Manafonistas

on life, music etc beyond mainstream

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Das im Kulturzentrum Bahnhof Langendreer gelegene endstation.kino wurde 1988 eröffnet und zeigt „alles, außer Mainstream“. Das monatliche Programm ist durch Spiel- und Dokumentarfilme aus allen Kontinenten geprägt, die, wenn möglich im Original mit deutschen Untertiteln gezeigt werden. Und im Eröffnungsjahr gastierte „The Tranquil Club presents Meshes of the Afternoon“ dort.

Am Tag nach der Veranstaltung sass ich in der VHS Bochum. Ein paar Büroräume neben meinem Arbeitsraum sass der Kinobeauftragte, und runzelte mit der Stirn. – Micha, sagte er, das war weitgehend sehr beeindruckend! Aber warum hast es es denn so schrecklich enden lassen. Die ganze Atmosphäre wurde zerstört.Ja, antwortete ich, darüber lässt sich streiten, aber ich habe mir schon was dabei gedacht.

Als die Zuhörer langsam in das kleine und bald ziemlich gut besetzte Kino kamen, stand vor der Leinwand das Klavier, und Olaf Günther, mein Mitstreiter, hatte sein Flügelhorn auf einem Kissen abgelegt. Es lief „Thursday Afternoon“ von Brian Eno.  Ich versuche den Ablauf, aus der Erinnerung zu rekonstruieren. Im Laufe des Abends zeigten wir den Film dreimal. Einmal als Stummfilm, einmal mit der Musik, die Maya Derens zweiter Ehemann damals dazu komponierte, sehr fragile Töne. Und einmal spielten Olaf und ich zu den laufenden Bildern.

Zuerst die Stummfilmfassung, und zum Ende hin unsere Improvisation. Ich hatte ein paar Klavierstunden genommen, und lernte mit wenigen Tönen und vielen Pausen nichts falsch zu machen, Olaf war grossartig am Flügelhorn: er war der gelernte Musiker, setzte aber auch nur asketische Töne in den Raum, die die Bilder „öffneten“, statt zuzudecken.

Drei mal vierzehn Minuten also waren dem Film gewidmet: zwischen den einzelnen Darbietungen gab es einmal ein freies, ruhiges Stück von Olaf und mir – und dann meinen „Filmessay“. Das war natürlich eine Freude.  So stelle ich mir spannendes Experimentalkino vor. Rückblickend denke ich, wir hätten das mit vielem anderen interessanten Kurzfilmen in etwa der Art machen können, aber es blieb ein einmaliges Ereignis, und der Tranquil Club, löste sich 1990 auf, nach einer Serie von Auftritten in Köln, Dortmund und Castrop-Rauxel.

Da sass ich also bei dem Filmfachmann der VHS. Und er beschwerte sich über das Ende. – Ja, sagte ich, das war laute bizarre surreale russische Rockmusik von Zvuki Mu, produziert von Brian Eno. Ich wollte, dass am Schluss die Stille zerreisst. Und manche Kinobesucher aus ihrer Trance geholt werden. Das war ja die Frage, etwas Ruhiges, und dann gedankenverloren in den Abend hinaus, oder etwas Hartes, Unerwartetes. Einig wurden wir uns nicht, er hatte ja auch gute Argumente auf seiner Seite. Und dann legte er mir eine Videokassette auf den Tisch, eine Leihgabe, er hatte mir das Teil auf meinen Wunsch hin besorgt. Robert Aldrichs „Das Doppelleben von Schwester George“. Aus dem Jahre 1968.

 

(P.S. Eine Version von Maya Derens „Meshes of the Afternoon“ ist hier auf dem Blog zu sehen, einige Tage zurück scrollen, zum 4. Januar. Die Filmmusik da stammt von Bird‘s Eye.  Siehe auch: mayaderen.org –  ich bin dann mal weg, und kehre, aller Voraussicht nach, am 3. Februar hier auf den Blog zurück, am Tag meiner Ausgabe der JazzFacts mit Neuem von der improvisierten Musik, im Deutschlandfunk, um 21.05 Uhr. Wenn in den letzten Januartagen noch Monatsempfehlungen offen sind, albums of February etc etc, kümmere ich mich, aus der Inselferne, darum. – BACK HERE ON FEBRUARY 3!) 

