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The Room Next Door (ES, 2024) von Pedro Almodóvar

 

Ich möchte jetzt nicht die Platitüde gebrauchen, dass ein Film über den Tod auch immer ein Film über das Leben ist (was man langsam nicht mehr hören kann) – aber ein Film über einen Übergang erzählt immer von den beiden Welten, zwischen denen gewechselt wird, das ist weniger Kunst des Regisseurs als allgemeines Gesetz, so wie es kein Ende ohne einen Anfang gibt und keine Krankheit ohne Gesundheit. So ist die Zeit der Regisseur jeden Lebens und jedes Leben ein Sichbewegen zwischen Polaritäten und Antagonismen.

Almodóvar ist offenbar dazu übergegangen, sich nun nach seiner Biographie Leid und Herrlichkeit den letzten Dingen zuzuwenden – übrigens ein Film ohne seine üblichen Ebenenwechsel und intellektuellen Verschachtelungen, die man so spannend fand, aber lebensfreundlich, blutvoll und anrührend. Jetzt geht ihm aber offenbar die Puste aus.

Das Sterben findet hier in einem luxuriösen Chalet mit zwei verdienten Hollywoodstars statt, mitten ins amerikanische Nirgendwo outgesourct und im Dialog zwischen zwei Freundinnen, von denen eine vom Krebs zum Tode verurteilt ist und die andere, die panische Angst vor dem Tod hat, sie bis zum Ende begleiten soll – schon mal ein leicht sadistisches Arrangement, das einige filmische Möglichkeiten eröffnen könnte, die dann aber nicht ausgeschöpft werden. Im Zuge dieser Sterbebegleitung gibt es noch einige Kapriolen über eine geschlossene Tür, die den Tod der Freundin durch eine finale Pille aus dem Darknet signalisieren soll, aber wohl auch mal vom Wind zugeklatscht wird und die Freundin in Panik versetzt, was die Sterbende wiederum überhaupt nicht kratzt: Anmutungen von Schulmädchentriezerei mit sadistischem Unterton, wie gesagt. Dazwischen gelegentlich halbwegs geistvolle und lebensweise, meistens aber plattitüdelige Dialoge, angesichts eines bevorstehenden Lebensendes affektlos und blutleer zwischen überkontrollierten und immer leicht untertemperierten Frauen, die keine besondere Teilnahme abnötigen und jegliches Feuer, das der Regisseur sonst in seinen Figuren zu entfachen versteht, vermissen lassen. Sic tacuisses ... oder doch wieder Penelope bemühen? Die hätte da etwas mehr Latino-Pep reingebracht. Und ein bisschen mehr Hängen-am-Leben anstatt dieses Abgeklärtheitstriefen der Hauptdarstellerin mit ihrer flotten Sidecutfrisur.

Auf jeden Fall wird dann nach circa einer Stunde Filmzeit relativ unspektakulär verstorben, die Freundin bleibt gefasst und am Ende erscheint dann die Verstorbene noch einmal als ihre verbiesterte eigene Tochter, traumatisiert durch die Tatsache, dass sie ihren Vater nicht kennt (als ob das nicht auch ein Vorteil sein könnte), eine abschliessende Begegnung, deren Sinn für das Ganze sich nicht so recht erschliessen will. Zumindest aber erspart uns der Regisseur jegliches Hollywood-Sterbesentiment einschliesslich Streichorchester mitsamt dem Erheben und Ins-Licht-wandeln des Astralkörpers aus dem Leichnam. Da ist man dann doch dankbar.

Und so ist Sterben hier vor allem eines: Gepflegte Upper-Class-Sterbenslangeweile.

 

This entry was posted on Dienstag, 4. Februar 2025 and is filed under "Blog". You can follow any responses to this entry with RSS 2.0. You can leave a response here. Pinging is currently not allowed.

5 Comments

  1. SmallHans:

    Warum sind mir denn bloß gleich die einstürzenden TwinTowers 9/11 eingefallen!
    Das brutale Sterben vs. dem UpperClass Sterben.
    Das reale Leben vs. dem langweiligen mit allerwelts Aussagen gefüllten Sterbeprozess!
    Das Glorifizieren des eigenen Ichs!?
    Irgendwie macht mich das Ganze aggressiv.

  2. Jörg R.:

    Das klingt enttäuschend!
    Guck ich mir dann wohl nicht an.
    Es scheint sehr vom bekannten Almodóvar-Schema abzuweichen.
    Aber warum die Twin Towers?

  3. Ursula Mayr:

    Bei den zwei schaumgebremsten Mädels die rauchenden Twin Towers zu assoziieren hat ja auch was …

  4. Jörg R.:

    Verschiedene Metaphern des Sterbens … das geht schon zusammen. Offenbar drängen sich bei diesem Sterben in Schönheit gleich andere Bilder auf: Sterben in Schmerzen, im Elend, verhungern.

    Uschi, Du sprichst doch immer davon, dass man auch das Negativ eines Filmes sehen muss: das, was nicht gezeigt wird.

  5. Ursula Mayr:

    Ja! Zu weichgespült! Für einen Almo einfach zuwenig elementar, nicht ausbalanciert.

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