Manafonistas

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2019 1 Jun

Eins Sechs Neunzehn

von: Uwe Meilchen Filed under: Blog | TB | 2 Comments

Wenn ich zu Moment und Erlebnissen zurückkehren möchte, dann sind es auch die Momente, als Fernsehen und auch Kinofilme für mich noch frisch, aufregend und neu waren. Als sich Bildeindrücke in die Netzhaut einbrannten und einen noch lange danach beschäftigten.

Das zerschnittene Auge von Bunuel, die von Dali gestaltete Traumsequenz in Hitchocks „Spellbound“, die Edgar Alan Poe Verfilmungen von Roger Corman mit Vincent Price, in denen er in seiner Rolle langsam, aber sicher in den Wahn abdriftete – vorzugsweise kurz vor Mitternacht beginnend (wg. FSK 18 im Fernsehen!), bis früh in die Nacht gesehen und erschlagen dem Filmende entgegen gefiebert. (Es wäre eine eigene Untersuchung wert warum einen spät abends genossene Filme mehr mitnehmen als tagsüber angeschaute !). Restpartikel der Filme waren am nächsten Morgen immer noch im Kopf und hinter den Augen.

Oder all die früher in den dritten Programmen gezeigten Schwarz-Weiss-Filme aus den 1950igern, Thriller zumeist; und vorzugsweise mit Untertiteln, die man so gut mit herunter gedrehtem Ton  bei der familiären Nachtwache im Wohnzimmer anschauen konnte, ohne jemanden spätabends zu stören!

Diese Liste könnte ich noch fortsetzen; nicht ins Unendliche – aber der eine oder andere bedenkenswerte Kinomoment wäre noch zu nennen.

Aber all das war einmal. Und irgendwie ertappe ich mich immer mehr dabei, dass an diese Momente nicht mehr viel heranreicht. Für mich zumindest; es mag ja sein dass mir da zwischen dem ganzen Kommerzmüll im Kino die eine oder andere Sternstunde entgeht. Oder bei den immer unübersichtlicher werdenen Flut von Serien auf DVD und Blu Ray.

Oder bin ich irgendwo stehen geblieben und kultiviere nur noch das Hochhalten meiner Erinnerung daran, als Kino noch nicht ausschliesslich aus Plastikverfilmungen mit dem ewig gleichen Superhelden und der x-ten Neuverfilmung halb vergessener, aber erfolgreich gewesenen vorherigen Verfilmungen gewesen ist? Ist es Übersättigung? Kapitulation vor der Bilderflut? Und war die heute mühevolle Suche nach Perlen früher einfacher? Alles ’ne Spur übersichtlicher?

Die Zeiten, in denen z. B. Julian Schnabels „Van Gogh“ mit William Dafoe nicht nur in entlegenen Programmkinos — also unter dem Radar — anzusehen ist, die sind endgültig vorbei.  Man mag es bedauern, leugnen lässt es sich nicht.

Am vergangenen Wochenende entdeckte ich diesen Film in einer Ankündigung eines Dorfkinos in Hasefeld, und ich wäre gerne noch länger dort vor Ort geblieben, nicht nur wegen dieses Filmes; auch weil der Samstagabend so wohltuend war.  Das Kino dort war in einer Gaststätte mit Kegelbahn untergebracht. Schön, wenn solche Einrichtungen so etwas Programmkino-artiges weiterhin anbieten. Denn manche Filme muss man halt im Kino gesehen haben. Und sich erinnern wie es einmal war: Those were the days, my friend.

This entry was posted on Samstag, 1. Juni 2019 and is filed under "Blog". You can follow any responses to this entry with RSS 2.0. Both comments and pings are currently closed.

2 Comments

  1. Michael Engelbrecht:

    Kann ich sehr gut nachempfinden.

    Bis auf den Kulturpessimismus.

    Aus meiner Sicht ist dies eine feine Vignette zum Ende der Kindheit.

  2. Jan Reetze:

    „Übersättigung“ trifft es ganz gut. „Ich empfehle Klangdiät“, hat Ralf Hütter vor vielen Jahren mal gesagt. „Erst dann wieder eine Platte hören, wenn sich eine Staubschicht auf dem Plattenspieler angesammelt hat.“

    Ich denke nur immer, es muss diese 90 Prozent Schrott geben, damit auch die 10 Prozent entstehen können, die es wert sind, sich damit zu beschäftigen.

    In der Nacht ist die Welt übrigens nicht dieselbe wie am Tag. Das fand ich schon immer.


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