 

Es ist an Dämlichkeit sowie akutem Mangel an sozialem Verantwortungsbewusstsein schwer zu überbieten, wenn Welt-Herausgeber Stefan Aust behauptet: „Die Maske muss der Maske wegen getragen werden. Als Symbol für Gehorsam den Maßnahmen der Regierenden gegenüber.“ „Hast du sie nicht mehr alle, Stefan?“ Und das hat er allen Ernstes gesagt – 100% irreführend und falsch, füttert er damit zudem den Starrsinn von Impgegnern. Und idealisiert deren Verhalten noch als reflektierten politischen Widerstand. Lächerlich. Ein bisschen Basiswissen ist ja njcht so schwer. Bei Jauch würde das hier gerade mal für eine 100-Euro-Frage reichen: MASKEN SCHÜTZEN (durch das Tragen von Masken resp. FFP-2-Masken werden Menschen weitaus besser vor von aussen kommende Viren geschützt (als ohne Masken), und schützen andere weitaus mehr vor Infektion (als ohne Masken) – wenn irgend möglich, nur FFP-2-Masken einsetzen!) Wie kommt Stefan Aust dazu, diese wissenschaftlichen Fakten auszublenden, und so einen gequirlten Unsinn von sich zu geben? Nennen wir es Altersstarrsinn. Oder einen Fall für den Psychoanalytiker. Mit einem einfachen Blackout ist das nicht zu erklären.

Auftritt Rezo, Fussnote 1….

 

Austschhhh!!! Dass auch bedeutende Zeitgenossen mitunter an mentaler Schnappatmung leiden, bewies nun auch Stefan Aust, als er zum besten gab, dass die Virologen, die für „Zero Covid“ eingetreten sind, “Quacksalber“ seien. Es war, als das Thema hier aktuell war, eine andere, frühe Phase der Pandemie, und „Zero Covid“-Strategien zeigten zum Beispiel in Australien und Neuseeland eine Zeit lang massive Erfolge, d.h., diese Strategie rettete viele Menschenleben. Beim derzeitigen Stand der Dinge ist ein verändertes Vorgehen zielführend – ganz sicher ist es wenig förderlich, und auch ziemlich dämlich, seriös agierende Wissenschaftler wie z.B. Melanie Brinkmann in die Ecke der Scharlatanerie zu rücken. Damit reiht sich Aust in die kleine Gruppe intellektueller Vollpfost*innen ein (wie zuvor schon unsere linke Impfgegnerin Sahra Wagenknecht, oder Svenja Flaßpöhler, die wohl blasierteste Philosophin, die mir je in den öffentlich-rechtlichen Medien begegnet ist), die altes Öl in populistische Feuer schütten, statt zu versachlichen.

Heissluftkapriolen, oder: Wie kommt ein einst aufklärerischer Geist dazu, so einen Schwachsinn zu erzählen?

Time Travel. January 17, 2022: 100 Euro Strafe muss künftig jeder Grieche ab 60 Jahren berappen, der noch nicht geimpft ist. Die Einnahmen sollen den Krankenhäusern des Landes im Land zugutekommen. Es gibt auch noch gute Nachrichten.

 

Ein kurzer Film über die Liebe 🎩🎩🎩🎩1/2

1917 🎩🎩🎩🎩🎩

Bob Marley and The Wailers: The Capitol  Sessions 🎩🎩🎩🎩

Leonard Cohen: Bird On A Wire 🎩🎩🎩🎩1/2

 

 

„Most of all, though, it’s about the music, of Cohen at the peak of his power, mesmerising audiences with beautiful, sad songs. And then, on the final night of the tour in Jerusalem, it all gets too much. Cohen breaks down on stage; he’s crying, the band’s crying, the audience is crying, I’m crying. I don’t know why, but I am. You know what? It’s OK to cry.“

Sam Wollaston, on Bird On A Wire

2022 5 Jan.

„Unbutton me“

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Würzburg, 1978, roundabout. Ich habe mein Leben nie in Fotosammlungen festgehalten, und darum sind solche Fotos pure Überraschungen. Zeitreise-Flashs. Jüngst wurden mir drei Bilder aus ungenannt bleibenden Quellen zugesendet. Ob ich die anderen zwei hier ausstelle, mit launigen Anmerkungen, weiss ich noch nicht: bei dem eine könnte mir fälschlicherweise Drogenkonsum unterstellt werden, bei dem anderen tritt meine feminine, androgyne Seite sehr deutlich hervor (vor verhassten Tulpen). My secret life … „O, mein Gott, habe ich diese Jacke lange nicht gesehen, dabei kann ich mich jetzt genau erinnern, aber sowas von genau, wie sie sich anfühlte, der Stoff, die Knöpfe, alles …“

2022 5 Jan.

