Manafonistas

on life, music etc beyond mainstream

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2025 26 März

Time to Go

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Es gibt Musik, die sich einschmeichelt und solche, die das Gehirn aufweckt. Unvergessen jene „Meditationspraktik“, als Monate lang allabends einer von drei Teilen eines Livekonzerts mit dem Quintett Bloodcount des Saxofonisten Tim Berne durchlief. Jene sagenhaften Konzertmitschnitte in Paris bereiteten mir ein Erweckungserlebnis und einen neuen Zugang zum Jazz: Progressionen, Verschachtelungen, Wandlungen. In jüngerer Zeit hörte ich immer mal wieder das Album Wandermüde und war stets überrascht: „Dieses Klangwerk von David Sylvian mit Stephan Mathieu ist doch längst ein Favorit!“ Es werden Songfragmente aus dem bahnbrechenden Blemish gesampled, verfremdet, vaporisiert. Nebelschwaden aus Klang, Verdichtungen, Lichtungen. Vorwärtsschweben im Weltenraum. Es gelingt der schmale Grad zwischen Spannung und langem Atem, völlig unangestrengt. Wer noch nie in einem Salzwassertank tief entspannte, der findet beim Hören dieses verkannten Meisterwerkes ein äquivalentes Surrogat. Ich bin mir sicher, dieses Album auch in zehn Jahren noch hören zu wollen. Und dies wäre die Parallele zu Bloodcount: es bleibt unverbraucht und gestaltet sich beim Hören jedesmal neu. Alles, was sich „Meditationsmusik“ nennt, aus der New-Age-Ecke und von sonstwo her, mutet dagegen an wie jener Stress, von dem man sagt: „Entspannung macht mich immer so nervös!“ So findet man hier eine gelungene Melange aus einschmeichelnder Anregung – wie in einigen Songs von Taylor Swift, haha. Wie geil war das denn, als man neulich „Time To Go“ (this uplift at minute 2:52!) mal wieder hörte! Auch viele Swift-Preziosen werde ich in zehn Jahren wohl noch gerne hören. Und einen Bogen von Stephan Mathieu und David Sylvian zu Taylor Swift zu schlagen, ist doch auch ein Kunststück, oder etwa nicht? 

 

2025 7 März

„slow motion“

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a u d i o

 
 

2025 28 Feb.

Ultracycling

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Wer sich ausgiebig mit Fahrradfahren beschäftigt, zumal ja weniges dem Älterwerden auf so angenehme und körperschonende Weise entgegenwirkt, vielleicht noch ein funktionelles Krafttraining mit ins Vorsorge-Portfolio aufgenommen, dem baumelt in regelmässigen Abständen eine neue Wunschobjekt-Bratwurst vor der Nase, sei es in Gestalt eines Anbau-Teiles oder gar eines neuen Bikes. Es waren zwei helle Momente, die einst im Vorschulalter zusammentrafen. Zum einen der, dass die Mutter wach genug war, die Kamera zu zücken und in einer Fotosequenz festzuhalten, was ihr Bub gerade in der Hofeinfahrt entdeckte: er sass auf der Bank seines Schaukelpferdes, die flankiert war durch zwei Kufen, hielt sich vorne an der Stange fest und schaukelte die Steigung zum Hof hoch. Oben angekommen, zog er das Teil wieder runter, um erneut die Steigung zu nehmen. Sisyphos lässt grüssen! Ich erinnere mich an diesen Moment, als wäre es gestern gewesen: dass man die Gesetze der Schwerkraft aushebelt, dabei seine Körperkraft, Widerstand und den Willen spürt: es geht vorran. Das steckt tief in mir drin als Grundimpuls des selbstbestimmten Vorwärtskommens mittels des beglückenden Gefühls von Willens- und Körperkraft. So ist das Archaische tief in uns angelegt, wie es sich beispielsweise in der Faszination für Westernfilmen zeigt: den Colt schneller ziehen als der Gegner, die Fäuste auch mal sprechen lassen und danach der Ritt ins Weite, immer der Sonne entgegen. So wie die junge Ultracycling-Sportlerin und Bikepackerin Jana Kesenheimer, die drei Gipfel nahm und alles, was dazwischen lag. Der Film Three Peaks And In Between, vom Kamerateam um Produzent Stephan Wieser brilliant in Szene gesetzt, ist wohl der beste Fahrradfilm, den ich jemals sah.

