Zu meinen Lieblingsplatten aus der Rubrik „field recordings“ zählt die Schallplatte „Trains in the Night“, auf der sympathische Verrückte im Morgengrauen mit ihren Mikrofonen den Dampflokomotiven auflauern wie einst Räuber im Wilden Westen den Postkutschen. Als kleines Kind liebte ich den Sound der alten Loks, und hörte sie, wenn ich bei der Grossmutter war, vom Bahnhof gegenüber, tief im Essener Westen. Für alle, die Zügen gern hinterherschauen, und ein Herz für „steam engines“ haben, oder die keuchenden Weisswolkenfabrikanten gerne als Zeitreiseportal nutzen, habe ich eine besondere Filmkiste zur Hand. British Transport Films, 1949 aus der Taufe gehoben, sollte die Tugenden des neuen britischen Transport-Netzwerkes ins allgemeine Bewusstsein heben. So entstanden, über Jahrzehnte, kleine Reisefilme und Kuriositäten, die ihren Weg ins Vorprogramm der Lichtspieltheater fanden. Niemand anderes als John Schlesinger gab bei der BFI sein Debut als Regisseur, und heimste mit „Terminus“ (1961) gleich mehrere Preise ein – 24 Stunden Waterloo Station, keine Erzählung, Fiktionales und Reales brilliant verwoben, ein Traum. Wir rasen und schleichen durch die Jahrzehnte, eine wunderbare Art, die Vergänglichkeit unseres Lebens in einen Leinwandrausch zu verwandeln. Nicht alles dreht sich um Züge. „They Take the High Road“ fängt die kurvenreichen Wege alter Lastkraftwagen durch die schottischen Highlands ein, und ich spürte sanftes Wirbelschauern, als ich meinte, eine Strasse zu erkennen, auf der ich vor Jahr und Tag mit einem geliehenen Land Rover rumkurvte. Bestimmt eine Halluzination. Die Naturfilme aus Wales und Northumberland sind unsentimental – das Träumen erledigen wir Zuschauer ganz allein. An anderer Stelle tauchen Schulkinder, Sonnenbadende und Nonnen auf, keiner fühlt sich beobachtet, als die Kameras auf ihnen ruhen. Das unverfälschte Leben, sozusagen. Bewegend in aller Stille und Ruhelosigkeit. Eine bezaubernde Anthologie.