Ist Magic Mike feministisch beziehungsweise allgemein gefasst: Erfüllen Filme über männliche Stripper und sonst wie käufliche Mannsbilder die in Stein gemeisselten Gebote und Vorgaben des emanzipatorischen Zeitalters oder leben solche Narrative nur vom mittlerweile auch schon angeranzten Reiz des Rollentauschs der Geschlechter? Die Kritiker und Filmtheoretiker (männlich) behaupten das von der dreiteiligen und sehr erfolgreichen Geschichte um den attraktiven Stripper Magic Mike (Regie Steven Soderbergh, Drehbuch und Produktion auch von irgendwelchen Herren). Der Film handle unterschwellig von der „Ökonomie weiblichen Begehrens“ und deren visueller Umsetzung in einer Art Dirty Dancing for adults. Muskelbepackte halbnackte Kerle schwenken Frauen wild durch die Gegend und initiieren Körperverrenkungen, die eher akrobatisch als erotisch wirken. Kraftvolle Hüftstösse fehlen nicht, aber das kennen wir schon von Elvis. Die Damen schmiegen sich hingebungsvoll in die gewünschten figuralen Settings und das Umeinanderwickeln ähnelt zunehmend der Verfilmung von zwei Boas im Liebestanz. Liebhaber von Tanzfilmen werden hier gut bedient und die Sache ist durchaus unterhaltsam – aber feministisch? Natürlich werden die Jungs für das Geturne bezahlt und verhalten sich entsprechend woke, das heisst sie fragen vorher, ob und wo sie die Frau anfassen dürfen, ein bisschen Tribut an den Zeitgeist muss ja sein. Die Damen scheinen es zu mögen, zumindest hier. Magic Mike – sein letzter Tanz gerät nun vollends zum Pretty-Woman-Verschnitt: Reiche Frau mietet sich einen Stripper und bringt mit ihm eine opulente Tanzshow auf die Bühne.
Natürlich verliebt sie sich – eine erwartbare seichte Heteroromanze nach dem hier zitierten Motto: Frauen können alles haben, wo und wann sie es wollen. Klar, die Dame ist Millionärin. Aber Feministisch? Wenn doch, dann ist Feminismus scheinbar eng mit dem Geldbeutel verkoppelt. Salma Hayek wird während des ganzen Films in barmherzigem Halbdunkel gehalten – klar, die Dame wird demnächst sechzig. Feministisch?
Eine Rezensentin sprach von feminist masterpiece und female empowerment. Aber ist es Feminismus, wenn sich diesmal eine Frau einen Kerl kauft statt umgekehrt? So bleibt phantasielose Retro-Dichotomie, halt mal linksrum, so geht’s halt, wenn alte weisse Männer einen Film drehen über weibliches Begehren. Dabei haben Männer durchaus Sinn für subtile Erotik – ein Patient berichtete mir einst, der erotischste Szene in einem Film sei für ihn die gewesen, in der eine Frau einen Mann nicht aus – sondern anzog, nämlich Tom Cruise, der von ihr richtig langsam und genüsslich seine mehrteiligen Samurai-Klamotten angezogen bekam. Die Szene hat tatsächlich was.
Ansonsten geniesst man virile Tanzszenarien und macht sich ein paar angewärmte Gedanken über den Tanz als Übergangs- und Sublimationsraum zwischen den Geschlechtern. Mike setzt seinen Sexualtrieb nicht roh um, sondern sublimiert ihn, so wird die Bühne zum Kulturraum, in dem Sexualität symbolisch zelebriert wird, ein Raum voller Versprechungen und Andeutungen, aber auch der Regulierungen dessen, was da angedeutet wird, das wissen wir auch seit dem Aufkommen der Can-Can-Mädchen und später der Chippendales. Nur gucken, nicht anfassen, ausser um Geldscheine in den Slip zu stecken. So bietet der Film insgesamt eine etwas geistesschlichte Interpretation von Feminismus, indem er ihn auf Sexualität reduziert und weiterhin mit den herkömmlichen Schönheitsidealen und dem Warencharakter von Sexualität operiert. Und diesen Akt der Käuflichkeit schliesslich durch Liebe adelt. Das ist sehr wohlfeil.
Okay, jetzt haben wir das Ticket, uns einen Mann kaufen zu dürfen – und nu? War es das, was wir wollten?