Manafonistas

on life, music etc beyond mainstream

2021 31 Jan.

Album / Re-Issue / Wiederentdeckt

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November

Albums (12):

1. Steely Dan: Northeast Corridor / Donald Fagen: The Nightfly Live (September)
2. Lana Del Rey: Blue Banisters (Oktober)
3. Lana Del Rey: Chemtrails Over The Country Club (März)
4. Nick Cave & Warren Ellis: Carnage (Februar)
5. Marc Johnson: Overpass (August)
6. Can: Live in Stuttgart 1975 (Mai)
7. Brahms: Symphony No. 4; MacMillan: Larghetto for Orchestra (Pittsburgh Symphony Orchestra, Manfred Honeck) (November)
8. Asmus Tietchens (Hematic Sunsets): Aroma Club Adieu (Juni)
9. Daniel Lanois: Heavy Sun (April)
10. András Schiff, Orchestra of the Age of Enlightenment: Brahms — Piano Concertos 1 & 2 (Juli)
11. Konstantin Semilakovs: Alexander Scriabin — Couleurs Sonores (Januar)

 

Re-Issues (12):

1. Dave Pike Set: At Studio 2, March 11, 1971 (Februar)
2. Pet Shop Boys: Discovery — Live In Rio 1994 (Mai)
3. Klaus Doldinger: The First 50 Years Of Passport (Juli)
4. Gentle Fire: Explorations (1970-1973) (Januar)
0. (März)
0. (April)
0. (Juni)
0. (August)
0. (September)
0. (Oktober)
0. (November)

 

Wiederentdeckt:

Januar: 801 Live (1976) 
Februar: Cat Mother & The All Night Newsboys: The Street Giveth … And The Street Taketh Away (1969)
März: Albert Mangelsdorff: Three Originals (The Wide Point, 1975; Trilogue, 1977; Montreux, 1980)
April: David Shea: Tower of Mirrors (1995) 
Mai: Hans Zimmer: The British Years (My Beautiful Laundrette, A World Apart u.a.) (2005)
Juni: Miles Davis: Big Fun (1974)
Juli: Hot Tuna: Hoppkorv (1976)
August:
Ketil Bjørnstad, Bjorn Kjellemyr, Jon Christensen, Per Hillestad, Terje Rypdal: Water Stories (1993)
September: Hanns Dieter Hüsch: Abendlieder (1976)
Oktober: Kraan: Live (1975)
November: Ougenweide: Herzsprung (2010)

 

 

 

 

2021 31 Jan.

Sie haben Knut

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Zeit, mal wieder auf ein anderes Medium zurückzugreifen, die Zeit noch weiter zu entschleunigen und die Filme auf den VHS-Videokassetten durchzuschauen. Sie haben Knut kam im Jahr 2002 wahrscheinlich nur in die kleinen Programmkinos, lief irgendwann im Fernsehen und spielt im Winter 1983 in einem geräumigen Holzhaus in den österreichischen Alpen und in einem Skigebiet. Ein Paar in den Zwanzigern, sie sind seit acht Jahren zusammen, möchte hier ein ruhiges Wochenende verbringen, unerwartet trifft ein Teil des Freundeskreises des Bruders der Frau dazu, während der Bruder der Frau, Knut, auf sich warten lässt. Der Film bietet Zeitgeist 1983 pur: Politische Diskussionen, Abstimmungen, Zurechtweisungen im Namen der Gruppendynamik, heimliche Bewunderungen, Offenbarungen und typische  Redewendungen wie „Ich habe einen Anschlag auf dich vor“, ein Satz, den ich wirklich lang nicht mehr gehört habe. (Für die später Geborenen: Der Satz leitete eine mehr oder weniger aufwändig zu erfüllende Bitte ein.) Natürlich ist auch ein charismatischer Gitarrenspieler dabei, einmal entsteht eine spontane Musiksession der Gruppe. Zwei sehr unterschiedliche Jungs, elf und 14 Jahre, sind mit von der Partie. Ein wunderbar authentischer und in jeder Sekunde glaubhafter Film mit starken Nostalgieeffekten, die zu Lachausbrüchen führen können.

2021 30 Jan.

Sprechen Sie Kosmische?

