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2019 26 Sep

Zwei Brüder

von: Jochen Siemer Filed under: Blog | TB | Tags:  | 2 Comments

 

Der Vater war Zirkusartist gewesen, hatte mit seinem Bruder in jahrelangem Training einen Trick geübt, bei dem der eine mit dem Kopf kopfüber auf dem Kopf des anderen stand, ohne Halterung oder Hilfsmittel, damit reisten sie dann um die Welt. Der ältere Sohn war sehr sportlich und dachte zunächst auch an den Beruf des Artisten, dem vierzehn Jahre jüngeren wurde dieses schlicht verboten, er bekam stattdessen sehr früh Klavieruntericht. In Leipzig geboren, schlugen beide irgendwann die Musikerlaufbahn ein, der eine mit der Klarinette, der andere mit dem Saxofon und dem Klavier. Die Mutter war Jüdin, ein Teil der Familie kam in Theresienstadt um. In der DDR wurde dem Klaviervirtuosen staatliche Anerkennung zuteil, die es ihm ermöglichte, in Wien ein Konzert zu geben. Als die Herren ihn dort in Empfang nehmen wollten, erschien er aber nicht, denn dieser Auftritt war als Möglichkeit zur Flucht geplant. Es folgte eine internationale Karriere mit vielen Stationen, auch für den Älteren. New York, Los Angeles, Paris, der Jüngere hatte zeitweise auch Gefallen an der Rockmusik. Charakterlich sind beide sehr unterschiedlich, insofern bietet das anderthalbstündige Filmporträt auf 3Sat, von Stephan Lamby erzählt und gefilmt, nicht nur hervorragende Zeitgeschichte und konzertante Köstlichkeiten, sondern auch eine intime, tiefgehende, hochinteressante Charakterstudie. Es sind die Brüder Kühn, die man auf diesem Wege näher kennenlernen darf.

 

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2 Comments

  1. Rosato:

    Ein hinreißender Nicht-nur-Musik-Film. Ich habe den beiden Brüdern bis dato kaum zugehört. Es ist etwas nachzuholen …

  2. Michael Engelbrecht:

    Dazu eine kleine Erinnerung


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