Richard Skelton: The Guidonic Hand

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Ab und zu bekomme ich Post von Richard Skelton. Jedesmal wird meine Erwartung übertroffen. Am besten: Zeit, Dunkelheit, Höhlenlicht. In der mittelalterlichen Musik war „die Guidonische Hand“ eine handflächenähnliche Gedächtnishilfe, die dazu diente, das Ringsumsehen zu lehren, das Besichtigen. Hier nun stellt sich der hyperboreische Klangkünstler Skelton dieses Hexachord-Anhängsel als eine Tallandschaft vor und nutzt das Schaben, Wehklagen und Stöhnen von Cello, Holzbläsern und gestrichenem Becken, um die verkümmerten Pfade zu kartieren und das unheimliche Klima zu beschwören.

Bekanntermassen kam aus meinem Golf (drei Wochen fuhr ich ihn bis zur letzten Ölung) nur noch schwarzer Rauch raus, die Autos hupten hinter mir, als drohte die Möhre, gleich zu explodieren. Als der Händler dann noch behauptete, der laufe doch einwandfrei (wohl nur, weil nichts brannte, und ihm das Caravaggio-Schwarz ästhetisch zusagte, das aus dem Auspuff schoss), habe ich kurz Klartext mit ihm geredet, 1500 Euro eingesteckt, und mir einige Toyotas angesehen. Geile Karren, total zuverlässig, und dieser neue, metallisch blaue, Yaris (Lorenz aus Leinfelden meinte ihn schon auf dem Parkplatz der Sansibar erkannt zu haben), lachte mich tatsächlich an, bekam aber im letzten Moment einen Korb.  Ich will nämlich etwas Zeit ins Land gehen lassen, die Jahreswagen waren nach der Flutkatastrophe alle rasch aus den Beständen verschwunden, und vielleicht hat ja ein Leser dieser Zeilen ein Schnäppchen für mich. Und so steht nun also eine Reise mit einem Leihwagen von Peugeot (oder ist es ein Renault) auf dem Programm, den ich mir als langjähriges ADAC-Mitglied recht günstig besorgen konnte.  Als Zwischenstation ist der Laden der „Kaffeezentrale“ in Bochum ausgemacht –  eine tolle Webseite hat mein Kaffeedealer, und wer einmal anfängt mit den Bestellungen, kommt leicht auf den Geschmack. Mein jüngstes Highlight ist die rote Tüte von Mocambo, im traditionellen Trommelröstverfahren hergestellt. Eine feine, verhaltene Intensität, mit Spuren von Kakao, Haselnuss und  Karamell, die auch im Cappuccino noch Bestand haben. Und die Liebhaber einer langen Tasse Kaffee werden den mild-würzigen Geschmack zu schätzen wissen. Es ist Samstagnachmittag, der Mocambo Suprema wird gleich zubereitet, die Beine hochgelegt, und Joona Toivanens neues Album „Both Only“ geht in seine zweite Hörrunde. Piano, Bass, Schlagzeug: wer da an „alte Hüte“ denkt, wird staunen, wie herrlich eigenartig die Drei ihre speziellen Tranceinduktionen anrichten, von Textur zu Textur. Bestens aufgehoben neben The Necks, Nik Bärtschs Ronin, und Dawn of Midi. Round and round and round it goes …