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This is the title of a short note in the March edition of „Electronic Sound“, in regards to Jan‘s book, and the subtitle is „Reeperbahn to Autobahn in impressive tome“. „Krautrock didn‘t fall from the sky“, declares Hamburg-born, US-based author Jan Reetze. „As soon as you find out that former Kraftwerker Wolfgang Flür was in a band called „The Beethovens“ in 1966, you know there‘s a back story that needs telling.“ As we know by now, „Jan places krautrock in the wider context of Germany‘s post-war reconstruction and its popular music industry, taking you from the jazz of the 1950s, via Stockhausen and the electronic avantgard, toward the 1960s beat boom, krautrock, Neue Deutsche Welle, and on into the 1990s. Spread across 536 pages, this is a deep dive and then some.“ 

Approaching Hamburg, later in the day, after some wild driving through the hinterland of Neumünster (caused by a A7 highway accident),  I put on post-kraut rockers „Trees Speak“, a joyful, eerie soundtrack for my Elbtunnel drive no. 8 this year.


 
 

 
 

Peter Sloterdijk schreibt in seinem Buch Den Himmel zum Sprechen bringen in der Vorbemerkung:

 

Da der Titel dieses Buchs mehrdeutig klingt, soll darauf hingewiesen werden, dass im folgenden weder vom Himmel der Astrologen die Rede sein wird, auch nicht von dem der Raumfahrer. Der zum Sprechen gebrachte Himmel ist kein möglicher Gegenstand visueller Wahrnehmung. Doch drängen sich beim Blick nach oben von Alters her bildliche Vorstellungen auf, von vokalen Phänomen begleitet: das Zelt, die Höhle, das Gewölbe, im Zelt tönen die Stimmen des Alltags, die Höhlenwände werfen alte Zaubergesänge zurück, im Gewölbe hallen die Kantilenen zu Ehren des Herrn in der Höhe wider.

Aus dem Gesamt von Tag- und Nachthimmel ergab sich seit je ein archaisches Konzept des Umfassenden. In ihm ließ sich das Ungeheure, Offene, Weite mit dem Beschützenden, Häuslichen in einem Symbol kosmischer und moralischer Integrität zusammendenken. (…) Als der Himmel im Gang der Säkularisation seine Bedeutung als kosmisches Immunitätssymbol verloren hatte, wandelte er sich zum Inbegriff der Beliebigkeit, in der menschliche  Absichten verhallen. Nun ruft das Schweigen der unendlichen Räume bei Denkern, die in die Leere horchen, metaphysischen Schrecken hervor.

 

(Das neue Buch ist sehr lesenswert. Sloterdijk schleicht sich an die Götter heran, indem er die Religionen literarisch untersucht.)

 

2021 30 Jan.

Eine halluzinogene Musikstunde

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Ich war sehr jung, als ich zum ersten Mal Steve Reich hörte. Ich hatte mich wohl im Radio verwählt, und landete in der Abteilung Ernster Musik, ein Begriff, der mir schon damals lächerlich vorkam. Ich hatte „All Day And All Of The Night“ gehört, Jahre zuvor, nachts auf der „Europawelle Saar“, und das war weitaus mehr als Ernste Musik, das war ein Song, der ein ganzes Schuljahr in den Schatten stellte. Wenn ich an den Musikunterricht im Max Planck-Gymnasium denke, zur Zeit des „summer of love“, musste ich micn durchquälen durch Notationen, hüftsteif dargebotenes Wissen, den „Freischütz“, und andere Überlieferungen, dargeboten in in einem knöchernen akademischen Duktus, von einem Lehrer, der bestimmt ein netter Mensch war, aber offensichtlich den Schuss nicht gehört hatte. Und plötzlich hörte ich „Drumming“. Und war hin und weg. Auf das Stück „It‘s Gonna Rain“, eine Art Perkussionsstück für die menschliche Stumme, und zugleich ein natürliches Halluzinogen, kam ich erst später, irgendwann Ende der Siebziger, durch ein Interview mir Brian Eno, das ich irgendwo eentdeckte. Er erzählte von den strukturellen Verwandtschaften von „It‘s Gonna Rain“ und „Music For Airports“. Die beiden Platten klingen so unglaublich  verschieden, aber sie leben beide, zu einem guten Teil, von der guten alten Tante Asynchronizität. Ich sage es flapsig, vermeide so den akademischen Duktus, und nehme einen Schluck aus meinem Weinbecher, gefüllt mit „Two Left Feet“, made in Australia.

