Manafonistas

on life, music etc beyond mainstream

2025 14 Mai

Ein ewig Rätsel will ich bleiben mir und anderen

von: Ursula Mayr Filed under: Blog | TB | 14 Comments

 

Like a complete unknown (USA 2024) von  James Mangold

Das Zitat ist übrigens von Ludwig II, man könnte es aber auch über das Bob Dylan-Biopic schreiben; der Titel wurde von daher gut gewählt. Wer sich erhoffte, Näheres über das Folk-Rock-Idol zu erfahren, wurde getäuscht, der outcome des Filmes war diesbezüglich gleich null. Dylan sehen wir in seinem immergleichen Habitus, Wuschelkopf, permanent gegen den Strich gebürstet wie der ganze Kerl eben auch, Sonnenbrille und sich permanent eine Zigarette oder Tüte ansteckend, immer ein bisschen lakonisch, undurchschaubar, unberührbar, manchmal kaltherzig – insbesondere zu den Frauen, denen etwas an ihm lag, dann wieder mit einem grossen Herz für den dahinsiechenden Woody Guthrie, den die Ärzte auch noch von dem abschneiden, was ihn am Leben erhält – die Musik seiner Freunde. Dazwischen Songs für die Ewigkeit mit den Stimmen der Schauspieler, die ihre Sache sehr gut machen. Joan Baez wird insgesamt zu wenig Raum eingeräumt, das Drehbuch reduziert sie zu stark auf den Part der wartenden Frau, anstatt sie als eigenständige Künstlerpersönlichkeit zu präsentieren. More rust than diamonds. 

 

 

Die Auftritte und Konzerte wechseln in rascher Folge und man beginnt sich zu fragen, warum man nicht einfach eine Doku mit dem sicher reichlich vorhandenen Material gedreht hat – wozu dieser Spielfilm mit nachgestellten Situationen? Trotzdem ist der Streifen ein Genuss für die Fanbase und das Bedürfnis, den Maestro näher kennenzulernen, bei mir ohnehin gering ausgeprägt – manchen Dingen und Menschen sollte man ihr Geheimnis belassen. Wer den Dingen auf den Grund gehen will, hat sie schon verloren – sprach der weise Gandalf. Und Bob würde dazu anfügen: Hört meine Lieder, nirgendwo könnt ihr mich besser kennenlernen und das Rätselvolle, in der Schwebe bleibende, Vieldeutige und nicht immer ganz Verstehbare ist ein Teil des Lebens und ein Teil von mir. It ain’t me you’re lookin‘ for … ein Titel der viele Beziehungskatastrophen in der Erinnerung wieder aufploppen lässt – welcher Lyriker schafft das schon? Und damit lassen wir es gut sein.

P.S. Trotzdem bekomme ich jetzt Lust, mir I’m not there mit Cate Blanchet als Dylan anzugucken, da wimmelts sicher von Interpretationsversuchen. Hoffentlich geht der nicht so ins Auge wie Ein Mann wie Eva, als Eva Mattes den Fassbinder gab. Was übrigens nicht an der Eva lag, sondern am Drehbuch.

 

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14 Comments

  1. Alex:

    Ich habe auch nicht verstanden, was das soll, Dylans frühe Jahre nachzustellen. Das ist wie ein langweiliges Cover eines seiner Lieder. Wobei der Film eigentlich gar nicht so schlecht war. Johnny Cash war ziemlich cool und ich fand, dass Joan Baez nicht schlecht wegkam.

    Allerdings war der Joan Baez Dokufilm viel interessanter mit ihren seelischen Problemen, von denen ich vorher nichts wusste, weil nicht so klischeehaft. Der beste Dylanfilm ist meiner Ansicht nach die Doku No Direction Home von Scorsese, zu I’m not there, der mich damals größtenteils genervt hat, habe ich hier ein bisschen geschrieben.

  2. Ursula Mayr:

    Aha, dann erspar ich mir das vielleicht doch. Bei Pat Garrett hat er ja mitgespielt und einen sehr guten Soundtrack dazu gemacht, da musste wohl auf Teufel komm raus was in den Film mit rein.
    Was die Schultze-Filme sollen, hab ich auch nie begriffen.

