Manafonistas

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Archives: April 2025

 
 

Schneller als der Tod (USA, 1995) von Sam Raimi

 

Ein amüsantes Abspulen von Zitaten, Anspielungen und Klischees sowohl aus dem klassischen US- als auch dem postklassischen Spaghettiwestern vom Stil eines Leone und Corbucci, was die Tableaus und die Kameraführung betrifft, der Soundtrack im Stil eines Morricone.

Der schwerreiche Viehbaron Herod, der eine ganze Stadt regiert, liebt Duelle, nicht umsonst ist der Name eine Anspielung an den antiken Herodes und so ist der Film ein permanentes Shoot-em-up on mainstreet als Kollosseumssurrogat und Gladiatorengetöse. Revolver werden um Zeigefinger gewirbelt und die Getroffenen springen erst einmal einen Meter nach rückwärts in die Luft, bevor sie auf die grosse Reise gehen. Uhrzeiger wandern und weisen nostalgisch zurück auf 12 Uhr mittags und Leo di Caprio stirbt wieder einmal spektakulär als Herods rebellierender Sohn. Gene Hackman natürlich at its best, er ruhe in Frieden.

 
 

 
 

Der Outlaw in undurchsichtiger Rachemission mit im Mundwinkel klebender Zigarette ist diesmal nicht Clint Eastwood und nein … auch nicht Charles Bronson mit an der Unterlippe festgefrorener Mundharmonika, sondern Sharon Stone, die ebenso stilvoll wie wuchtig die Flügeltür vom Saloon aufstösst, sporenklirrend zur Theke stampft und zur Begrüssung alle Gläser  herunterfegt; hätte der Clint nicht besser machen können. Bud Spencer auch nicht. Und natürlich schiesst sie besser als alle anderen Grossmäuler mit ihren infantilen Männlichkeitsritualen und entpuppt sich trotzdem als fühlende Frau. Die Rückblende als Grund für ihre Rachemission wurde auch keineswegs vergessen und ist genauso herzzerreissend wie dermaleinst beim Mundharmonikasolo mit tödlichem Ausgang und Glockengeläute.

 
 

 
 

Das alles ist so stilecht-bombastisch wie vorhersehbar auf die Leinwand geklatscht, dass man es keine Sekunde ernst nehmen kann und sich jeder –  bis zum finalen Retropurzelbaum des tödlich getroffenen Obergangsters –  köstlich amüsiert, der sich schon immer eine gesunde Distanz zum Bierernst-Western vom Stil eines John Ford (oder später Kevin Costner) zu bewahren verstand und das ganze Genre als das sah was es ist: Eine riesige Spielwiese fürs Macho-Wettpinkeln und nur durch Zuhilfenahme ironischer Stilmittel ertragbar. Und hier funktioniert das!

 

 
 

Vor allem nach der Tagesschau oder dem Weltspiegel? Und warum bloss ich allein?

Wie überschaubar war damals noch alles … ein Monster als Antwort Japans auf den Abwurf der Atombombe und die Sprengungen der Army im Bikini-Atoll, die daraus resultierenden geopolitischen Spannungen zwischen verfeindeten Machtblöcken. Die Riesenechse wurde durch atomare Eingriffe sozusagen erweckt, wandte sich rächend gegen die hybride Menschheit und zertrampelte dabei ganz Tokio (oder in späteren Produktionen mehrere US-Metropolen) und symbolisierte dabei nicht nur die kollektive Anklage dieses traumatisierten Landes, sondern generell die menschliche archaische Zerstörungswut. Echsen gelten als Kaltblütler – was man dann automatisch auch ihrem Emotionshaushalt zubilligt. Die Zuschreibung der Entstehung und Verbreitung des Coronavirus wurde nicht umsonst von weiten Teilen der Bevölkerung den Reptiloiden zugeschrieben und nicht etwa den Eichhörnchen in Menschengestalt. Eine chronisch negativ besetzte Spezies, die das auch nicht verdient hat.