 

„Ich könnte leicht mehrere Stunden lang nur über dieses Stück sprechen. ‚It’s Gonna Rain‘ habe ich wieder und wieder gehört mit meinem guten Freund Peter Schmidt, dem Maler, Ich hatte Peter während meines Studiums an der Kunsthochschule kennengelernt und er war ein sehr, sehr markanter und ungewöhnlicher Charakter. Er war ein deutscher Jude, der in den 30er Jahren nach England gekommen war, und er war ein sehr guter Pokerspieler, denn es war unmöglich zu wissen, was er dachte. Er war eine sehr undurchschaubare Person. Die meisten Leute fanden es sehr schwer, mit ihm zusammen zu sein, weil, wenn man etwas zu ihm sagte, er einen einfach nur ansah. Aber ich mochte ihn sehr, und wir verstanden uns sehr gut, und es stellte sich heraus, dass wir über viele ähnliche Dinge ähnlich dachten. Eines der Dinge, die wir taten, war, in seiner Wohnung in Stockwell herumzusitzen und neue Musik zu entdecken. Meistens war er es, der mir Sachen vorspielte, und eines Tages sagte er: „Hast du das schon gehört?“ und mein Leben veränderte sich innerhalb einer Viertelstunde.“ (Brian Eno, Teil 1)

 

 

He began to warn the people. He said: „After a while, It’s gonna rain after a while; for forty days and for forty nights“ it‘s gonna rain it‘s gonna rain it‘s gonna rain it‘s gonna rain it‘s gonna rain it‘s gonna rain it‘s gonna rain it‘s gonna rain it‘s gonna rain it‘s gonna rain it‘s gonna rain it‘s gonna rain it‘s gonna rain lose your mind & come to your senses it‘s gonna rain it‘s gonna rain it‘s gonna rain it‘s gonna rain it‘s gonna rain it‘s gonna rain it‘s gonna rain And the people didn’t believe him And they begin to laugh at him And they begin to mock him And they begin to say: „It ain’t gonna rain!“ It’s gonna rain It’s gonna rain It’s gonna rain It’s gonna rain It’s gon‘ It’s Rain it‘s gonna rain it‘s gonna rain it‘s gonna rain it‘s gonna rain it‘s gonna rain it‘s gonna rain it‘s gonna rain it‘s gonna rain it‘s gonna rain it‘s gonna rain it‘s gonna rain it‘s gonna rain it‘s gonna rain it‘s gonna rain it‘s gonna rain it‘s gonna rain it‘s gonna rain it‘s gonna rain it‘s gonna rain it‘s gonna rain it‘s gonna rain it‘s gonna rain it‘s gonna rain it‘s gonna rain it‘s gonna rain it‘s gonna rain it‘s gonna rain They didn’t believe it was gonna rain But glory to God Hallelujah! Bless God’s wonderful name this evening I said, this evening After a while, they didn’t believe it was gonna rain But sure enough, it began to rain it‘s gonna rain it‘s gonna rain it‘s gonna rain it‘s gonna rain it‘s gonna rain RAIN it‘s gonna rain it‘s gonna rain it‘s gonna rain it‘s gonna rain it‘s gonna rain it‘s gonna rain it‘s gonna rain it‘s gonna rain it‘s gonna rain it‘s gonna rain it‘s gonna rain its gonna rain RAIN  it‘s gonna rain it‘s gonna rain it‘s gonna rain it‘s gonna rain it‘s gonna rain (i hear drums) it‘s gonna rain it‘s gonna rain it‘s gonna rain it‘s gonna rain it‘s gonna rain it‘s gonna rain RAIN Hallelujah! They began to knock upon the door But it was too late Hoo! The Bible tell me, They knocked upon the door until the skin came off their hands Whoo! My Lord! My Lord! I say, until the skin came… (hallucinations taking over) … it‘s gonna rain it‘s gonna rain it‘s gonna rain it‘s gonna rain it‘s gonna rain it‘s gonna rain it‘s gonna rain it‘s gonna rain it‘s gonna rain it‘s gonna rain it‘s gonna rain it‘s gonna rain it‘s gonna rain it‘s gonna rain it‘s gonna rain it‘s gonna rain it‘s gonna rain it‘s gonna rain it‘s gonna rain it‘s gonna rain it‘s gonna rain it‘s gonna rain it‘s gonna rain (high without drugs) it‘s gonna rain it‘s gonna rain it‘s gonna rain it‘s gonna rain it‘s gonna rain it‘s gonna rain it‘s gonna rain it‘s gonna rain it‘s gonna rain it‘s gonna rain it‘s gonna rain it‘s gonna rain it‘s gonna rain it‘s gonna rain it‘s gonna rain it‘s gonna rain (where does this melody come from?) it‘s gonna rain bird calls bird calls it‘s gonna rain it‘s gonna rain it‘s gonna rain it‘s gonna rain it‘s gonna rain it‘s gonna rain it‘s gonna rain it‘s gonna rain it‘s gonna rain it‘s gonna rain it‘s gonna rain it‘s gonna rain (semantic extinction) it‘s gonna rain (Trommeln) it‘s gonna rain it‘s gonna rain it‘s gonna rain the hum of the city it‘s gonna rain it‘s gonna rain it‘s gonna rain it‘s gonna rain it‘s gonna rain it‘s gonna rain (i hear a melody) it‘s gonna rain horns horns horns it‘s gonna rain it‘s gonna rain it‘s gonna rain it‘s gonna rain it‘s gonna rain it‘s gonna rain it‘s gonna rain it‘s gonna rain it‘s gonna rain it’s gonna rain it‘s gonna rain rain it‘s gonna rain rain rain rain rain rain…the hum of the city… horns it‘s gonna rain rain rain rain rain