  3. Pharao:

    Bin auch Fan von No Direction Home; eine wesentlich dichtere Atmosphäre. Alles andere hat mich bis jetzt nicht so tangiert. I’m not there überfordert den Zuschauer, der ja auch immer nach einer Identifikationsfigur zum Festhalten sucht.

  4. Jörg R.:

    Habe den Film durch Eure Anregung gesehen – fühlte mich ein bisschen aussen vor, als wäre mir die Zeit nicht mehr zugänglich. Liegt mehr an mir, glaube ich.

  5. Michael E.:

    Ich war rundum angetan von der hervorragenden Dramatisierung einer der spannendsten Phasen von Bob Dylans Vita…. Es war sicher nicht einfach eine „Nachstellung“ seiner frühen Jahre, sondern exzellentes Storytelling.

    Wir haben das jüngst im kleinem Kreis gesehen, einige nun schon zum zweiten Mal. Und wiederum war LIKE A COMPLETE UNKNOWN keine Minute langweilig… das war gewiss weitaus mehr als ein schlicht gestricktes Opus für erinnerungsselige Ex-Hippies.

    Solche „biopics“ leisten sich auch einen mitunter erfinderischen Umgang mit manchen Fakten, der „Judas“-Schrei wurde von Manchester nach Newport verlegt, und der Ausbruch des Gutmenschen und Folkpuristen Pete Seeger hat sich so auch nicht ereignet. Flowfaktor 10. Und grossartiges Schauspielerkino

    Hallo, Pharao! Es gibt m.E. keinen guten Grund, sog. Kunstkino und sog, Mainstreamkino gegeneinander auszuspielen, wenn es dermassen fasziniert wie I‘m Not There und James Mangolds Dylan-Epos. „I‘m Not There“ hat viele Zuschauer und Kritiker gefesselt, auch ohne Identifikationsfigur…

    Bei einer kleinen Dylan-Retrospektive würden diese beiden Filme gleichermassen gut abschneiden wie No Direction Home – und Scorseses Doku von der Rolling Thunder Revue, in der die Zeit einmal mehr (bei mir) wie im Fluge verging, nicht nur wegen des magischen Auftritts von Joni Mitchell, die just an tollen neuen Songs für Hejira arbeitete…

    Ganz witzig finde ich, wie schlecht hier oft Filme bei Uschi abschneiden, die ich ganz famos oder erschütternd oder sonstwie gelungen finde, beispielsweise Anora… undundund … Uschis verallgemeinernde Abfertigung des Westerns als „riesige Spielwiese fürs Macho-Wettpinkeln“, holla-di-ho, was für Entrüstungsarien! 🤣

    Aber kurz zurück zu den „Musikfilmen“ dieser Wochen. Die Doku COASTAL von Neil Youngs erster Solotour nach Covid war einfach klasse, aber sicher besonders interessant für Leute wie mich, die mit Neils Alben jung geblieben und in die Jahre gekommen sind. Der grantelige Humor des alten Zausel, dessen Gesicht immer mehr die Züge einer wilden Landschaft annimmt… achachach, holt euch mal seine herrliche Platte „Comes A Time“ raus.

    Genauso ein Hochgenuss war KÖLN 75, an dem mir nur ganz wenig nicht gefallen hat, und der natürlich primär auch eine coming of age Story von Vera Brandes ist… und toll, dass der Regissuer bald auch eine „echte Doku“ abliefert, über und mit Zeitzeugen von Keith Jarretts Köln Concert.

    Vielleicht haben einige durch den Film das berühmte Doppelalbum neu entdeckt… in jenern Jahren kam auch das tolle Dreifachalbum „Bremen / Lausanne“ raus oder die „verrückte“ 10 Lps umfassende Box von Keiths damaliger Japantour „The Sun Bear Concerts“… eine erstaunliche Dichte an Meilensteinen, die in den „wilden Siebzigern“ von Keith und Joni und Neil abgeliefert wurden …

    Und, Leute, guckt mal wieder Serien!!!! es gibt immer noch tolle, ergreifende TV-Serien wie „Spuren“, „Families Like Ours“, „Adolescence“ und „The Newsreader 1 und 2“…

    (So weit, so gut, ein paar Echos und Empfehlungen – und ein bisschen freundlich formuliertes Kopfschütteln – von „special guest Michael!)

