Manafonistas

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2018 13 Jun

Das Hotel am Bahnhof von Garmisch-Partenkirchen

von: Michael Engelbrecht Filed under: Blog | TB | Comments off

Es war eine Nacht lang meine Verbindungsbrücke zur Welt und heisst „Vier Jahreszeiten“, was ein kleiner Scherz und doch wahr ist. Von dem berühmten Hotel gleichen Namens hat es immerhin den vollkommen verblichenen Abglanz einer alten Ära übernommen. Da schwirren ja überall Trachtenmädels herum in der Stadt, der Lokalkolorit kann gnadenlos sein, von alten Männern mit grosser Vogelfeder im Hut ganz zu schweigen. Ich kann auch meine Geschichten von Hotels erzählen, ähnlich, wie es, in der Nacht zum Samstag, in den Klanghorizonten, Father John Misty und Ketil Bjornstad angehen. Wenn es nicht um Begegnungen mit Unbekannten geht oder Liebesrauschnächte, ist das Hotel ein guter Ort, das Alleinsein zu kultivieren. Der norwegische Pianist hat diese Lektion gelernt, von seinem alten Freund Terje Rypdal, wie man in solch fremden Räumlichkeiten aufschlägt, in dem man das Persönlichste (Musik, Bücher etc.) sofort nach Betreten des Zimmers um sich ausbreitet. Habe ich in den „Vier Jahreszeiten“ auch gemacht. Nicht zuletzt das Booklet von Bjornstads „A Suite of Poems“. Der Raum mit seiner hohen Decke und der Bahnhofsnähe brachte frühe Kindheitserinnerungen zum Vorschein. Asthma in Bad Gastein, Gespenster unter dem Bett. Erste Fahrstuhlfahrten. Viele alte Fahrstühle sehen aus wie Särge aus den Fünfziger Jahren. Beengt und schmucklos, Rumpelsärge. Guter Humor ist stets gefragt, in Garmisch wie in New Orleans: „It’s brass band in the bathtub / It’s the devil in the minibar / It’s voodoo in the wall / I think I’ll call it a day.“ (Lars Saabye Christensen)

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