Filmtechnisch gesehen kommt unsere Gegenwart mittlerweile ohne Monster aus – der Science-Fiction ist weiser und selbstreflexiver geworden – beschäftigt sich nur noch wenig mit externen Verfolgern, sondern mit Errungenschaften, Gesellschaftsformen und Dysphorien, die der Mensch sich selbst geschaffen hat und an denen er zugrunde zu gehen droht; eine beliebte Handlungspolarität ist Kontrolle versus Eskapismus (Avatar), in der die Flucht in eine menschlichere Welt versucht wird, weil das dargestellte System offenbar nachvollziehbar zum Davonlaufen ist.  Manipulationen im Gehirn (Inception, Source Code) sowie das Durchknallen selbstgeschaffener Menschmaschinen, KIs und Klone (M3GAN, Mickey 17) sind weitere Themen, die gerade abgeklappert werden. Diese Produktionen eröffnen neue Denkräume in Bezug auf Natur-Künstlichkeit sowie die Grenzen unserer Identität und deren Einmaligkeit sowie deren zusehendem Verschwimmen. Die Monster – falls sie überhaupt noch auftreten (z B in der durchaus charmant-konservativen Jurassic-World-Pentalogie) zeigen zusehends menschliche Bezüge, verbünden sich mit Menschen. Bei ihrem Tod kann man einige Tränen verdrücken sowie weiland beim Absturz des verliebten King Kong, der immer wieder gerne mal rebootet wird.

Es ist also nicht en vogue von städtezertrampelnden Monstern zu träumen, auch wenn sich manche Potentaten diesen Anschein geben; mein Unbewusstes hinkt da in seiner Bildgebung wohl etwas dem Zeitgeist hinterher. Niemand würde ein Monster zum Präsidenten wählen – vielleicht höchstens einen Reptiloiden, aber das auch nur in Russland. Ganz doof sind die Verschwörungstheoretiker auch nicht, wenn ihnen bei Putins Poker-Parkinson-Face dergleichen einfällt.

Nein, Trump ist kein Monster, zumindest nicht in den Köpfen der 77 Millionen Amerikaner, die ihn gewählt haben und die weiteren Milliönchen, die weltweit mit ihm sympathisieren. Wir leben nicht nur in einer Blase eines politischen Diskurses, sondern auch in einer der Medien und des Showbusiness und der Bilder, Mythen und Archetypen, die hier erzeugt werden und die sich zunehmend mit der Realität überlappen. Hier war Trump schon immer eine Showgrösse und ein Popstar mit eigenen Fernsehshows, die Verkörperung des American Dream, des Pioniers, der vom Planwagen herabsteigt und sich den gewünschten Reichtum im Alleingang aus dem Boden stampft, sowas wie Jock Ewing (in Wirklichkeit hat er sein Imperium geerbt), der Outlaw des Westerns in Personalunion mit Citizen Kane, dem Reichtum eines Dagobert Duck und der Unangreifbarkeit eines Humphrey Bogart, versehen mit einem unerschütterlichen Optimismus, der zwanglos die Grenze zum Grössenwahn überschreitet, was aber viele nicht bemerken. Anything goes and the winner takes it all – das hat doch was, vor allem für die Abgehängten, das zielt doch voll mitten ins Zentrum der Irrationalität – wo immer das auch sitzen mag, vermutlich da wo bei mir immer Godzilla herumstapft.

Nein, kein Monster … ein Erzeugnis der Popkultur, aus Medienbildern zusammengesetzte Mythenprojektion. Schon die Farbwahl seines Outfits lässt noch mehr Assoziationen zu als nur die US-Flagge.

 
 

           

 
 

Wie war das dann mit Hitler, der sich auf keine Popkultur und vorangegangene Medienpräsenz berufen konnte? Der zielte mit seinem Laserstrahl genauso präzise auf den gleichen menschlichen Gefühlsbereich, wie Trump es tut – den Bereich der Menschen in Tretminen verwandeln kann: die Infantilität.

