Die kleine Souterrain-Wohnung, die ich für ein paar Wochen bezogen habe, gibt den Blick frei auf weite grüne Felder. Wenn ich am Gartenzaun stehe, und eine Kuh mich mit großen Augen anblickt, muss ich Kind der Stadt unweigerlich an das Cover der Platte mit der Kuh drauf denken. Ich habe sowieso nur wenig Musik dabei, und ziehe mir derzeit einige Sachen aus dem Netz. Morgen dürfte über Nacht via iTunes Banga eintreffen, das neue Album von Patti Smith. Nicht dass ich den großen Wurf, das späte Meisterwerk, erwarte, einen Song gibt’s zum Geburtstag ihres Kumpels Brat Pitt – na großartig. Aber ich mag die Frau, und die Stimme, und freue mich auf zwei, drei Lieder, den Soundtrack für einen verregneten Nachmittag, und die nun anstehende Schafskälte. Parallel dazu werden die Americana von Neil Young und Crazy Horse eintreffen, da werden uralte Lieder aus dem ururalten Amerika weitgehend gegen den Strich gebürstet, und mit der Ursuppe der Rockmusik angereichert: auf solch verzerrungsfreudiges Gebratze versteht sich die Band bestens. Clementine ist auch dabei. Das Lied kennt jeder, zum Beispiel erklingt es, wenn Gary Cooper am Ende des Klassikers 12 Uhr Mittags aus der Stadt reitet. Nun, auch dieses Album wird nicht zu den großen Werken von Neil Young zählen, aber ich vertraue mich gerne dieser in die Jahre gekommenen Stimme an – Typ: krächzender Rabe, und dem wütenden Heulen der Gitarren. Und als Fan großer alter Schwarzweisswestern (ein Überbleibsel aus der Kindheit) werde ich, tief in der Nacht, die Kuhweide überqueren, zur Stallung der Pferde gehen, und das wildeste Pferd zureiten, bis es mit mir am Fuß der Blauen Berge verschwindet.
P.S. Am Tag darauf ist die Ware eingetroffen, und ich habe meine Freude an der Musik von Neil und Patti. (s.a die Besprechung von Banga in der SZ vom Freitag, dem 1. Juni, und die Review in The Guardian (comments). Neil Youngs Album ist aber nur für eingefleischte Fans. Trotz zarter Momente ist die Musik für den Aussenstehenden ein wenig monoton und einfarbig. Ich mag die Energie.