 

 

 

„Steve Reich hat das 1965 aufgenommen, das ist also 51 Jahre alt und verdammt noch mal, was haben wir ein halbes Jahrhundert lang gemacht? Das erste, was passiert, wenn man sich das anhört, ist, dass man durch das repetitive Element allmählich anfängt, den Fokus auf die Stücke zu verlieren, die sich ständig wiederholen. Man fängt an, die kleinen Unterschiede zu hören.

Es ist ein bisschen wie die Art, wie das Auge eines Frosches funktioniert. Es scannt nicht wie unseres, es bleibt auf eine Szene fixiert und sehr schnell werden die Stäbchen und Zapfen mit allem gesättigt, was sich nicht bewegt. Sobald sich also etwas bewegt, z. B. eine Fliege, ist das das Einzige, was der Frosch sieht. Ich denke, dass sich die Ohren ähnlich verhalten, wenn sie mit etwas stark Wiederholendem wie diesem konfrontiert werden. Die Ohren werden schnell gesättigt oder gewöhnen sich an das Gewöhnliche und fangen an, Details aufzuschnappen.

Ich erinnere mich, als ich „It’s Gonna Rain“ zum ersten Mal hörte, fing ich an, mich auf die Tauben zu konzentrieren, denn das war draußen auf der Straße, es war die Aufnahme eines Straßenpredigers, also kann man Autos und Hupen hören und dann fängt man an, diese Vögel zu hören, aber erst nach einer Weile, nachdem das andere Zeug aus dem Bewusstsein verschwunden ist. Das ist erstaunlich, denn das, was die Musik machte, war mein Gehirn, und das war das erste Mal, dass mir klar wurde, dass man als Komponist das Gehirn des Zuhörers mitbenutzen kann. Also plötzlich, wow, weitere 100 Prozent des soch öffnenden Universums!

Wenn du etwas in die Welt setzen kannst, das irgendwie unvollständig ist, und es dein Bewusstsein und die Fehler deines Wahrnehmungsapparates benötigt, um es tatsächlich zu etwas Besonderem  zu machen, nun, als mir das klar wurde, hat sich meine Vorstellung von dem, was Musik sein könnte, völlig verändert.

Die tatsächliche Menge des verwendeten Materials ist winzig, der Loop von „it’s gonna rain“ dauert nicht einmal eine Sekunde, und das ist das einzige Element, das in diesem Abschnitt verwendet wird. Man denkt, Mist, das ist Sparsamkeit, und ich habe den ökonomischen Einsatz von Mitteln immer gemocht.

Zu der Zeit, als ich das zum ersten Mal hörte, befanden wir uns in einer Zeit der maximalen Verwöhnung in der Popmusik. Sechzehnspurrekorder waren gerade aufgetaucht, und plötzlich packten viele Leute so viel Information darein, einfach nur,  weil man es konnte. Jedes Gewürz im Schrank. Plötzlich hörte ich das, und es war so krass und effektiv.

Die andere Sache daran ist, dass darin ein Mechanismus steckt, den ich später oft verwendet habe, etwa In Music for Airports,  nämlich die Idee, dass die Dinge nicht synchron zueinander laufen. Umendlich vieles in der Musik hatte bis dahin mit Synchronisation zu tun.  Was aber in diesem Stück passiert, ist, dass man den gleichen Zyklus bekommt, der aber so abläuft, dass die Zyklen  bei jeder Wiederholung in einer etwas anderen Position zueinander stehen. So entsteht automatisch Abwechslung, und das verwende ich bei vielen meiner Arbeiten. Das wurde zu meiner bevorzugten Technik, um sofort etwas Interessantes zu schaffen.“ (Brian Eno, Teil 2)

2021 29 Jan.

