Es ist in diesen Tagen nicht ratsam, unter Leuten zu sein. Die beste Möglichkeit, der Info-Hölle zu entkommen, besteht für unsereins in den geliebten Radtouren, schnurstracks aus der Stadt raus und die Lungen durchgepustet. Auch das Hirn wird dabei frei, ein immer wieder verblüffender Szenenwechsel findet statt, auch mental. Es ist überliefert, dass der Verlust einer positiven Lebenshaltung jeglichen Heilungsprozess blockieren kann und auch für das Immunsystem nicht gut ist. Wir setzen also weiterhin auf Altbewährtes und sind dankbar für die segensreiche Medizin, die Wissenschaft und ein freiheitliches politisches System, in denen Räte sowenig zu sagen haben wie Nazis, Katholiken und Kommunisten. Aber die Horrormeldungen nehmen derzeit überhand und unsereins schätzt gerade in dieser Zeit die Flucht in erbaulichere Gefilde, wie Netflix, YouTube oder die Mediatheken. Dort kann man frei wählen. Wie neulich der Besuch beim ZDF, was selten vorkommt, sich entgegen irreführender Falschmeldungen aber lohnte. Die Rede ist von „Unterleuten“, jener Literaturverfilmung eines Romans von Juli Zeh, die hellwach, redegewandt (wie Precht) und voll auf der Höhe der Zeit ist. Das schlägt sich in den Dialogen merksam nieder: ein subtiler, aktueller Sprachwitz begleitet das auch visuell ansprechende Geschehen, zudem eine ruhige, entspannte, schwarzhumorige Erzählweise, die mich teilweise an Rainer Werner Fassbinder erinnerte. Ein jeder mag für sich entscheiden, mir jedenfalls hat es Spass gemacht: der Schauspieler und des Drehortes wegen, und weil dort die brütende Hitze des Hochsommers weilte (goldene Kornfelder, verschwitze Körper, sanfte Brisen). Nun mag ja das Buch noch differenzierter sein als die Verfilmung, aber diese verflixte Romanlesephobie älteren Datums führt mich stets vorzugsweise zu Netflix. Anderen geht´s ähnlich, man frage beispielsweise Sybille Berg. Wie dem auch sei, ich fand es gut: Danke dem ZDF, der Autorin, dem Regisseur Matti Geschonneck, den beteiligten Schauspielern. Besonders gefallen hat mir übrigens Anne Pilz, die karriereorientierte Angestellte der „Vento Direct“ aus Hannover. Auch das: rein subjektiv.