Manafonistas

on life, music etc beyond mainstream

„All the world is football-shaped“: das war eine Zeile, wenn ich mich recht erinnere, aus dem Song „Senses Working Overtime“ der Band XTC aus alten New Wave-Zeiten. „English Settlement“ heisst das zugehörige Doppelalbum, das ich neben „Mummer“ zu meinen Favoriten der Band aus Swindon zähle: Steven Wilson möge sich bald an einen Remix machen, ich möchte es gerne als „Sensurround“ hören, wie morgen Abend, wenn „Sensurround“ sowieso den Sound angibt, in Berlin die Welle durchs grosse Rund geht, Applaus aufbrandet, mein Ballspielverein Borussia den Pott in den Pott holt, und Klopp sein letztes Dortmunder Fussballmärchen auf dem Laster am Borsigplatz erlebt.

Ansonsten würde mich der kleine Fussball-Blues beschleichen, aber das ist Blues auf hohem Niveau, was haben die andern Manafonistas für Spannungskurven hinter sich: Wolfram und Gregs zitterten sich (der eine stoisch, der andere erhitzt) zum Klassenerhalt, Lajla verpasste mit den „roten Teufeln“ den Aufstieg, von Jans Fussballlust ist mir nichts bekannt – er hätte derzeit mit dem HSV, nach dem 1:1 daheim gegen Karlsruhe in der Relegation, auch wenig zu lachen.

Aber das sind natürlich alles Marginalien gegen die kriminelle Brut der FIFA, die wohl nun, allen jüngsten Verhaftungen, aller Doppelmoral der UEFA, allen zwischen zwei Buchdeckeln abgelieferten Enthüllungen Thomas Kistners zum Trotz, diesen peinlichen Seppel Blatter wieder als kleinen Kaiser im Amt bestätigen wird. Gerontokratien haben eine lange Tradition in Weltsportverbänden, und die Staffelstäbe der Korruption werden in aller Regel durchdacht von Generation zu Generation übergeben.

Zur Erinnerung: Blatters Präsidentschafts-Vorgänger Joao Havelange und dessen ehemaliger Schwiegersohn Ricardo Teixeira kassierten offenbar Millionen an Schmiergeld für WM-Marketing-Deals mit dem Vermarkter ISL. Blatter wurde von allen Verdächtigungen freigesprochen, obwohl er 1997 als Generalsekretär eine Zahlung an Havelange von 1,5 Millionen Schweizer Franken persönlich zurücküberwiesen und somit offenbar zumindest Kenntnis vom System hatte.

Das war bei Havelange der modus operandi, und gewiss gilt es in Zukunft (und Gegenwart) auch Michel Platini und Thomas Bach auf die Finger zu schauen. Platini ist sowieso schon eine zwielichtige Figur. Die Unmoral von der Geschichte: das Grinsen der geldgeilen Narren wird immer breiter; mit ihrer Gier werden die meisten durchkommen, bis ihnen, kurz vorm Ende, in luxuriösen Residenzen, die letzten Dollars in den Arsch geblasen werden. Da ist es doch viel schöner, sich mit Fussballmärchen zu befassen, auch wenn sie dann gar nicht stattfinden.

This entry was posted on Freitag, 29. Mai 2015 and is filed under "Blog". You can follow any responses to this entry with RSS 2.0. Both comments and pings are currently closed.

5 Comments

  1. Wolfram Gekeler:

    „Stoisch zittern“ – das ist eine nette Umschreibung der Parkinson-Differentialdiagnostik, bei der man sich allerdings zwischen P.tremens und dem Rigor entscheiden muss.

  2. Michael Engelbrecht:

    Interview: Sieben Jahre mit Jürgen Klopp | BVB total!

  3. Uwe Meilchen:

    Nur noch am Rande belustigend ist auch wie sich nun unser Innenminister De Maizière aeussert: der Fifa-Skandal macht ihn „schier fassungslos“ – als Innenminister ist er auch fuer den Sport zustaendig und kann nun natuerlich auftrumpfen. Die Chance kommt, was oeffentliche Diskurse in den Medien angeht, momentan fuer die CDU nicht sehr oft. Und dererlei Wortgirlanden richten ja auch nicht viel aus, aendern extrem wenig und verpuffen natuerlich auch sofort wieder.

    Ich wuerde es begruessen, wenn unser Innenminister seine Fassungslosigkeit einmal auf andere, naheliegendere und auch sein ureigenes Ressort betreffende, nun Scheibchen fuer Scheibchen ans Licht der Oeffentlichkeit dringende verschwiegene Wahrheiten ausdehnen wuerde: ganz recht, ich meine das sagenumwobene „No Spy“ Abkommen, das nie war, nie zustande kommen sollte (wie wir jetzt wissen und eh nie geglaubt haben) und auch nie sein wird.

  4. Jan Reetze:

    Micha, meine Fußballlust hält sich im Rahmen. Ich krieg’s mit, aber das ist es dann im wesentlichen, und wenn schon, dann bin ich eher St.Pauli als HSV-Fan. Im amerikanischen TV gibt es Soccer nur in Ausnahmenfällen (und solange die FIFA keine Spielpausen für die Bierwerbung zulässt, wird sich das nicht ändern), und die Fußballspiele in den ARD- oder ZDF-Mediatheken sind meist geogeblockt. Mich würde auch viel mehr Snooker interessieren, aber das gibt’s hier auch nicht …

    Zu der FIFA-Geschichte fällt mir noch ein: An Korruption ist nicht nur schuld, wer die Hand aufhält, sondern auch, wer Geld hineinlegt. Das sind in Deutschland u.a. die Öffentlichrechtlichen, wenn ich nicht irre …

  5. Uwe Meilchen:

    In der „taz“ von heute ist eine Karikatur die einen Fussballfan zeigt der von der Polizei nach dem Kauf eines tickets fuer die WM festgenommen wird, Grund: durch den Kauf unterstuetzt er eine kriminelle Vereinigung. ;-D


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