 

2025 27 Jan.

coffee-to-go

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Das Gedächtnis ist faszinierend. Woher kenne ich dieses Gesicht? Nun lese ich, dass Kristin Scott Thomas mit Sechzig gern noch auf den Laufsteg geht. Hilft nichts: googeln! Aha, die zuletzt als markante Geheimdienstchefin in der fantastischen Fernsehserie Slow Horses auftretende britische Schauspielerin spielte schon Hauptrollen in honorigen Filmen wie Der Pferdeflüsterer, Der englische Patient und Vier Hochzeiten und ein Todesfall. Auch die YouTuberin, die in einem Video die Vorzüge des Gehens preist, meine ich zu kennen. Klar, vor Jahren sah ich eines über ihr Leben in einem Tiny House. Auch beim Musikhören geht es mir so: habe ich ein Album oder einen Song einmal gehört, wird er auch Jahre später als etwas Schon-Gehörtes wiedererkannt. Wenn ich mein eigenes Gehirn mein Zuhause nenne, dann kann ich meine eigene Geschichte erzählen, sie sogar variieren, ausschmücken oder in Teilen neu erzählen. Hier wird es interessant, denn wenn wir uns dem zuwenden, was Gustav Jung den Schatten nannte, gelangen wir auf Nebenpfade, verlassen die allzu festgetretenen und oft durch Narzissmus und Verdrängung (Amnesie) aufgehübschten Ich-Ideale und betreten Neuland. Für mich waren grosse Schriftsteller ebenso wie beeindruckende Philosophinnen immer solche, die auch in der Lage waren, Negatives zu explizieren. Schopenhauer, Cioran, Milan Kundera, John Steinbeck und aus jüngeren Tagen Sybille Berg. Mein in letzter Zeit maßgeblicher Leitpfaden kommt vom Arzt, Molekulargenetiker und Extremsportler Michael Nehls, der in seinen Büchern darauf hinweist, wie wichtig ein ausreichender Vitamin-D-Spiegel ist und eine allgemein artgerechte Lebensweise, zu der natürlich Sport und Bewegung gehören – und das in jedem Alter. „Psychotherapie meinetwegen – aber nicht ohne Radsport“ war schon immer mein Credo, analog zu Emile Ciorans unvergesslichem „Das Nirvana ja, doch nur mit Kaffee!“

 

2025 18 Jan.

january album listenings

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Pablo Held Trio – Plays Standards

Tyshawn Sorey – Koan

Nik Baertsch’s Ronin – Awase

Thomas Strønen – Relations

Marc Copland – And I Love Her

Pablo Held – Adventures

 

… so far, so good …

2025 13 Jan.

Ausrangierte Agenten

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„Surrounded by losers,misfits and boozers …“

 

Das goldene Zeitalter der Serien ist vorbei. Und doch findet man noch die ein oder andere Nadel im Heuhaufen, wenn man Glück hat. Slow Horses handelt von einer Truppe ausrangierter britischer Geheimagenten und ihrem sagenhaften Chef: ein grantelnder Zyniker mit dem Outlook eine Penners, der gerne auch mal auf der Rückbank einer Luxuslimousine einen gepflegten Furz loslässt, während er sich mit dem Innenminister unterhält. Der Witz ist: diese Bande auf dem Ausrangier-Gleis läuft zuweilen zu Hochform auf, wenn der Zufall sie mal wieder in einen delikaten Fall verstrickt. Ein bisschen ist das wie Sherlock, allerdings weniger hektisch, mindestens so humorvoll und ebenso intelligent. Ein Qualitätsmerkmal, das ich besonders schätze, ist die Feinzeichnung von Charakteren, die man regelrecht liebgewinnt. Es kommt nicht oft vor, das es „Klick“ macht. Für Binge ist solcherlei zu schade: jede Episode wie eine Flasche guten Weines. Und sowohl die dritte Staffel als auch die vierte kommen so augenscheinlich ausgereift daher, dass man sich am besten einen Weinkeller einrichtet und wünscht, dass da noch ein paar gute Jahrgänge folgen werden. Eine Warnung aber vorab: dies ist kein Kinderprogramm für einen gemeinsamen Familiennachmittag. Auch diese Gemeinsamkeit teilt sie mit anderen Hochklässlern der goldenen Ära wie Fargo und Breaking Bad: der subtile Humor und Bildwitz, die fantastische Kameraoptik, der geschmackvolle Soundtrack und die vielschichtigen Charaktere werden garniert von kurzzeitig jäh ausbrechender Gewalt. Quentin Tarantino lässt grüssen. Wer kein Blut sehen kann, verwende hier das schützende Mantra „Heinz Tomato Ketchup“. Und noch ein Nachteil: ich werde den Ohrwurm dieses verdammt guten Intro-Songs „Strange Game“, gesungen von Mick Jagger, nicht mehr los.

