Manafonistas

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Jeff Lynne verhalf dem Kitsch im Pop zu einsamen Höhen. Sein Electric Light Orchestra taugt bis heute, um alles Wichtige zu erfahren über falsches Pathos, Überproduktion und sinnfreies Schwelgen. Pop als vakuumverpackte Reinlichkeit. Mit den Traveling Wilburys ging es dann mit viel weniger Zuckerrand zur Sache. Aber Lynne hatte es sich eingerichtet in seinem schaurigen Wohlklanglabor, schlicht ignorierend, dass die allerfeinste Melodie den Bach runter geht, wenn zuviel Kirmes und Zuckerwatte im Spiel ist. Seine Harmonien im Fahrwasser der Beatles waren und blieben erfolgsverwöhnter, jedoch hochtrabender Abklatsch, gern ausgesucht von zweitklassigen Regisseuren zur Fütterung der Emotionen in zweitklassigen Filmen. Nun aber hat sich Jeff Lynne erinnert an alte Lieder aus dem Radio, die er in den 50er Jahren und in den frühen 60ern hörte, bevor die Welt farbig wurde. „Running Scared“ ist dabei, von Roy Orbison, „Smile“ von Charles Chaplin. Und er hat diese Songs,  die leicht ins Ohr gehen, neu vertont, auf seinem Album „Long Wave“, dabei den ELO-Faktor auf ein Minimum reduziert: Lieder in Schwarzweiss mit feinsten Abstufungen in Grau. Ja, alles Fett ist aus diesen Darbietungen, die im Schnitt gerade mal gut zwei Minuten dauern, gewichen. Solch eine Spielart der Sentimentalitat ist eine freudvolle Angelegenheit, schauen Sie nur auf das Cover: alle Farbe ist auch hier aus dem Bild verschwunden,wie aufgesogen vom Nebel: als hätte man eine Geisterstadt des Wilden Westens ins Londoner Eastend transportiert. Vielleicht kommt gleich noch, bevor das letzte Lied verklingt, der Beatles-Bus der „Magical Mystery Tour“ vorbei, sammelt den vor der Tür lungendern Jeff Lynne ein, und verschwindet hinter der Kurve auf Nimmerwiedersehen. Das Ende einer Ära.

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