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2023 18 Dez

M3gan

von: Martina Weber Filed under: Blog | TB | Tags:  | 23 Comments

Womit kann man einem 8-jährigen vereinsamten und traumatisierten Mädchen die größte Freude machen? Welches Spielzeug würde dieses Kind so sehr begeistert, dass sie auflebt, lacht und getröstet wird? Dass sie wieder am Leben teilnimmt? Das Spielzeug müsste eine bisher ungeahnte Sensibilität gegenüber dem Kind aufbringen können, idealer sein als die beste Freundin und als verständnisvolle, liebende, geduldige Eltern zusammen. Das kann nur KI. „M3gan“ ist die Abkürzung für „Model 3 Generative Android“. M3gan ist 1,20 Meter groß, sophisticated gekleidet und ihre Aufgabe besteht darin, die kleine Cady vor körperlichem und psychischem Schaden zu bewahren. Das ist die Grundkonstellation in dem Film „M3gan“, der allerdings erst ab 16 Jahren freigegeben ist. Das klassische Genre des Kampfes Mensch gegen Maschine, wie wir es kennen aus Filmen wie „The Thing“ von Carpenter, „her“ von Spike Jonze und „It Follows“ von David Robert Mitchell, ist hier zeitgemäß umgesetzt. Eine Anfangsszene setzt eine Reminiszenz an Stanley Kubricks „Shining“ und damit zum Horror-Genre: Die Eltern sind mit ihrem Kind im Auto unterwegs zu einem abgelegenen Hotel in den Bergen, nur dass der Schnee bereits gefallen ist und dass nicht ein echter Junge Hunger hat, sondern ein kleines technisch gesteuertes Kunstfellwesen mal pinkeln muss. Wenn auch der Plot in seinem Gesamtbogen vorhersehbar ist, gibt es in der Freundschaft von Cady und M3gan überraschende, berührende und ergreifende Begegnungen. Es sind diese Szenen, die den Mainstream-Unterhaltungsfilm „M3gan“ zu einem besonderen Erlebnis machen.

 
 

 

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23 Comments

  1. Ursula Mayr:

    Danke, guck ich mir an. Beziehungen zwischen Kunst – und echten Menschen sind ein hochinteressantes Thema, katapultieren uns ja zurück in die Zeit als wir unseren Teddy zu Bett brachten und in allen möglichen Gegenständen Gesichter sahen. Animistische Phase. Melde mich!

  2. Martina Weber:

    Bin sehr gespannt, was du zu dem Film sagst, Uschi. Aus psychologischer Sicht eine hochinteressante Story. Und du wirst staunen, wie sehr sich M3gan (gesprochen: Megan) von deinem Teddy unterscheidet.

  3. Ursula Mayr:

    Mit diesen Zahlenbuchstabensalat komm ich nie klar…😵‍💫

  4. Martina Weber:

    Ich glaube, dafür gibt es keine Regeln. Teilweise werden auch statt des „e“ von Megan drei horizontale Striche gesetzt. Es sieht dann eben spaciger aus.

  5. Ursula Mayr:

    Meinen wir den gleichen Film, Martina?
    Ich schau grade – eine Puppe mit gruselig – starren Augen und unsympathisch – altklug
    meuchelt den Nachbarshund, reisst einem Kind ein Ohr ab, geht mit der Machete durchs Haus und schlitzt ein paar Leute auf – jetzt will sie grad ihre Schöpferin umbringen….

  6. Martina Weber:

    Yep, this is M3gan! Die emphatischen Szenen hast du aber nicht erwähnt …

  7. Ursula Mayr:

    Kommt noch – weil ich die nicht empathisch fand, aber es würde mich interessieren, warum sie bei Dir so angekommen sind. Aber jetzt erstmal Weihnachtsgrosseinkauf. Hier stellen sich eh alle so an, als würde nächste Woche eine Hungersnot ausbrechen. Am Ende geht noch das Klopapier aus – eine kulturelle Katastrophe.

  8. Olaf Westfeld:

    Ok, M3gan wird eher nicht mein Weihnachtsfilm. Ich schaue erstmal den Rest von The Crown.

  9. Martina Weber:

    Olaf, ich lese aber gerade „deine“ Weihnachts-Graphic Novel zum zweiten Mal. Ich schreibe bald darüber.

