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2013 9 Apr

Gregor öffnet seinen Plattenschrank (39)

von: Gregor Mundt Filed under: Blog | TB | 2 Comments

Nach dem Lesen des Aufsatzes von Diedrich Diederichsen über Paul Bley, Annette Peacock … in dem Katalog zur Ausstellung ECM — Eine kulturelle Archäologie, dachte ich so bei mir, du solltest doch mal wieder schauen, was es Neues von Paul Bley gibt. Und tatsächlich, eine ganz wichtige CD aus dem Jahre 2008 ist von mir nicht wahrgenommen worden, ihr Titel About Time.
 
 
 

 
 
 
Es handelt sich um ein Soloalbum, auf der der inzwischen achtzigjährige Bley nur zwei Aufnahmen veröffentlichte, das titelgebende Stück About time und die Sonny Rollins Komposition Pent-Up-House. About Time ist eine 33-Minuten Improvisation, bei der der Paul-Bley-Liebhaber voll auf seine Kosten kommt. Was für eine Musik! So spielt wirklich nur Paul Bley. Ja, und natürlich handelt About time von einem Lebensthema Bleys, der Zeit. In seiner Autobiographie schrieb Bley, dass er versucht habe, der langsamste Pianist der Welt zu werden. Das konnte ich in seiner Musik nie so recht nachvollziehen, allerdings ist er für mich der Pianist mit den längsten und sehr viel sagenden Pausen. Das kann man allerdings nun auch auf dem 33-Minuten-Stück About time wieder wahrnehmen. Hier hören wir langsame, zarte Spielphasen, aber auch höllisch schnell und manchmal sehr hart gespielte Aufbrüche. Öfter zitiert Bley sich selbst und man erkennt die eine oder andere bekannte Melodielinie. Insgesamt habe ich den Eindruck, dass Bley mit About time sein Lebenswerk ein Stück weit zusammenfasst: ein Meisterwerk. Konrad Heidkamp schrieb 1995 in der ZEIT über ihn: „Paul Bleys Handschrift ist unverkennbar: lyrisch, in sich versponnen, mit sparsamen Figuren der rechten Hand, mit harmonischen Zentren, mit Rhythmen, die sich verschieben. Ein Schweben entsteht, eine Offenheit, …“ Genau das ist auf About time wieder zu hören.

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2 Comments

  1. Michael Engelbrecht:

    Und anlässlich der jüngsten Brooklyn-Jazz-Reportagen bzw. Gregors kleiner Paul Bley-Recherche fallen mir zwei Platten ein, die beide Musiker in einem Studio vereint, FRAGMENTS und THE PAUL BLEY QUARTET. Bei beiden vorzüglichen ECM-Scheiben waren der Dritte und Vierte im Bunde John Surman und Bill Frisell.

  2. Henning:

    Ja, schoen dass Du Paul Bley einbringst! Er ist geradezu ein klanglicher Parfumeur. Als Gespraechspartner hatte er es in sich. Bei naechster Gelegenheit was dazu. Es waere vielleicht interessant, ein paar grosse Pianisten diese Kalibers in Kurzform mit ihren Spezifitaeten vortreten zu lassen.


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