Manafonistas

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2023 20 März

Verklingen #1

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Unter demPflaster liegt der Strand – so ein geflügeltes Wort aus leidenschaftlichen Zeiten! Unter Asche und Erdschichten befinden sich immer beredte Reste, Spuren und Artefakte der Vergangenheit, die zu Deutungen herausfordern. 

 
 


 
 

Wie aber ist es mit Klängen? Nach ihrem Erklingen sind sie verschwunden? Sie verklingen, klingen nach. Wie lange dauert Verklingen und Nachklingen? Wie und wo geistern verklingende und verklungene Klänge herum? 

 

Das Ganze hat verschiedene Seiten: einerseits das Verstärken des Klangs und die Erhöhung von Lautstärke und Reichweite, andererseits das Konservieren, Bewahren von Vergangenem für die Zukunft. Letzteres scheint ein bisschen umständlich ausgedrückt, absichtlich. Über Jahrhunderte geschah das Bewahren in oraler Kultur. Dann begann die unterstützende schriftliche Fixierung mit den Neumen*, aus der sich über längere Zeit – mit der Entwicklung der Musik – die heutige Notenschrift entwickelte. 

 

Vom Bewahren kommt man dann auf die Vervielfältigung und Zugänglichkeit von Bewahrtem.  Und daraus entwickelte sich seit der Konstruktion des Phonautographen 1857 durch Éduard-Leon Scott de Martinville und später, 1877, des Phonographen durch Thomas Edison eine lange Strecke von technologischen Entwicklungen und sich verändernden Rezeptionsweisen. Walter Benjamin hat das erstmals 1936 in seinem Aufsatz “Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit” thematisiert. 

 

Die älteste Stimmaufnahme von 21 Sekunden stammt aus dem Jahr 1860. Als Kontrapunkt dazu lieB die US-amerikanische Vokalistin Shelley Hirsch auf ihren farbenreichen Alben verlauten: ~ the body is THE Biggest Recorder Possible ~ . Die ersten Aufnahmen gegen Ende des 19. Jahrhunderts sind dramaturgisch eigentlich ziemlich modern, da Spuren der Produktion und des Bewahrers selbst klar hörbar sind in der Wiedergabe. Zur Eliminierung von Nebengeräuschen Musikaufnahmen und deren Wiedereinführung im Punkzeitalter bis hin zu Noise-Musik demnächst mehr. 

 

Soweit so gut, Schnitt. Jetzt aber zu den Klangspuren der historischen Stätten Knossos und Pompeji auf dem Album “ash” des AVA TRIOS. Wie kommt man zu den Klängen dort? Auf die Fährte dessen, wie etwas zu DEN Zeiten geklungen hat, kommt man nur durch selbst singen und spielen, durch praktisches Ausprobieren und Herausfinden. Es ist das MusikMACHEN, das einem den Weg weist. Dabei müssen Musiker sich natürlich des JETZT bewusst sein/werden, in dem sie sich und die Zuhörer (be)finden. Sie müssen mit der dialektischen Spannung, die damit einhergeht, produktiv arbeiten. In Musik gibt es ja – trotz vielfältiger Entwicklungen bestimmte tiefere Grundkonfigurationen, die – nicht umsonst – immer wieder auftauchen. Ein wichtiger Schlüssel ist TIEFES LAUSCHEN, tief hineinhörend erfassen.

 

Eine wichtige Erfahrung hierin war (und ist) die Musik von PAUL MOTIAN (1931 -2011). Diese Musik faszinierte viele, blieb für manche aber auch ungreifbar. Beschreibungen seiner Art des Schlagzeugspiel sprechen zuweilen Bände. Ich habe mich auf die Suche nach Platten gemacht, die Motian in seinem armenischen Elternhaus in … gehört haben könnte. Es war nicht so schwierig, gute Kandidaten zu finden. Zur Zeit seiner Kindheit hatten die meisten ethnischen Gruppen ihn den USA ihre eigenen Plattenläden und spielten auch Musiker der Herkunfts-kulturen regelmäBig in den USA. Als ich die Platten hörte war ich erstaunt, was für ein ‚tiefer‘ Zuhörer Motian war und wie tief er das Gehörte absorbiert hatte. Die Konfrontation der Musik von den alten Platten und Motian’s eigener Musik in einem Radioprogramm, was ich dazu zusammengestellt habe, war erstaunlich und eine schöne Offenbarung (link zum Radioarchiv in Kürze). Und demnächst ein Gespräch mit Giuseppe Doronzo zum tiefen Hineinhören.

2023 20 März

Asche

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Wie kommt man von Anthony Braxton’s Trillium Orchestra zu Bruce Springsteen’s E-Street Band, von Nancy Sinatra zu Johnny Pacheco, von Calexico zu Debbie Harry und Chuck Prophet … ? So weit haben weder Marc Ribot noch Bill Frisell ihre Flügel ausgeschlagen. Der Querkönner in diesem Falle ist der Geiger SAM BARDFELD. Vielleicht geht einigen ein Licht auf … Ja, die Jazz Passengers (aus Zeiten der Knitting Factory und der Lounge Lizards) Ende der 80er Jahres: Curtis Folkwes, Roy Nathanson, Bill Ware, Brad Jones, E.J. Rodriguez. Hal Willner hatte auch seine Hände drin und dann kamen u.a. Debbie Harry , Jeff Buckley, Mavis Staple und Elvis Costello ins Spiel. Debbie Harry, ja die Frontfrau von Blondie, wurde später Mitglied der Gruppe.

