Manafonistas

on life, music etc beyond mainstream

2023 9 Jun

Ein Buch mit Kraft

von: Jochen Siemer Filed under: Blog | TB | Tags:  34 Comments

 

 

„Man kann jedoch seine Gedanken nicht aufmerksam und ohne jede Wertung dabei beobachten, wie sie auftauchen und wieder verschwinden, wenn man nicht bereit ist, sich dann auch auf radikal ehrliche Weise dem zuzuwenden, was man schrittweise zu sehen beginnen wird: die leidvolle Ruhelosigkeit des eigenen Geistes; die eigenen Gewaltfantasien; den Neid und das Bedürfnis nach Vergeltung; die Langeweile und die Gekränktheit; die subtilen Grundgefühle von existenzieller Einsamkeit, innerer Leere und Verzweiflung.“

Thomas Metzinger, Bewusstseinskultur

 

Der Philosoph und Kognitionsforscher Thomas Metzinger ist ein interessanter Autor, der viel Erfahrung hat mit meditativen Praktiken und dem sachgemäßen Ausprobieren einer Vielzahl von bewusstseinserweiternden Substanzen, die er einer kritischen und letztlich Abstand nehmenden Betrachtung unterzieht. Er verbindet innere Schau mit politischem Engagement, indem er beispielsweise „intellektuelle Redlichkeit“ einfordert hinsichtlich der durch unseren Lebenstil verursachten drohenden Klimakatastrophe: die Zeit des Optimismus sei vorbei. Ich musste schmunzeln, als er in einem Gespräch auf die provokante Frage (angesichts seiner offensichtlich agnostischen Grundhaltung), ob er Hoffnung habe, Krishnamurti zitierte mit den Worten, Hoffnung sei ihre eigene Hölle. Ich erinnere mich an eine tiefere Meditationserfahrung auf einem Sufi-Camp Mitte der Achtziger Jahre. Mir fiel damals auf, dass mein Geist sich störend an Dinge und Projekte heftete, die aus einer gefühlt unvollkommenen Gegenwart hinaus in einer projizierten Zukunft Identität, Verwirklichung und Erfüllung bringen sollten. Nach dem Motto: „Ja, wenn ich erst den neuen Fitness-Tracker habe, dann fange ich an zu laufen“.

 

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34 Comments

  1. Henning Bolte:

    ja, in der Tat immer ein wildes auftauchendes Gemisch

  2. Lajla:

    Mit säkularer Spiritualität gegen die planetare Krise?

    Glaube vs. Spiritualität: Was hilft uns in der Klimakrise? | Sternstunde Religion | SRF Kultur

    Sehr zu empfehlen.

  3. Alexander Fritz:

    Endlich mal ein Philosoph, den ich ernstnehmen kann, danke für die Hinweise.

    Die Idee, dem menschengemachten Klimawandel – ich finde den Begriff Klimakrise zu anthropozentrisch – mit Meditationspraktiken zu begegnen, finde ich hochinteressant.

    Allein schon deshalb, weil man beim Meditieren gerade nicht konsumiert und die Treibhausgassituation verschlimmert, sondern im Gegenteil den Organismus zurückfährt. Das ist glaube ich nicht das Hauptargument für Meditation von Metzinger, aber ich finde das wichtig, weil dadurch eine Konsistenz zwischen Denken und Handeln entsteht, die momentan nicht gegeben ist.

  4. Karsten:

    Überzeugend finde ich vor allem, dass er „intellektuelle Redlichkeit“ einfordert.

    Der Begriff „Klimawandel“ passt dazu m. E. schon mal nicht: Es handelt sich zweifellos um eine globale und umfassende Klimakatastrophe, die längst begonnen hat und sich in Zeitlupe entfaltet (die halbe Welt brennt schon wieder, Überschwemmungen in Südeuropa und Afrika, Dürren allerorten – da erscheint mir „Klimawandel“ doch arg euphemistisch).

    Frankreich ist wohl dabei, sich ehrlich zu machen und befragt die Bevölkerung, ob man sich politisch auf eine 2- oder 4-Grad-Erwärmung einstellen soll. 4 Grad sind sicher redlicher. Die hiesige Politik ist leider zu feige und/oder zu skrupellos, um den Wählern eine solche Frage zuzumuten …

    Was Metzinger zur Meditation schreibt, ist zwar interessant, aber aus der Erinnerung kann ich jetzt nicht mehr sagen, inwieweit sich das von mentalem Preppertum unterscheidet.

  5. Alexander Fritz:

    Wenn man das Klima in etwas größeren Dimensionen betrachtet, dann befinden wir uns aktuell noch in einer Eiszeit (Polkappen vereist). Erdgeschichtlich betrachtet sind eisfreie Polkappen normal. Und eine Katastrophe ist der Klimawandel vor allem für uns Menschen. Die Natur stellt sich auf wärmere Temperaturen ein. Sicher sterben viele Arten aus, aber es entstehen auch neue Arten. Klimawandel ist neutral und nicht euphemistisch.

