Der spanische Philosoph, Schriftsteller, Dichter und Universitätsgelehrte Miguel de Unamuno (1864-1936) war so etwas wie das Gewissen von Spanien. Mutige, scharfe und intelligente Stimmen wie die seine fehlen derzeit leider in der öffentlichen Debatte über den Ukrainekrieg. Zwar melden sich zunehmend Intellektuelle wie beispielsweise Herfried Münckler („Die Ukraine ist im Begriff, den Krieg zu verlieren …“), Henry Kissinger (er überlegt öffentlich über die Möglichkeit ukrainischer Gebietsabtretung) oder der klare Verstand des hier schon zitierten Klaus von Dohnanyi, aber leider hört man keine scharfen Töne aus der Ukraine oder aus Russland.
Ich bin auf Fuerteventura, weil ich mich mit Unamuno beschäftige, er lebte hier kurz. Wie sehr es unerschrockene Geister braucht! Auch wenn sie nicht mehr unter uns weilen, sollten wir bei ihnen nachlesen. Unamuno schwankte ähnlich wie Heidegger, als verkappte Diktatoren eine gesellschaftliche Veränderung versprachen. Unamuno merkte sehr schnell, was um ihn herum mit den Intellektuellen passierte. Mutig bot er dem Militär die Stirn:
“General Millán Astray ist ein Krüppel. Ich sage das ohne den leisesten Unterton. Er ist ein Kriegsvalide. So auch Cervantes. Aber Extreme geben nicht die Regel, sie entziehen sich ihr vielmehr … Er möchte Spanien neu schaffen – eine negative Schöpfung – nach seinem eigenen Bilde. Und deshalb wünscht er Spanien verkrüppelt, wie er uns unzweideutig klargemacht hat … Sie werden gewinnen, aber Sie werden nicht siegen. Sie werden gewinnen, weil Sie die nackte Gewalt besitzen, aber Sie werden nicht siegen, denn um zu siegen, muss man überzeugen. Und um zu überzeugen, müssten Sie besitzen, was Ihnen fehlt: Verstand und Recht zu diesem Kampf. Ich erachte es als sinnlos, Sie zu ermahnen, an Spanien zu denken.“
(aus der Rede von Unamuno als Rektor der Universität in Salamanca 12.10. 1936)
Unamuno wurde für 4 Monate nach Fuerteventura verbannt, weil er immer wieder gegen Unfreiheit und Unrecht aufbegehrte. Um 1920 war die Insel Fuerteventura alles andere als ein Ferienparadies. Es herrschte Armut und Elend. Schnell erkannten die Einheimischen, wofür Unamuno kämpfte: für freies, selbstbewusstes und gerechtes Leben. Er wurde ihr Held. Überall auf der Insel gibt es Denkmäler, die an ihn erinnern. Unamuno hatte hier wenig Möglichkeiten, auf Medienbasis zu kommunizieren. Trotzdem gelang es ihm, seine mutigen Gedanken zu transportieren. „Ich komme nicht mit meiner Freiheit zurück, die ist unbedeutend, sondern mit Eurer.“
In seinem Buch Frieden im Krieg (1897) findet sich die eindringliche Überlegung: „Nicht draußen, sondern mitten im Kriege tief drinnen in ihm, in seinem eigenen Schoße sollen wir den Frieden suchen: den Frieden im Krieg.“