Unsere einzige Hoffnung ist, dass irgendwo auf der Welt ein Hobbit mit einem Ring Richtung Mordor unterwegs ist. Denn am Ende jeden Lichts gibt’s einen Tunnel … oder so …

 

 

           

 
 

           

 
 

Wir kennen sie als willfährige Objekte, die ihre Substanz zur Verfügung stellen, um uns Genuss zu verschaffen. Eine lange Zeit waren sie totgesagt und galten als überkommen und degoutant, bis es zu einer überraschenden Renaissance kam – eine charmante Referenz an die Analogität im digitalen Anthropozän; man hört wieder Vinyl. Ein Zeichen, dass zu weit getriebene Perfektion ihr Ziel verfehlen kann, man retirierte lieber in die 70er.

 
 

          

 
 

Black Music

(Woke ist das aber nicht …)

 

Der österreichische Künstler Uwe Bressnik setzt hier noch eins drauf: Er präsentiert uns die Schallplatte nicht als dienstbeflissenes, sondern als ästhetisches Objekt – er bildet es ab, baut es nach, malt es und stellt es in einen neuen Kontext: Ein Objekt, das zum Subjekt, Kompositions- und Gestaltungselement wird. Im Zusammenklang mit dröger konventioneller Malerei schafft die harmonisch eingepasste LP eine Spannung und damit ein neues Comicgenre, gewissermassen eine Kunst mit dem Schalk im Nacken, die der Betrachter – ermüdet von der Schwere andersartiger Kunstproduktionen – dankbar rezipiert. Eine ironische, aber – wenn sie zu Ende gedacht wird – auch eine ernsthafte Kunst. Und ein Quantensprung fürs gute alte Vinyl, das schon lange Besseres verdient hat als nur Speichermedium zu sein – dient es doch der Reproduzierbarkeit von Kunsterlebnissen und damit deren Verbreitung und Verewigung. Hier verbreiten sie auch einen visuellen Klang – beim Betrachten im Spiel der Rillen, ihrem An- und Abschwellen. Bressnik bezeichnet sich selbst als „transmedialer“ Künstler.

Mythologische Figuren hantieren mit überdimensionierten LPs – was werden sie damit anfangen? Ein Fremdkörper in ihrer Welt mit einem geheimnisvollen Eigenleben – ist ein UFO gelandet und hebelt unser bisheriges Weltbild aus? Eine LP beschliesst sich zu einer Blume zu verformen – offenbar will sie gesehen und nicht nur gehört werden, besteht auf einer eigenen Identität.

Fasziniert ist der Künstler weiter vom Moiré-Effekt – aus zweien entsteht ein Drittes: Zwei streng gerasterte Muster verwandeln sich beim Übereinanderlegen in etwas Lebhaft-Dynamisches, das sich durch Änderung des Betrachtungswinkels noch weiter verändert – wer noch mit den guten alten Stores an den Fenstern aufgewachsen ist, weiss das. Das Bild ist also immateriell und doch durch die materielle Struktur definiert, so wie in der Quantenphysik der Aufenthalt des einzelnen Teilchens nicht mehr physisch bestimmt werden kann, sondern nur durch eine Funktionsgleichung von Aufenthaltswahrscheinlichkeiten wiedergegeben wird. Damit wären wir – so der Künstler – in der Welt des Digitalen und seinen Verschlüsselungen, das Entstehen von Imagines aus einfachen Elementen. Und das Bild malt sich selbst beziehungsweise das Auge malt auch noch mit. Interaktive Kunst … wobei im Prinzip jede Kunst interaktiv ist.

Man darf gespannt sein, was er als nächstes Objekt erwählt … CDs? Auch denen ist optisch einiges zu entlocken.

 
 

 

2025 6 Apr.

session in vahrenheide

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„behind the chapel“

ks – soprano saxofon, freeze effect

js – guitar, loop, drums

 

„tea with shree“

ks – drums, soprano saxofon

js – guitar, loop

 

„alles gut“

ks – keybord

js – guitar

 


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