Am letzten Freitag erschien „Homegrown“, Neil Young hatte es damals, Mitte der Siebziger Jahre, weggeschlossen, obwohl seine Firma damit recht glücklich gewesen wäre. All der Kummer, den er da beim Abhören wahrnahm, war ihm zu privat, „too much“. Stattdessen veröffentlichte er anderen, in Passagen todestrunkenen, dunklen Stoff, jenseits aller Hippieseligkeit, der zwar heute zu den grossen Alben seines Lebens zählt, wie „On The Beach“, wie „Tonight’s The Night“, aber damals seine „Harvest“-vernarrte Gemeinde beträchtlich verstörte. Wer sich das anhörte, zu Haschisch, Räucherstäbchen und Patchouli, konnte die Blumen im eigenen Haar schneller welken sehen. Auf „Homegrown“ hören wir nun ganz andere, weltverlorene Zartheiten jener Zeit. Als wäre er damals, als die meisten noch „Harvest“ rauf- und runterspielten, für immer gestrandet in einem unausweichlichen Moment des gebrochenen Herzens, auf der vergebliche Suche nach Trost. Er befindet sich mitten in seiner Geschichte, ohne dass eine Auflösung in Sicht ist, was den einen ganz speziellen Ausreißer auf „Homegrown“ sogar faszinierend klingen lässt. „Florida“ ist ein Wortgeflecht, leicht bekiffter Bewusstseinsstrom: Young erzählt entweder einen Traum oder eine Erinnerung an einen Vorfall, bei dem ein Drachenflieger in ein Gebäude stürzt und eine Frau ihn wegen eines gestohlenen Babys konfrontiert, wobei er nur von dem Geräusch begleitet wird, wie jemand mit dem nassen Finger am Rand eines Glases entlang fährt. Der Track bricht abrupt ab. Man bleibt zurück, und versucht, dem Ganzen einen Sinn zu geben – was Youngs konstanter Zustand auf diesem Album gewesen zu sein scheint. Und jetzt, im Rückblick, ist es doch ein beeindruckendes, ungewöhnlich lebendiges Album – „a breathing thing“, als hätte sich in Gegenwart der Band manche Erstarrung gelöst. (Das rein solistische Pendant, auch erst vor einiger Zeit aufgetaucht, heisst „Hitchhiker“, nicht minder fesselnd, und noch eine Spur intimer.) Und so befindet sich der Hörer in eine Musik, die wie ein Bindeglied erscheint zwischen „Harvest“ und „Comes A Time“. Und etwas seltsam Tröstliches verströmt, in aller Verlorenheit.
(Michael W. und Michael E.)