Like a complete unknown (USA 2024) von James Mangold
Das Zitat ist übrigens von Ludwig II, man könnte es aber auch über das Bob Dylan-Biopic schreiben; der Titel wurde von daher gut gewählt. Wer sich erhoffte, Näheres über das Folk-Rock-Idol zu erfahren, wurde getäuscht, der outcome des Filmes war diesbezüglich gleich null. Dylan sehen wir in seinem immergleichen Habitus, Wuschelkopf, permanent gegen den Strich gebürstet wie der ganze Kerl eben auch, Sonnenbrille und sich permanent eine Zigarette oder Tüte ansteckend, immer ein bisschen lakonisch, undurchschaubar, unberührbar, manchmal kaltherzig – insbesondere zu den Frauen, denen etwas an ihm lag, dann wieder mit einem grossen Herz für den dahinsiechenden Woody Guthrie, den die Ärzte auch noch von dem abschneiden, was ihn am Leben erhält – die Musik seiner Freunde. Dazwischen Songs für die Ewigkeit mit den Stimmen der Schauspieler, die ihre Sache sehr gut machen. Joan Baez wird insgesamt zu wenig Raum eingeräumt, das Drehbuch reduziert sie zu stark auf den Part der wartenden Frau, anstatt sie als eigenständige Künstlerpersönlichkeit zu präsentieren. More rust than diamonds.
Die Auftritte und Konzerte wechseln in rascher Folge und man beginnt sich zu fragen, warum man nicht einfach eine Doku mit dem sicher reichlich vorhandenen Material gedreht hat – wozu dieser Spielfilm mit nachgestellten Situationen? Trotzdem ist der Streifen ein Genuss für die Fanbase und das Bedürfnis, den Maestro näher kennenzulernen, bei mir ohnehin gering ausgeprägt – manchen Dingen und Menschen sollte man ihr Geheimnis belassen. Wer den Dingen auf den Grund gehen will, hat sie schon verloren – sprach der weise Gandalf. Und Bob würde dazu anfügen: Hört meine Lieder, nirgendwo könnt ihr mich besser kennenlernen und das Rätselvolle, in der Schwebe bleibende, Vieldeutige und nicht immer ganz Verstehbare ist ein Teil des Lebens und ein Teil von mir. It ain’t me you’re lookin‘ for … ein Titel der viele Beziehungskatastrophen in der Erinnerung wieder aufploppen lässt – welcher Lyriker schafft das schon? Und damit lassen wir es gut sein.
P.S. Trotzdem bekomme ich jetzt Lust, mir I’m not there mit Cate Blanchet als Dylan anzugucken, da wimmelts sicher von Interpretationsversuchen. Hoffentlich geht der nicht so ins Auge wie Ein Mann wie Eva, als Eva Mattes den Fassbinder gab. Was übrigens nicht an der Eva lag, sondern am Drehbuch.