Seltsame Berührungen

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„Der bestirnte Himmel über mir und das moralische Gesetz in mir …“

(Kant)

 

Mutter nahm mich selten an die Hand. Sie ging meistens singend neben mir her und wenn sie nicht sang, erklärte sie mir die Welt.

An einem hellen Tag spazierten wir durch eine fremde Stadt. Vor einem weissbraunen, im portugiesischen Stil erbauten Haus blieb Mutter stehen. Sie griff nach meiner kleinen Hand, ich war wohl sechs oder sieben Jahre alt und sagte leise: „Da gehen wir jetzt hinein.“ Am Eingang stand eine blauuniformierte Frau. Sie winkte uns hinein. „Bitte berühren Sie nichts!“ Wir stiegen eine steile, mit rotem Bastteppich belegte Treppe hinauf. Mutter machte selbst das Licht in dem dunklen Raum an. Sie bewegte sich selbstsicher über den alten Teppich, so als ob sie schon oft hier gewesen war. „Du stellst dich jetzt an den Treppenabsatz. Wenn jemand kommt, gibst du mir ein Zeichen.“ Ich nickte und folgte ihr mit neugierigem Blick. Was sie wohl vorhatte! Sie blieb vor einem braunen Lederkasten stehen und starrte ihn an. Mutter erzählte mir später, dass es ein Highlight ihres Lebens gewesen sei, damals im Museum vor dem Grammophon von Alexander von Humboldt gestanden zu haben. Sie knipste geräuschlos das Messingschloss auf und schob den schweren Deckel nach hinten. Sie sah kurz zu mir herüber. Ich winkte aufgeregt mit beiden Armen. Sie schloss sofort den Kasten. Ich grinste, streckte die Zunge raus und signalisierte: Fehlalarm. Sie schüttelte den Kopf und öffnete erneut den Musikkoffer. Aus einer eingenähten Tasche nahm sie vorsichtig eine Schallplatte heraus. Sie war sehr neugierig auf die Musik, die Alexander von Humboldt damals in der unentdeckten Welt gehört hatte, sagte sie später. Das Label war von Brunswick. Sie stutzte kurz. Da stand „Made in England“. Sie kannte Brunswick nur den USA zugehörig. Brunswick Records zählte Ende des 19. Jhdts zu den „Big Three“, mit Columbia Records und Viktor Talking Machine Company. Später verkaufte Brunswick an Warner Brothers. Aber England? Mutter drehte die Schallplatte in Ihren gespreizten Händen.
 
 

 
 
Später erzählte sie mir, dass sie mit gemischten Gefühlen auf den Titelsong reagiert hatte.  „Don‘t cry Joe. Let her go, let her go, let her go.“ Mutter hatte sich vor Kurzem von Vater getrennt. Sie steckte die Schellackplatte behutsam in die Stofftasche und verschloss den Lederkoffer. Dann kam sie zu mir, nahm meine Hand, drückte sie und hielt mich fest. So verließen wir das Museum. Unterwegs sagte sie zu mir: “Wenn man nichts berührt, erweckt man auch nichts.“

Ich verstand damals nicht, was sie meinte. Wenn ich heute Johnny Cash oder Little Richard oder Buddy Holly höre, dann denke ich an sie. Ich sehe sie am Orinoko stehen, mit Blick auf das Grammophon, die glänzende Schellack in den Händen.

Let her go, let her go, let her go.

2021 29 Jan.

Mental note of a radio night (for Steve T.)

