Manafonistas

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2012 7 Mai

Gregor öffnet seinen Plattenschrank (17)

von: Gregor Mundt Filed under: Blog | TB | 2 Comments

Ein Gang zum Plattenschrank, Buchstabe `W´, dann einfach mal alle CDs und Platten von Robert Wyatt herausgenommen, auf den Tisch gelegt, eine Flasche `Domaine des Thermes 2004 rot Cuvée spéciale Dothi´ geöffnet, ein Glas eingegossen und der Abend kann beginnen, der Abend mit Robert Wyatt.
Der am 28. Januar 1945 in Bristol geborene Wyatt hatte vor seinem furchtbaren Fenstersturz, in dessen Folge er querschnittsgelähmt neu mit dem Leben zurecht kommen musste, bereits eine beachtliche Karriere hinter sich, aber, was der Musiker ab 1974 an Musik schuf, das ließ ihn zu einem meiner am meisten geschätzten Musiker werden.
Und natürlich eröffne ich den Abend mit der Platte, die nach seinem Unglück die erste war, die er veröffentlichte: Rock Bottom, inzwischen ein Klassiker und für mich immer noch seine beste Platte. Das Stück Little Red Riding Hit The Road reißt uns mit in schwindelnde Höhen, stellenweise weiß man nicht, läuft die Platte nun vorwärts oder rückwärts.
1974, am 8.September, gab Wyatt ein Konzert mit Freunden, Fred Frith war dabei, Mike Oldfield, Julie Tippets und viele andere. 2005 erschienen Teile des Konzerts auf CD, die Qualität der Aufnahme lässt allerdings alle Wünsche unerfüllt, deshalb greife gleich zur nächsten Veröffentlichung Wyatts und das war Ruth is stranger than Richard aus dem Jahre 1975. Kein anderes Stück als das wunderschöne Solar Flares wird aufgelegt.
Sieben Jahre mussten seine Fans auf ein weiteres Lebenszeichen des Meisters warten und dann erschienen gleich zwei Werke im Jahre 1982, nämlich der Soundtrack zu The Animals Film und Nothing can stop us. Letztere Schallplatte wird aufgelegt, eine Sammlung hochpolitischer Lieder, eine weitere Besonderheit: fast nur Fremdkompositionen. Ich höre Red Flag und natürlich die bewegende Version von Strange Fruit.
 
 
 

 
 
 
Weitere vier Jahre sollte es dauern bis galt, ein neues Meisterwerk zu feiern: Old Rottenhat! Drei Stücke wähle ich aus, das umwerfende Instrumentalstück Speechless, dann The Age Of Self und das Schlaflied für Alfie P.C.A.
Dondestan wurde dann 1991 veröffentlicht – ich lege das Stück Costa auf – , meine letzte SCHALLPLATTE, die ich von Robert Wyatt kaufen konnte, danach war der schmerzhafte Wechsel auf CD durch die Industrie perfekt vollendet worden, das nächste Wyatt-Werk sollte nur noch als CD erscheinen, es war die Mini-CD A Short Break, von der ich Unmasked höre.
 
 

 
 
Mit der 1997 veröffentlichten CD Shleep arbeitet Wyatt wieder vermehrt mit befreundeten Musikern zusammen. Im beiliegenden Text zur CD schreibt Wyatt: „ Also, I was really lucky that a few really classy musicians were able to come along and blow some fresh wind into my sails: old friends like Annie Whitehead, Evan Parker, Brian Eno an Plil Manzanera himself, and new friends like Gary Azukx, Chucho Merchan and Paul Weller. I already had Chikako Sato on tape with Philip Catherine for a project that Jo Bogaert began in Belgium….“ Ein weiteres überragendes Meisterwerk! Ich muss natürlich zunächst das Philip Catherine-Stück Maryan hören. Ursprünglich lautet der Titel Nayram und erschien auf einer meiner Lieblingsplatten von Catherine, die er 1974 mit Palle Mikkelborg, Jasper van´t Hof, John Lee, Gerry Brown und Charlie Mariano aufgenommen hatte: September Man. Auch von dieser CD mag man sich nicht trennen, ein Stück sei noch erlaubt: Blues in Bob minor, diese Musik erinnert denn doch sehr an Rock Bottom.
Weitere fünf Jahre mussten wir auf Cuckooland (2003) warten. Wieder waren Brian Eno und Annie Whitehead dabei, erstmals auch  Carla Bleys Tochter Karen Mantler. Von dieser ziemlich jazzigen Platte höre ich Forest und Lullaby for Hamza.
2007 wurden Roberts Fans mit COMICOPERA überrascht, eine Oper in drei Teilen: Act one: Lost in noise / Act two: The here and the now / Act three: Away the fairies. Alte und neue Freunde sind wieder dabei, zu den neuen zählt Anja Gabarek, mit deren wunderschönen Stay Tuned Wyatt die CD eröffnet (Stay tuned erschien 2001 auf Smiling and Waving und auf dieser Platte wirkte wiederum Robert Wyatt mit und übrigens auch Mark Hollis). 2010 vöffentlichte Robert Wyatt sein bisher letztes Werk For the Ghosts Within, aber das ist eine andere Geschichte, die Weinflasche ist ohnehin leer.

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2 Comments

  1. Michael Engelbrecht:

    Herzöffnermusik.

    Lebensbegleitende Singstimme (krächzt und schwingt sich auf)

    Leave-the-cage-music….

  2. Nashorn:

    Ein ausführliches Interview (109 Minuten), in dem Mr. Wyatt ein paar seiner Stücke selbst kommentiert, gibt es hier zu hören: http://thewire.co.uk/articles/8909/
    Es lohnt sich.


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