„Pluribus“ bedeutet viele, die Vielen (so zumindest meldet es das autobiografische Gedächtnis einem alten Lateiner) oder wie Hauptdarstellerin Rhea Seehorn alias Carol Sturka sie nennt: „The Others“, the afflicted. Die neue Staffel des Drehbuchautors Vince Gilligan folgt den bahnbrechenden Fernsehserien Breaking Bad und Better Call Saul. Hier steht aber nicht die Gewalt von Drogenkartellen im Vordergrund, sondern eine seltsame Veränderung der Menschen, denen die Individualität abhanden kam. Dies bietet eine Fülle von Assoziationen zur gegenwärtigen Lage: Propaganda-Medien, digitale Verdummung (der leider verstorbene französische Philosoph Bernard Stiegler nannte es die „Entropie durch den Gebrauch digitaler Medien“), sich einschleichende Gängelung durch Algorithmen. Der Drehort bleibt Albuquerque, in New Mexico gelegen, der an sich schon eine Show ist und auch sonst kommt das Sehvergügen (Thanks to tough Mrs. Seehorn!) nicht zu kurz. Gerade jetzt zur Winterszeit bietet also Pluribus auch eine günstige Alternative für all jene, die nicht den Flieger in die Karibik nehmen konnten, mittels Streaming-Abo doch noch dem Winterblues zu weichen. Auch zeigt sich wieder einmal der typisch-geniale und lang vermisste Gilligan-Witz, der in seiner eigenen Liga spielt. Erzählt wird nämlich nicht nur wie üblich eine Geschichte. Neben der Handlung mit Helden und Happy End (oder schlechtem Ausgang) sprechen nämlich hier erneut die Dinge für sich auf eine Weise, die auf das eigene Gehirn wie Dopamin wirkt. Staffeln wie Trüffel: auf das sie niemals enden mögen! Und so bleibt, ganz der zauberhaften Landschaft und dem weitem Lichthimmel von New Mexico angemessen, am Ende, wenn der Vorhang fällt und alle Fragen offen bleiben, mindestens Eines: gute Laune.