  10. Olaf Westfeld:

    Hm🤔, ich bin gespannt, was Du meinst, ich erinnere mich gerade nur daran, dass wir immer wieder mal über graphic novels ‚im Gespräch‘ waren. Vielleicht von Daniel Clowes?

  11. Martina Weber:

    Ich möchte es noch nicht verraten. Bis Ende des Jahres will ich meinen Text darüber hier gepostet haben.

  12. Martina Weber:

    Zurück zu M3gan. Erstmal vielleicht ganz generell: Das ist keineswegs ein Film der Sorte Lieblingsfilm für mich. So habe ich auch nicht darüber geschrieben. Den Bezug zum Horrorgenre habe ich hergestellt. Ich habe den Film gesehen, weil er bei einer Film-AG gezeigt wurde, nicht, weil ich ihn ausgewählt hätte.

    Am meisten berührt hat mich die Szene, in der Gemma potentiellen Großkäufern den Prototypen des von ihr entwickelten Roboters „M3gan“ in einer Interaktion mit ihrer Nichte Cady vorführt. Cady ist an diesem Tag leider psychisch angeschlagen (Gemma hatte ihr angeboten, den Termin nicht wahrzunehmen, „obwohl viele Leute stundenlang im Flugzeug zu diesem Termin unterwegs sein würden“) und sitzt in einem Raum, der vom Publikum beobachtet wird. Dann betritt M3gan den Raum; gut gelaunt schlägt sie ein Spiel vor. Cady beginnt plötzlich zu weinen. M3gan registriert das und ändert sofort ihren ursprünglichen Plan. Sie geht auf Cady zu, setzt sich neben sie und fragt sie, was los ist. (Das ist jetzt nicht wörtlich und von der Reihenfolge dessen, wie ich es erzähle, wahrscheinlich auch nicht völlig korrekt.) Cady ist traurig, weil ihre Eltern tot sind und weil sie Angst davor hat, sie zu vergessen. An dieser Stelle ist Gemma im Zuschauerraum völlig fertig, weil sie fürchtet, ihre Präsentation ginge schief und sie würde ihren Job verlieren. Auch das Publikum ist angespannt. M3gan fordert Cady auf, etwas zu erzählen, woran sie sich erinnert. Cady fällt zunächst nichts ein, dann erzählt sie eine Alltagssituation. Darauf wirkt sie entspannter. M3gan hat die kleine Erzählung von Cady gespeichert und spielt sie wortwörtlich ab. Sie sagt zu Cady, immer, wenn sie ihr etwas über ihre Eltern erzählt, würde sie, M3gan, es für sie bewahren, und zwar hier (und sie zeigt auf ihr Herz.) Bei einigen Frauen im Publikum laufen die Tränen. Cady und M3gan umarmen sich. Das Interesse daran, den Prototyp M3gan als „Spielzeug“ herzustellen, ist daraufhin riesig. Dieser Moment ist der berufliche Durchbruch für Gemma.

    Tatsächlich hat mich diese Szene sehr berührt. M3gan tut etwas, was in diesem Moment nur eine KI tun kann. Natürlich hätte auch eine Freundin die Erinnerung Cadys auf dem Handy aufnehmen können, aber das wäre aufgefallen. Der Überraschungsmoment, dass die Erinnerung in wörtlicher Sprache aufgenommen wurde, ist schon sehr gelungen. Natürlich ist M3gan keine „richtige“ Freundin. Aber es gelingt ihr in dieser Situation, die trauernde, traumatisierte Cady zu trösten. Nicht nur wegen der Audioaufnahme, sondern wegen ihrer Empathie. Damit gelingt M3gan etwas, worum sich Gemma nicht einmal bemüht. In meiner Begeisterung für diese Szene schwingt also auch ein Gedanke der Art mit, wie traurig es ist, dass eine KI empathischer ist als die nächste Bezugsperson eines Kindes.

  13. Ursula Mayr:

    Okay, verstehe ich – werd ich in meiner Rezi nachgehen – die Empathie von Maschinen, hochinteressant.Aber jetzt toben ja erstmal die Weihnachtstage los….wünsche gutes Überleben.