(Ein bisschen wie in Eric Rohmers alten Filmen geht es hier zu. Ein wenig langweilig also, ihr seid gewarnt. Alles spielt 1971, nein, 1972.) Die Erinnerung schrumpft mit den Jahren ein wenig zusammen, ich könnte mich hypnotisieren, und ein paar weitere Details wachrühren, aber wenn ich alle Jahre wieder (von irgendeinem Trigger getriggert) auf diese drei Wochen in der Hafenstadt Sète zurückblicke, drängeln sich einige Szenen immer wieder nach vorne, und sie tuen das wahrscheinlich aus gutem Grund. Mit mir im Zimmer war der Sohn der grossartigen Chefin des Düsseldorfer „Kommödchens“, und wir entwendeten eines Abends an der Kaimauer (er hiess auch Kai, glaube ich) ein Boot und paddelten zu einem Dampferkoloss, einmal um das Ungetüm herum, und kamen uns vor wie in einem Abenteuerroman. Es passierte allerdings nichts. Nachmittags tranken wir gerne mal einen Pernod, und aus der Jukebox kam dieser simple, rein instrumentale Synthi-Hit, der ungefähr diese Lautfolge hatte: pak pak pak pak pak pak pak. Kein „pak“ zu wenig, und wer ahnt, um welchen Track es sich handelt, kann die perfekte Modulation dazu liefern. (Jan Reetze, übernehmen Sie!) Unvergessen die ausladenden mehrgängigen Gelage am Mittagstisch bei der Arbeiterfamilie, in deren Etage wir wohnten, der Rotwein floss in Strömen, und wir krachten danach regelmässig auf unsere Betten. Im Nachbarzimmer waren in dieser sehr geräumigen Etagenwohnung zwei Girls untergebracht, und all meine Erinnerungen  an den Film „Zur Sache, Schätzchen“ wurden wachgerufen. Wir fummelten, aber die grosse Urlaubsliebe blieb ein Traum, was auch daran lag, dass ich die Zeichen der jungen Sprachlehrerin nicht verstand, und lieber, wie ein literarischer Vollsnob, mit ihr über die Finessen des Absurden Theaters stritt, in bestem Schulfranzösisch. Statt in ihrem Bett landete ich am letzten Tag neben ihr auf dem Sand, ein paar Schritte vom Meer entfernt, es war die Abschlussparty von EF-Ferienreisen, und Monique Veranne (den Namen werde ich nie vergessen, und könnte ich gut zeichnen, würdet ihr sie hier alle zu sehen bekommen, so sehr hat sich diese finale Szene in mein Gedächtnis gebrannt) strich mit einer kleinen Geste, die aus dem Nichts kam, sanft mit zwei Fingern über meine Lippen, kniff mich in die linke Wange, und flüsterte in mein Ohr (natürlich auf französisch) die Worte: „Du süsser, kleiner Idiot!“ In diesem Moment begriff ich, was ich wohl verpasst hatte, und hätte zu gerne das Rad der Zeit ein paar Tage zurückgedreht: wir sassen in einem überhitzten Bus, auf der Fahrt ins Hinterland, und Monique ein paar Reihen vor mir, rechts neben dem Fahrer, ich sah ihre herrlich ranken Beine, hörte ihr weiches Lachen,  und als wir um Montpellier herumkurvten, sah ich ein Plakat, das ein Konzert von José Feliciano ankündigte. Das liess mich kalt, ich hielt den guten José für einen Schmalzspieler, doch an jenem letzten Abend, als Monique mir, wie heisst es so nett, „einen eingeschenkt hatte“ („ich bin ja so doof“, war mein  profanes Mantra, noch Wochen später), konnte ich mir endlose Minuten lang nichts Schöneres vorstellen, als zu den süssen Sounds seiner Konzertgitarre von dieser hinreissenden Lehrerin der Sprache (und wohl auch des Herzens) eine Nacht lang durchgevögelt zu werden.

 

 

Four seasons. Taylor Sheridan (the man in tbe background). Kevin Costner. Confess: one of my favourite actors. Even loved „Waterworld“, and „The Postman“. Now this: four seasons of „Modern Western Noir“. Great acting. Great directing. Won‘t lift the soul in a naive way, but keeps you flowing with waves, kind of. Dark waves. Angels all gone. Evrything’s broken, like in that Dylan song. But: John Steinbeck would have loved it. In the words of Mr. Sheridan:

 

You still hang out with cowboys. Do they watch a lot of westerns?

Oh, it’s all they watch. [Laughs.] Every cowboy I know has a copy of “Lonesome Dove” and has watched it 700 times. They don’t watch anything but cowboys.

You got your start in Hollywood as an actor on TV series like “Sons of Anarchy” and “Veronica Mars.” Did anyone on those shows become a mentor when you started writing your own screenplays?

Honestly? My mentor was Cormac McCarthy. My mentors were Larry McMurtry and Toni Morrison and Gabriel García Márquez and John Steinbeck. All the writers who moved me.

I’ve never taken a screenwriting class in my life. Most of the television work I did was not very good. I never had a fancy agent, so I never got to read for the really good movies. When I quit acting and decided to tell my own stories, I had kept most of the scripts I auditioned for and a bunch of them that I’d done, so I sat down and spent about four days rereading them. I told myself, “OK, I have no idea how to do this, but I just spent four days reminding myself how not to.”

What did you take away from that? What are you aiming for with your work?

I hope it will be an honest reflection of the world and will feel authentic. I try to write dialogue I think is believable coming from people’s mouths, but I also like it to be slightly elevated. I’m trying to make it sound a little timeless. When I write a screenplay, I try to write a book. When I shoot a TV show, I try to shoot a movie.

 

 

1. Brian Eno: Another Green World
2. Keith Jarrett: The Köln Concert
3. Neil Young: Tonight‘s The Night
4. Joni Mitchell: The Hissing of Summer Lawns
5. Ralph Towner: Solstice


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