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By circumstance, the „Klanghorizonte“ of Feb. 20 will start at 2.05 a.m. Two hours with recent and forthcoming releases, two hours of time traveling. Stefan Schneider‘s „Mapstation“ album will be extensively featured, with excerpts from an interesting interview. Another album, strongly linked with the first big lockdown, is Mats Eilertsen‘s solo bass work „Solitude Central“. As is Sleaford Mod‘s „Spare Ribs“. Aside from being a visceral comment on English politics and hipocrisy of Boris J (the man who wants to end the BBC as a voice of the people) and his small-minded inner circle, their songs go also back to survival strategies in a rather rough childhood. Ray Davies would certainly like the duo’s take on their own „Muswell Hilbilly“ memories. Fife genius James Yorkston will join  the circle of the first hour with two songs from his brilliant teamwork with The Second Hand Orchestra, and contribute some insights into these tracks („you chose the happy songs, Michael“, he said with a smile). A duo from Austin, Texas, named „Trees Speak“, strangely connected to the krautrock era,  and Elephant9, Norwegian‘s inventive take on the golden times of „fusion jazz“,  will complete the first fifty-five minutes, or, if time is running too fast, get their shining appearance a bit later, along with Joe Lovano’s Trio Tapestry, Brian Eno‘s „Rams“-soundtrack, Jakob Bro‘s trio with Arve Henriksen and Jorge Rossy, a Finnish piano player‘s solo committed to Russian painter Kandinsky, the Tindersticks (guests of the night since their famous second album), Mats Gustafsson‘s awesome Fire! – and poems by Dana Ranga and Martina Weber, from their recent books „Cosmos!“ and „Häuser, komplett aus Licht“. The hours three & four are full to the brim with time travel activities – one is centered around two albums  of Italian „re-packager“ of avant and pop flair, Tiziano Popoli, and  the penultimate hour contains a thoughtful „mix-tape“ set in motion by memories on the music of the late David Darling. In April, two months later, the „close-up“ hour of the „Klanghorizonte“, in the middle of the night, is booked out with some well-chosen ECM-works of the cello player with producer Manfred Eicher between 1979 and 2000. Now it‘s time for another Sylt walk, way up north, „Weststrand“. Steve Tibbetts knows this island very well.

 
 

Just been a listener of this „webinar“ with Brian Eno leading the discussion. Organized by Client Earth. It was interesting, inspiring, a bit creepy and humourous in equal measure – done with a smart  way of  making highly complex interactions (machine/humans/nature) appear not too complex – or overpowering (at least for AI😉.) No doubt, Brian, as a music man, had the best sound of the trio (the best microphone?). Well, what to make about this all? Being quietly optimistic may be a good attitude instead of being too euphoric or desparate (not so many alternatives). Have to look for a kind of podcast of this one-hour-webinar that makes you really think „outside the box“.

 

The 2020’s is a revolutionary decade. Most likely, cleantech will drive out fossil fuels, biotech will re-engineer the food system, governments will act to save the environment and China will dominate Eurasia. All the while AI will spread across the economy and climate change will loom over us.

What happens when AI joins the battle against climate change? In this special one hour seminar Danny Hillis and Howard Covington will explore the themes that will determine how the decade unfolds.


 
 

That was a special moment, yesterday, when returning from the sea with a long grey coat soaked full of rain and water dripping from it till dusk in the bathroom. Coming to rest. Rune had send me a nice mail and the stream of two forthcoming albums. And, meanwhile I listened to both of them, one before midnight, and one down by the sea, some hours ago. A lovely sky, sun shining, strangers smiling, and when no one was around, except three coloured birds I had never seen before, my beach chair turned into a discotheque playing Mats Gustafsson‘s new Fire! album with verve! And what a fine labour of work is that: he‘s blowing the flute here, too, and in moments, you think you‘re inside the world of Herbie Mann‘s „Stone Flute“. Just an apparition. Rhythms as flexible as tight and fully loose, and a transparency of sound that is definitely not what springs to mind first when thinking of the „style“ we think we know from the Swedish post-free-jazz matador. The man who loves going for the wild seems to be in a very relaxed mood without sacrificing, pun intended, the fire in „Fire!“ The spirit of Albert Ayler is never too far away! – The other high quality work comes from Elephant9. And surprise: Stale Storlokken‘s band also moves into a laid-back version of their otherwise well-known ability to create a decent tour-de-force. Again, Stale‘s keyboard collection evokes strong vibes of old time fusion music, but with a freshness and delicacy far away from smartass-like walking down memory lane. From a distance, something like an „ocarina-sound“ may receive a warm welcome from Pat Metheny‘s late 70’s state of mind. Another excellent new skin for an old ceremony.

 

Mats Gustafsson – Flute, baritone sax, live electronics
Johan Berthling – Electric bass
Andreas Werliin – Drums
with Goran Kajfes – Quartertone trumpet
Mats Aleklint – Trombone, sousaphone, horn arrangements

 

Ståle Storløkken – Rhodes piano, Hammond organ, grand piano, Eminent 310, Mellotron, Continuum
Nikolai Hængsle – Electric bass, electric and acoustic guitars
Torstein Lofthus – Drums, percussion

 


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