 

2024 29 Dez.

Jahresendzeitgranteln

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„Betreutes Denken“ – auf den letzten Drücker von Null auf Eins mein Wort des Jahres. Denn nie zuvor im nun doch fortgeschrittenen Leben wurde mir so klar, was Mami und Papi alias Tageschau und Heute Journal (mein Tipp: Heute Shownal – Larissa ihr Jahr!) mir täglich ins Hirn blasen, bis ich dumm und dösig werde. Negativität dagegen steht hoch im Kurs und ich bewerte diesen Begriff positiv im Sinne des Philosophen Byung Chul Han: er steht für Differenz und Kritikfähigkeit. Bei dieser Gelegenheit möchte ich mich bei unserer garantiert söderfreien Mitautorin aus dem Chiemgau bedanken, denn sie sorgt reichlich dafür. Gerade nach Weihnachten, trotz stiller Momente auch ein Hochamt der Heuchelei, weiss man doch solcherlei erst recht zu schätzen, inklusive Psychoanalyse-Hinweis, dass Mutti eben doch nicht immer die Beste ist. Selber Denken, ganz im Gegensatz zu obigem Begriff, bedarf nämlich eines gewissen Quantums Gegen-den-Strom-Schwimmerei: Verweilen im Negativen. Hatte doch neulich eine von der Kanzel predigende – zugegeben brilliante – Philosophin einen Herren namens Cioran verkannt. Seine Lektüre nämlich, das Dasein und Leben verachtend, bewirkt das Gegenteil: man fühlt sich befreit, erheitert und geistig gelockert. Auch eine gepflegte Rage ist zu empfehlen, ist sie doch pure Energie. Jenen Energieschub brachte mir heute die HAZ, als sie gegen eine ausreichende Vitamin-D-Versorgung schwurbelte. Cui bono? Man könnte zum Verschwörungstheoretiker werden, wenn man’s nicht längst wäre. Fehlende Kranke bringen Krankenkassen keine Kasse. Nachtigal ick hör dir trapsen. Fischers Fritze frisst frische Fische. Dank an Elon Musk für den zweiten Wutschub (schnaub, schnaub!). Turn skum into musk and you get a name from it’s origin. Da hat er wohl den AfD-Diskurs nicht richtig mitgekriegt: Hinwendung zu Russia and God f*ck America. Was wohl noch kommt next year? Wie sagte der Kabarettist Hagen Rether: Es geht immer noch schlimmer.

 

2024 6 Dez.

12 aus 24

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Kris Davis Trio – Run the Gauntlet

Kit Downes / Andrew Cyrille / Bill Frisell –  Breaking the Shell

Mary Halvorson – Cloudward

Taylor Swift – The Tortured Poets Department

Scott Colley / Edward Simon / Brian Blade – Three Visitors

Wolfgang Muthspiel – Etudes, Quietudes

Jenny Scheinman – All Species Parade

John Zorn / Julian Lage / Gyan Riley – Her Melodious Lay

Florian Weber – Imaginary Circle

Pablo Held Trio – Who We Are

Milton Nascimento & Esperanca Spalding – Milton + esperanca

Sylvie Courvoisier – Chimaera

 
 
 

