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2012 14 Mrz

Meine 12 wunderlichsten Interviews

von: Michael Engelbrecht Filed under: Blog | TB | Comments off

Demnächst werde ich hier, in den kommenden Monaten,von meinen seltsamsten, anrührendsten, verrücktesten Begegnungen/Interviews mit Musikern und Musikerinnen berichten, in denen das Ambiente incl. Situationskomik und Surrealitat mindestens so auffällig waren wie die erzählten Geschichten. Hier schon mal, als Sprungbrett für die Erinnerungen, die Liste mit den Namen und Orte meiner Top 12:

12) Astor Piazolla, Köln, ca. 1996
11) Susan Deyhim, CheCooLala, Dortmund, 1988
10) Wayne Coyne, Köln, 2001
9) Phil Manzanera, London, 2005
8) Kammerflimmer Kollektief, Karlsruhe, 2009
7) Jan Erik Kongshaug, Rainbow Studio, Oslo, ca. 1996
6) Pierre Favre & Tamia, Paris, 1994
5) Robert Wyatt, Purcell Room, London, 2003
4) Mark Hollis, Angel Station, London, 1990
3) Brian Eno, Maida Vale, London, 1993
2) Paul Giger, Appenzeller Hinterland, 1989
1) Steve Tibbetts, Minneapolis, 1989

 

Die „Mutter aller Begegnungen“ führt natürlich, wie so oft, in die Adoleszenz, und in diesem Fall, nach a : In Harry J´s Kingston Studio an einem heissen Nachmittag Ende September 1972 hereinzuspazieren, an dem Abend, als The Wailers “Slave Driver” aufnahmen, bedeutete gleichsam, ein neues musikalisches Universum zu betreten. Ich war noch grün hinter den Ohren, und hatte über meine erste Freundin, die 15 Jahre älter war als ich sowie Hard Core-Verfechterin von Patchouli und Haschisch, ein Flugticket bekommen, das mich nach einem langen Trip voller aufregender erster Eindrücke, in einem zerbeulten Taxi in 10, Roosevelt Avenue, Kingston, Jamaica, ablieferte.

Meine Jeans waren voller Staub, die Wasservorräte gingen zur Neige, Jane war natürlich schon vor Ort, und stellte mich dem englischen Journalisten Richard Williams vor, eine Legende schon damals (wie ich später erfuhr). Ich ahnte ja nicht, dass ich hier einem Stück Musikgeschichte beiwohnen sollte, der Produktion der Urfassung jenes Albums, das Bob Marley & The Wailers in Windeseile zu einem der ersten “Third World-Helden” der Rockhistorie machte. “Catch a Fire” wurde bald in einem Atemzug genannt mit Stevie Wonders “Talking Book” oder Marvin Gayes “What´s Going On”.

Bis dahin hatten sich die meisten meiner bewusstseinsverändernden Erfahrungen auf einem ramponierten Plattenspieler von Dual abgespielt, und meine kurzen England-Trips, auf denen ich Atomic Rooster, Fleetwood Mac und Steamhammer (letztere im Londoner Marquee Club, verraucht, laut, unfassbar) erlebte, hielten sich in Grenzen. Aber ich zehrte natürlich davon, und Jane hielt mich mit meinen 17 Lenzen für einen Teenager mit Potential.

Ganz legal war weder unsere Beziehung noch der Drogenvorrat, den sie später in einem Spezialfach durch sämtliche Flughafenkontrollen schmuggelte. Dank Bunny Livingston (der spielte Congas und Bongos bei den Wailers) wurde ich mit einer ganzen Sammlung der jamaikanischen Ganja-Kultur vertraut gemacht, und ich erlebte Songs wie “Stir It Up” durch einen fein gesponnenen Nebelschleier, an dessen Ränder die seltsamsten Farbeffekte aufblitzten. Wieso ich damals noch nicht den Entschluss fasste, Musikjournalist zu werden, wird mir immer ein Rätsel bleiben.

Wenn man so will, habe ich die ersten Interviews meines Lebens mit Peter Tosh und Aston Barrett gemacht, aber natürlich lief kein Bandgerät mit, und ich habe auch nicht viele Fragen gestellt, sondern bloß endlos  bedeutsame Ausrufe von mir gegeben wie “fantastic!!” oder “so groovy!!”. Ich war ziemlich stoned. Später zweifelten meine Studentenkumpels in Würzburg massiv am Wahrheitsgehalt dieser Geschichte (“wann kommt Jane denn Tarzan besuchen” war einer der Sprüche, die mir um die Ohren flogen).

Egal. Ich habe ja manchmal selber meine Zweifel, wenn ich die Musik auflege: Island Records brachte “Catch A Fire” 2002 in einer Deluxe-Edition raus, mit der lang vergriffenen Urfassung und der in den frühen 70ern in England erschienenen Ausgabe für den internationalen Markt. Ich habe mich nie an diesem Album sattgehört. Wenn Bob Marley wie in einem Mantra “400 Years, 400 Years …“ singt, verschwinde ich mitunter in der kleinen heruntergekommenen Küche in Harry J´s Kingston Studio, in dem Jane ein paar Spiegeleier brät und die Gänsehaut einfach nicht verschwinden will.

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