  6. Pharao:

    Filme haben auch eine stark emotionale Komponente und emotionales Mitgerissensein ist was Feines, aber durchaus subjektiv und noch kein Qualitätskriterium und man sollte dem anderen sein Anderssein und Andersreagieren nicht bekopfschütteln, das erfordert die Toleranz.

    Zudem erleben Frauen anderes wie Männer und Ältere anderes wie Jüngere, das macht die Diskussion ja auch spannend. Entrüstungsorgien sehe ich in einem blossen Verriss nicht und mit Anora konnten viele nichts anfangen. In Bezug auf die Serien gebe ich Dir recht.

  7. SmallHans:

    Die seltsame Art des Michael E. etwas „witzig“ zu finden und sich damit gleichermassen wunderbar zu offenbaren, auf der “ … riesigen Spielwiese der Macho-Wettpinkler … “ derjenige zu sein, der am weitesten pinkeln kann, ist auch eine Aussage!

  8. Jörg R.:

    Wenn ich mich recht erinnere, wurden Western hier schon differenzierter besprochen und auch positiv konnotiert, z B der Neowestern, die Filme der Coens und das Lied vom Tod waren durchaus keine Verrisse. Uschi meinte mit der Spielwiese wohl eher die B-Movies, den alten John Ford, filmtechnisch durchaus beachtlich, handlungstechnisch eher banal. Oder guckt sich noch jemand freiwillig John Wayne an?

    Also genauer lesen und dann verreissen ;)

  9. Anonym:

    Wenn ich mich recht erinnere, wurde hier vor 4 Wochen ein Western recht positiv besprochen.

  10. Michael E.:

    @ all: 😉

  11. Michael E.:

    Och, da sollte ein „smiley“ hin:

    Also, zweiter Versuch:

    @ all: :)

    @ Jörg: ich habe erst neulich freiwillig einen feinen Western mit John Wayne gesehen: die Erstverfilmung von „True Grit“.

  12. Jörg R.:

    Das waren ja auch die Coens, gegen die hat hier keiner was, glaube ich. Wobei diese Rachestories schon rein thematisch ein bisschen viel abgeklappert werden.

  13. Michael E.:

    Einspruch, euer Ehren. Der erste „True Grit“-Film, der in Deutschland unter dem Titel „Der Marshal“ bekannt ist, erschien 1969. Er wurde von Henry Hathaway inszeniert und John Wayne spielte die Rolle des US-Marshals Rooster Cogburn. Die Coen-Brüder haben das Remake genacht.

    Der Urstoff war ein Roman namens True Grit, sehr lesenswert.

  14. Michael E.:

    P.S. Mir ist es ja schnurz, ob bei euch, lieber Jörg, jemand was gegen die Coens hat, oder John Wayne, der so wunderbar grantelig daherkommt in dem tollen Hathaway-Film.

    Aber, ähem, ganz grundsätzlich, und um meinen Spezi PHARAO zu zitieren: „… man sollte dem anderen sein Anderssein und Andersreagieren nicht bekopfschütteln, das erfordert die Toleranz.“

    Niemandes Wahrnehmung über einen Film habe ich in meinem längeren Text oben „bekopfschüttelt“.

    Da ich aber etwas unpräzise war, kamen da gleich einige dahergesprungen wie aus der Shiloh Ranch, bemühten „Pimmelmetaphorik“, machten aus einer „Arie“ gleich eine „Orgie“, und statt Frau selber sprechen zu lassen (die vielleicht gerade am Herd stand und den Porridge machte, oder Steak mit Bohnen) wurde genaueres Lesen angemahnt, und der humorvolle Kommentator (ich) samt Pimmel des Feldes verwiesen….

    Ich sags ja, wie im Wilden Westen!!! 😂

    Zur Abkühlung der Gemüter empfehle ich allen den grossartigen alten Western „Der Mann, der Liberty Valence erschoss“.

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