„A Charlie Brown Christmas“ vom Vince Guaraldi Trio geht natürlich immer. Aber wie sieht es mit Jazzalben auf, in denen nichts typisch Weihnachtliches klingelt, schellt und swingt. Als Teenager wünschte ich mir mit 17, 18 Jahren gerne Jazzplatten unter den Tannenbaum, in Jahren, in denen jedes Fest ein Abschied mehr von den Kindertagen war. Krame ich in einer fernen, sehr fernen Erinnerung, liegen da…warten Sie…ich muss das Bild etwas schärfer stellen…unter einer Kerzenschar und Lamettagefunkel, eine Schallplatte von Sonny Fortune und eine von Dave Liebman unter nadeligem Gehölz, beide aus dem von Micbael Cuscuna betreuten Horizon Label.
Ich hatte diese Alben nie zuvor gehört, und allein den knappen Anmerkungen und schillernden Namen vertraut, die ich dem „jazz by post-newsletter“ entnahm, der bald regelmässig aus der Gleichmannstrasse 10 in München Pasing an all meine damaligen Wohnorte versendet wurde, erst nach Dortmund, später nach Würzburg und Gerbrunn und Bergeinöden. Natürlich wurden die beiden Platten schon Heiligabend aufgelegt, und wie verzaubert sass ich da, als Dave Liebmans traumwandlerisch agierende Gruppe seine Version des George Harrison-Songs „Within You Without You“ darbot. Ich floss dahin. Aber auch Sonny Fortunes Album (beide kannte ich, glaube ich, vom wilden Miles Davis) traf ins Schwarze und Schneeweisse, und zwar mit fliegenden Saxofontönen und luftiger Rhythmik. Mir kamen beide Alben so weihnachtlich vor, einfach, weil sie melodisch waren, voller Entdeckungslust, und mich rundum erfüllten. Und beide waren üppig gestaltet, „gatefold“, aufklappbar, voller Texte und Bilder!
Und genauso erging es mir, als ich gestern aus Helsini die Cd von Uusi Aika bekam, die Uusi Aika heisst, und gerade bei We Jazz Records herauskam. Ich hörte den knarzigen Konzrabass, das sanfte Fliessen der Melodien, das Rauschen von Wasser und Wind (und war einmal mehr hin und weg wie damals, in einem früheren Leben). Uusi Aika geht natürlich auch immer, aber, um sich mal was Gutes zu tun, und da ei nurnein kleines Risiko einzugehen: besorgen Sie Sie sich einfach das Teil, das es auch auf dunkelgrünem Vinyl gibt, und spielen Sie die Musik zur Wehnachtszeit. Wenn das Fenster kurz mal auf Kipp steht, und sich dann im Garten ein paar Wölfe versammeln, haben Sie sowieso alles richtig gemacht.
P.S. Uusi Aika ist seelenverwandt mit „Universal Mind“ von Jone Takamäki, und „Nan Madol“ vom Edward Vesala. Endlos weite, finnische Horizonte! „Long Before Our Mothers Cried“ und „Sweet Hands“ heissen die erwähnten „weihnachtlichen“ Alben aus den Siebziger Jahren, von Sonny Fortune und Dave Liebman.