Manafonistas

on life, music etc beyond mainstream

2014 21 Jul

Die Tortur de France

von: Lajla Nizinski Filed under: Blog | TB | 7 Comments

Ganz Belgien jetzt im Fussballfieberersatz: Eddy Merckx, der Baron muss her – jetzt schon auf der Königsetappe, hinter ihm das Lügenpaket Lance Armstrong auf gleicher Höhe mit Jan Ullrich, die besten 4 bereits ausgeschieden. Eddy ganz stark in den Pedalen, hinauf zum Port de Balès, dort wartet die beste Bergewertung. Eddy weiß nicht, dass der 14. Juli längst vorbei ist, er weiß nur: noch 2 Tage bis Buffalo.
Er setzt zum Flug über die Felder an, Kühe versperren ihm den Weg, egal, Eddy zieht sich an ihren Schwänzen hoch, fühlt sich wie der Königssohn an Rapunzels Haar, rollt über ihre Rücken, bleibt mit seinem gelben Trikot am Horn eines Viehs hängen, reißt sich los, zerrt das schweißnasse Trikot über seinen erhitzten Kopf, schleudert es nach hinten, wo zum ersten mal ein Chinese auffährt.
Eddy blutet an der linken Schulter, seine Beine krampfen, er spürt nichts außer den Wunsch, auf den einzig wahren Champs zu siegen. Das gepunktete Trikot mit der roten Rückennummer klebt an seinem Körper wie eine 2. Haut. Wer trägt das weiße? Kittel! Wer ist Kittel? Nur noch 2,3 Sekunden bis zum Arc de Triomphe. Eddy reißt die Arme hoch, jetzt ist er überglücklich.
Le jour de gloire est arrivé.

Das wahre Ende der Tour de France ist am 27.7.2014.

This entry was posted on Montag, 21. Juli 2014 and is filed under "Blog". You can follow any responses to this entry with RSS 2.0. Both comments and pings are currently closed.

7 Comments

  1. Uwe Meilchen:

    2004 kam die Dokumentation „Hoellentour“ von Pepe Danquart ueber die „Tour de France 2003“ heraus. – Natuerlich mussten wir dann hinterher „lernen“ wer vom deutschen Team — auf den diese Doku sein Hauptaugenmerk richtet — alles gedopt war! — Nichtsdestotrotz ist „Hoellentour“ auch heute noch sehenswert; die Strapazen und die Historie der Tour de France sind sehr realistisch (Handkamera!) eingefangen.

  2. Henning Bolte:

    Das Bescheissen war von Anfang an fester Bestandteil der Tour. Schön wär’s, das mal alles trocken zusammenzutragen (gibt’s auch viel zu lachen dabei) und sich ruhig zu vergewissern, dass Bescheissen und Beschissenwerdenwollen Teil der condition humaine ist. Kommt es durch die Spannung oder wird die Spannung erst durch den Beschiss erzeugt?

  3. Jan Reetze:

    Ich empfehle „Giro d’Italia – die härteste Show der Welt“ (1975) von Michael Pfleghar (ja, der!). Die beste Radsportdoku, die ich je gesehen habe. Leider ist der Film ganz schwer zu finden, da nicht auf DVD erschienen. Man kann da eigentlich nur auf Spätnachtswiederholungen in irgendeinem Dritten hoffen.

  4. Gregor:

    … und ich war mal ein so großer Tour-Fan. Alles vorbei, die entsprechenden Seiten in meiner SZ werden schnell überschlagen, höchstens ein flüchtiger Blick, etwas traurige Erinnerung …

  5. Michael Engelbrecht:

    Bleibt ja noch der wunderbar absurde Zeichentrickfilm „Das grosse Rennen von Belleville“. Der Protagonist lebt mit seiner Oma und dem neurotischen Hund Bruno, der gerne Eisenbahnzüge verbellt, in einem kleinen Haus. Der Kleine ist radsportbegeistert und will zur Tour de France, unbedingt. Das wird dann tatsächlich eine Tour der Leiden, und der Anfang neuer Schrecknisse. Ein richtig düsteres Opus. Von wegen Kinderfilm :)

  6. Jochen:

    Tour de Faso ist mein velo-cinematografisches Etappenziel …

  7. Henning Bolte:

    haha, Afrika bleibt die ganz andere Welt, die ganz andere Erfahrung.


Manafonistas | Impressum | Kontakt | Datenschutz