  14. Martina Weber:

    Ja, Empathie klingt ziemlich schräg in diesem Kontext. Aber klicke mal auf das Foto unter meinem Blogtext und schau die die detailreiche Liste unter der Rubrik „Emoitional State“ an. Das ist das, was M3gan von Cadys Zustand erfasst. Könntest du sowas? ;)

  15. Ursula Mayr:

    Jetzt wirds spannend – geht leider am Smarty nicht, da hängt es sich auf. Muss ich erst das Büro heizen und an den Computer. Wie hast Du das gemacht mit dem Bild?

  16. Martina Weber:

    Ich verstehe die Frage vielleicht nicht so ganz. Das Foto habe ich aus dem Trailer des Films. Da war das, was ich zeigen wollte, super zu sehen. Die Fotos, die ich direkt vom Film aufgenommen habe, gaben das nicht her. Das Foto zeigt also eine Einstellung des Films. Ich habe da nichts bearbeitet. Ich habe das Foto von Kamera aufs Notebook kopiert und nur die Ränder verkleinert, also das um den jetzt sichtbaren Bildausschnitt weggeschnitten. Vielleicht meinst du deine Frage auch so, wie ich es gemacht habe, dass man auf das Foto klicken kann, und es sich dann vergrößert? Das habe ich nicht gemacht. Das macht Jochen immer mit Fotos, die wir einstellen. Ich weiß nicht, wie er das macht.

  17. Ursula Mayr:

    Ja, das wollte ich wissen?

  18. Jochen:

    Das könnte ich mal bei Gelegenheit hier gerne erklären … :)

  19. Ursula Mayr:

    Ist das schwierig?

  20. Anonymous:

    Das Foto lässt sich vergrössern, aber ich kann die Tabellen nicht lesen. Zu hell!

  21. Martina Weber:

    Auf der linken Seite ist eine Liste von Gefühlen, und deren Vorhandensein wird mit Prozentzahlen angegeben. Die Prozentzahlen lasse ich hier weg.

    Emotional State:
    Anticipation
    Confusion
    Joy
    Fear
    Sadness
    Trust

    Wie wir aus dem Film wissen, verändert sich diese Liste ständig, je nach M3gans „Wahrnehmung“.

    Auf der rechten Seite neben Cadys Bild finden sich drei Messungen in Kurven. Eine davon ist Cadys Körpertemperatur. Die anderen kann ich nicht deuten. In einer Aussage aus dem Film an anderer Stelle war von der Feuchtigkeit der Haut die Rede.

    Wie du weißt, Uschi, ist das M3gans Blick auf Cady. Oder nüchter: Es sind die Zeichen, die der Roboter aufnimmt, und aus denen er Rückschlüsse auf Cadys Befinden schließt und sein Verhalten entsprechend anpasst. Also das, was ich „Empathie“ genannt habe.

    Hier noch ein weiteres sehr kurzes Beispiel für M3gans „Empathie“: Gegen Ende des Films, bevor es zum Showdown kommt, kehrt Gemma in ihre Wohnung zurück. M3gan spielt friedlich Klavier. Gemma weiß inzwischen, wozu M3gan fähig ist. Gemma flieht- in ziemlich aufgewühltem Zustand – in einen anderen Raum, um sich innerlich zu sortieren. M3gan tritt hinzu.

    M3gan: Have I done something to upset you?
    Gemma: No, of course not.
    M3gan: And yet your demeanor indicates that I have.

    Hiermit sind wir sehr, sehr weit von unseren Teddys und auch von Barbie entfernt :)

  22. Ursula Mayr:

    Da muss ich mich mal nach Weihnachten hineinsteigern. Kennst Du A.I. von Spielberg? Der dürfte Dich interessieren.

  23. Martina Weber:

    Kannte ich nicht. Habe mich informiert und ein paar Ausschnitte gesehen. Spricht mich nicht so an, obwohl David viel realer aussieht als M3gan. „A.I“ ist mit seinem Zeitsprung und einigen Sets auch extrem bombastisch. Wie gesagt war M3gan und das Thema eher ein Ausflug in eine Art Film, die ich sonst nicht sehe, und ich habe nicht vor, das Thema zu vertiefen. Nur deine Besprechung, die interessiert mich natürlich!


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