Immer noch spiele ich gerne Gitarre, tue das mit längeren Unterbrechungen seit meinem zwölften Lebensjahr. Man orientierte sich ja bei diesem Instrument mehr vielleicht als bei anderen an Vorbildern. Hängt das mit dem speziellen Performance-Charakter zusammen, der selbst gestandene Keyboard-Koryphäen wie Rick Wakeman, Herbie Hancock, George Duke und Donald Fagen dazu animierte, sich einen Tasten-Phallus über die Schulter zu hängen? Wie dem auch sei, der Impuls, diesen Text zu schreiben entstand aus dem Nachsinnen beim Küchenabwasch, welches heute meine Vorbilder, Heroen, Gitarrengötter seien. Da gibt es niemanden und selbst Pat Metheny ist ein wenig in den Hintergrund getreten über die Jahre! Und doch: Peter Schellenbaum, ein Psychoanalytiker jungscher Prägung hämmerte mir einst das Wort „Leitbildspiegelung“ in die Synapsen. Hinsichtlich akustischer Phänomene bevorzuge ich allerdings den Begriff „Ahmung“. Was ist nachahmenswert, annäherungswürdig, attraktiv? In jüngster Zeit sind dies neben dem kalifornischen Bluesgitarristen Robben Ford vor allem auch – man höre und staune – kein geringerer als Dominic Miller. Ihn als Sting-Sideman zu betrachten wäre eine Beleidigung. Er hat mittlerweile den Sound des stacheligen Sängers mit- und weiterentwickelt. Gut zu hören ist das auf dem aktuellen Album Sting 3.0! Policesongs erhalten durch seine Mitwirkung und Farbgebung noch mehr Tiefenschärfe, Kontrast und Dynamik. Die Variationsbreite zwischen Klassik, Folk und Rock ist enorm. Jazz scheint nicht sein Ding zu sein – völlig okay. Wie ein Surfer auf der Welle passt sein Spiel sich phänomenal an den Gruppenkontext an, umschmiegt ihn sanft und prägt ihn doch auf bestimmende, männliche, richtungsgebende Weise. He’s got the guts – Keeper Kahn wäre begeistert. Wenn ich also als frühmorgendlichen warm-up – headphone-bestückt, der Nachbarn wegen – den Amp anschalte und eine innige Fender-Runde drehe, dann ist der gebürtige Argentinier irgendwie auch oft mit dabei, als imaginativer Resonanzraum. Und dies ist keine Angeberei: auch eine tiefe Liebe zu den Tönen, die man selbst erzeugt, ist mit im Spiel.