In diesem Jahr habe ich wohl so viele Neuerscheinungen gehört wie noch nie zuvor im Leben: dem Streaming-Portal sei Dank. Die Auswahl der favorisierten Zwölf fiel leicht, denn es gab ein klares Kriterium: welches Album hat dich überrascht und enthielt Momente, die sich einprägten? Von der Pianistin Kris Davis hatte ich mir immer ein klassisches Trioalbum gewünscht, mit Kontrabass und Drums, so wie es sich gehört. Ihr teilweise präpariertes Piano klingt auf Run the Gauntlet sehr perkussiv. Ein Wendepunkt, so las ich mal, sei ihre Entscheidung gewesen, kaum noch Akkorde zu spielen und sich auf Melodielinien zu fokussieren: eine interessante Strategie. Pianist des Jahres wäre aber Florian Weber, sein Sound mäandert zwischen Jazz und Klassik. Egal mit wem: wo er die Finger im Spiel hat, klingt es gut. Auch Pablo Helds markig-muskulöser Anschlag gefällt mit sehr. Silvie Courvoisiers Chimaera ist outstanding. Milton und Esperancas musikalische Begegnung ging mir zu Herzen, Erinnerungen (saudade) an Brasilien wurden wach. Weitere Überraschungen waren das Gitarrenduo mit Julian Lage und Gyan Riley (jaja, der Sohn eines berühmten Vaters), ferner die wohlklingende Experimentierfreude der Herren Downes, Cyrille und Frisell auf Breaking the Shell. Letzterer ist auch auf dem Album der Sängerin und Violinistin Jenny Scheinman zu hören, teils in Begleitung der Berufskollegen Julian Lage und Nels Cline. Dieses Album klingt so unglaublich gut, dass ich hier eine unbedingte Hörempfehlung aussprechen möchte. All Species Parade ist ein brillantes Sammelsurium der unterschiedlichsten Stilarten.

 

2024 1 Dez.

Lichte Momente

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Mystiker sind Trunkene, Musiker auch. Sie tauchen in die Welt und lassen sich betören und umschwirren. Eigentlich bin ich nie etwas anderes gewesen, bei aller Liebe zur Ratio. Wäre nicht, nur so ein Gedanke, das Konzept der Ad-Hoc Improvisation von der Musik auch auf das Visuelle zu übertragen? Das Smartphone böte die Möglichkeit, unabhängig von der Kontinenz der Motivwahl (warum jetzt Dieses und nicht vielmehr Das?) Lichtmomente festzuhalten, grad als ob man Schmetterlinge finge oder etwas fallen liesse. Flugs, flugs, geschwind, das innere Kind will weiterfliegen. Vor ein paar Tagen machten wir (wir könnten uns Cool Brothers nennen) mal wieder eine Session im Duo mit Gitarre, Saxofon, Flöte, allerlei Effekten (loops & freezes) – auch ein Schlagzeug war im Raum zuhanden. Besonders gefiel mir ein stilles, frei improvisiertes Stück – betiteln möchte ich es gemäss der Quintessenz unseres Zusammenspiels mit „Reine Gaudi“.

 

 

Folgende Verdachtsmomente wurden in den letzten Wochen abgehört*:

 
 
 

Chris Potter / John Patitucci / Brian Blade / Brad Mehldau – Eagle’s Point
Kris Davis Trio – Run the Gauntlet
Kit Downes / Andrew Cyrille / Bill Frisell – Breaking the Shell
Tyshawn Sorey Trio – The Susceptible Now
Ralph Alessi Quartet – It’s Always Now
Mary Halvorson – Cloudward
Aaron Parks – Little Big III
Joe Lovano / Marilyn Crispell / Carmen Castaldi – Our Daily Bread
Anna Webber – Shimmer Wince
Steve Lacy – New Jazz Meeting Baden-Baden 2002
Brad Shepik Human Activity – Dream of the Possible
Scott Colley / Edward Simon / Brian Blade – Three Visitors
Anna-Lena Schnabel Quartet – Books, Bottles & Bamboo
Colin Vallon / Patrice Moret / Julian Sartorius – Danse
Melissa Aldana – Free Fall
Wolfgang Muthspiel – Etudes, Quietudes

 
 
 

* … das wird man ja wohl noch hören dürfen … ;)


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