazar Lungenkrebs hatte, ging er mit seiner Liebe, die auch Lungenkrebs hatte (ich glaube sie hiess Carol Dunlop) auf eine Reise über französische Autobahnen. Sie notierten, was sie auf den Rastplätzen und in den runtergekommenen Hotels erlebten, und machten daraus ein tolles Buch.


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