 

Nirgendwo waren die Übergänge zwischen verschiedenen musikalischen Welten wohl so flieBend, bildeten sie eine offene Einheit. Es war auch noch nicht die Rede von Musik als Mix-von. Es war ein Zusammenwirken von Charakteren, und die Ergebnisse hatten stets Charakter. Später ging’s dann weiter mit Roy Nathanson’s Sotto Voce, including Napoleon Maddox, Tim Kiah und Fowlkes. Werner Aldingers Münchener Label Yellowbird kümmerte sich um sie, Ich hab Bardfeld in allen Phasen immer wieder auch live erleben dürfen, u.a. in Steven Bernsteins Millennium Territory Orchestra oder in Joel Harrisons String Choir, das die Musik von Paul Motian spielte. Im letzten November spielte Bardfeld in Tomeka Reids Hemphill Stringtet bei unserem Jazzfest in Berlin.

 

Jetzt kommt Bardfeld mit einem neuen Album in erlesener Gesellschaft von Pianist Jacob Sacks und Schlagzeuger Michael Sarin. REFUGE erscheint am 24. März auf dem Label Brooklyn Jazz Underground Records. Das Titelstück ist von Andrew Hill (Eröffnungsstück auf Hills wegweisendem Album POINT OF DEPARTURE (1964)) und “Atlantic City” von Bruce Springsteen bekommt auch eine treffende Behandlung. Bardfeld ist durch das Touren mit Springsteen bestens vertraut mit dessen Stücken. Was auf solch einem Hintergrund oder besser Humus gewachsen ist,hat zweifellos was zu sagen.

 

Nix fliesst hier dösend oder ver-beated zusammen. Vielmehr ist es durchzogen von untergründigen Adern tief absorbierter origineller EinflussgröBen. “Kick Me” z.B. fühlt sich durch und durch groBartig Monkish an. Andeutungen genügen oft. Die Gruppe bedient sich vielfältiger toller Gangarten: hinkend reggae-artig, schleppend und verschleppend, ska-verschnippelt, flirrend, vorwärtsgerichtet und ausbremsend. Nix zum Einnicken oder simplen FuBwippen (auch wenn’s untergründig swingt und rotiert), aber immer ihn tiefsten Nerv der Musik. Manchmal scheint es als ob sich zwei Parteien auf unterschiedlichen Pfaden bewegen. Die Art, wie Einheit entsteht, hergestellt wird, ist das Tolle hier. Sie entsteht aus Asymmetrien und so frei, verwegen, schnell und treffsicher, dass man baff ist ob des verstärkenden und einbeziehenden Effekts. ‘Edgy’ und ‘odd’ erfüllen sich wechselseitig und helfen monströsen Wirklichkeiten kreativ zu widerstehen. Humor und schelmisches Understatement schauen dabei natürlich im Spiel immer um die Ecke. Das Spielen ist für diese Musiker immer ein Spiel auf reichem Grund, klarem Drang, treffsicherer Entschlossenheit und vital sichernder Zu-Flucht.

2023 15 März

Jim Jarmusch : playing

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2023 14 März

An der Grenze des Hörbaren: Paris Peacock Wingbeats

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PARIS PEACOCK WINGBEATS stellt unsere Wahrnehmung auf die Probe. Während Töne und Klänge meistens verstärkt und vergröBert werden, geht’s hier ins Entgegengesetzte: ins extrem Leise, das bei weit offenen Mikrofonen gerade noch erfasst werden kann. Das ist ein bisschen wie wenn wir uns im Ameisengewimmel auf Augenhöhe mit ihnen befinden würden. Oder auch: Gullivers Reisen im Bereich der Töne. Die beteiligten Musiker nennen es

 

MAGNIFIED MICRO MUSIC

 

Den drei dänischen Musikern Simon Toldam, Peter Bruun und Torben Snekkestad offenbarten sich dabei neue Formen der Schönheit , denen sie sich stellen wollten. Ein faszinierendes Erlebnis, ihnen zu folgen und zu zu hören. Das Ganze ist mit ein paar Essays, worunter dem meinigen, auf einer Website herausgebracht, zu der man Zugang braucht, um Einsicht in Prozess- und Resultatseiten der Sache  zu bekommen.

 
 
 


 
 
 

Der Titel „Wingbeats“ bezieht sich auf Flügelschläge des Schmetterlings, die ungeahnte exponentielle Folgen zeitigen können (Chaostheorie). Inspiration waren die Makro-Fotografien von Insekten des britischen Fotografen Levon Biss.

 

W E B S I T E 

 

Man kann sich von dort aus auch schön umschauen, was das ILK label sonst noch an schön Interessantem zu bieten hat.

 

2023 14 März

Iro Haarla und Lumi Vesala

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VIDEO Iro Haarla „Barcarole“

 

2023 14 März

Sanem Kalfa : singing

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„Pendulum“ ist für mich immer wieder zurückkehrend wie im Stück selbst.

 

Es ist das ultime Ostinato, das ultime Allegro.

 

Es kehrt jeden Kontext und schafft ein währendes Zentrum von sanft

 

bestimmender und tanzender Stärke – hier in einer live Fassung mit Paul McCandless

 
 

P E N D U L U M

 

2023 13 März

Sun-Mi Hong : listening

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2023 13 März

Treasures #1: Masabumi Kikuchi – In Love In Vain

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Bei Masabumi sind die Töne dramatische Gestalten, die sich in erfüllende Weite erstrecken

 

und in

 

schwebender Akzeptanz verweilen. Es ist nie, was es ist, und doch so nah und real.

 
 

video


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