    Ich habe das Buch – als E-Book 6 Euro statt 22 Euro gedruckt – gerade erst angefangen, aber in der oben von Lajla verlinkten Sendung verstehe ich die Meditation so, dass sie schon zum einen eine Möglichkeit darstellt, den eigenen Tod vorweg zu erleben (mentales Preppertum sozusagen), aber auch eine Methode ist, um eine spirituelle Erfahrung wie eine Art Erleuchtung, dass es so nicht weitergehen kann, zu erlangen, die wenn sie von einem großen Teil der Bevölkerung gemacht würde (mentaler Kipppunkt sozusagen), schon zu einer Umkehr führen könnte weg vom konsumistischen, wachstumsbasierten Wirtschaftsmodell hin zu einem unbequemeren, nachhaltigen Modell.

    Interessant ist ja der Hinweis der insbesondere christlichen Kirchen, die Metzinger zurückmeldeten, dass sie die Infrastruktur hätten, die für so einen Bewusstseinswandel im großen Stil nötig wäre.

  6. Karsten:

    Wandel = langsam – das gibt und gab es schon erdgeschichtlich. Katastrophe = schnell, menschengemacht, für die Menschheit und Milliarden heutiger und zukünftiger Individuen mit furchtbaren Folgen und mit der Folge eines menschengemachten(!) Artensterbens.

    Dass es Artensterben ähnlichen Ausmaßes in der Erdgeschichte schon gab, tröstet mich irgendwie nicht. Für mich ist „Wandel“ daher eine Verharmlosung der Situation, die uns die Illusion gibt, wir hätten noch Zeit, zu reagieren und wir seien nicht allein Schuld. Das wiederum ist, auch lt. TM, intellektuell einfach nicht redlich – ebenso wenig wie den Verweis auf Eiszeiten, übrigens.

    Ich sehe es wie Greta Thunberg: „I want you to panic!“ (an die Politik gerichtet).

    Zum Thema Meditation: Das hatte ich auch so verstanden, allerdings weiß ich nicht mehr, wieso es intellektuell redlich sein könnte, davon auszugehen, dass ein nennenswerter Teil der Bevölkerung plötzlich zu meditieren beginnt. Muss ich nochmal nachlesen – ich möchte TM nicht Unrecht tun.

  7. Uli Koch:

    Danke Jochen, dass Du auf dieses so wichtige Buch aufmerksam machst.

    Es geht hier vor allem um die Frage mit welcher inneren Haltung wir den aktuellen Herausforderungen der Welt- und Klimaentwicklung begegnen können. Das heißt nicht immer, dass die anstehenden Probleme derzeit von uns richtig oder besser: präzise eingeschätzt oder gelöst werden können, aber es im Augenblick eklatant an einer Haltung mangelt, die fähig ist mit den Belastungen sowohl im Außen wie auch im inneren Erleben umzugehen.

    Die Wege und philosophischen Voraussetzungen eine solche Haltung zu entwickeln, ist zentrale Absicht von Metzinger’s Bewusstseinskultur und da spielt Meditation als bedeutsame Möglichkeit einer Kultivierung des Geistes eine ausgesprochen wichtige Rolle, da sie mit zunehmender Übung ein Zurücknehmen einer eigennützigen und selbstbezogenen Haltung fördert und die Entwicklung von Mitgefühl als sozialem Kulturelement anregt.

    Es geht hier nicht um mentales Preppertum, sondern eben um einen Weg den Herausforderungen unserer Zeit mit aufrichtigem und klarem Geist zu begegnen und das werden wir sicher nicht mit Greta Thunbergs Absicht „I want you to Panic“ erreichen – das ruft nur das Gegenteil hervor.

  8. Karsten:

    @ Uli Koch: Danke für die Klarstellung und Gedächtnishilfe!

    Warten wir also ganz entspannt auf die Entwicklung von Mitgefühl ;)

  9. Michael Engelbrecht:

    Ich halte es für an den Haaren herbeigezogen, ein Modell von k o l l e k t i v e m Bewusstseinswandel zu propagieren, das u.a. durch Meditation im grossen Stil in Gang gesetzt wird. Transzendentale Meditation (TM) hat das schon in den USA propagiert, für die Erziehung von Kindesbeinen an, etc. (mit widerlichen Ausbeutungspraktiken, by the way). (((Immer wieder klasse in diesem Zusammenhang: DAVID WANTS TO FLY, DOKU)))

    Metzingers Ansatz ist vordergründig weise, und hintergründig seltsam UNREDLICH, und realitätsfern. Weil: all sein Gedankengut, bis hin zum „Scheitern in Anmut“ (noch der ehrlichste Aspekt, denn das Scheitern ist dieser sehr schwammig definierten „Bewusstseinskultur“ gewiss!😉), nur einer kleinen, nicht bildungsfernen Elite zugänglich ist – und auch nur, realistisch betrachtet, von einer kleinen Elite angewendet werden wird, deren Strahlkraft allerdings nicht weit über das eigene Biotop hinausreicht.

    Metzingers behutsam und intelektuell scheinbar so redlich inszeniertes „Weltrettungsszenario“ / oder „Weltbegegnungsszenario“ ist ziemlich hanebüchen: dadurch, dass er permanent alten Wein in neue Schläuche schüttet, macht der intelektuell beschlagene Leser zwar automatisch öfter den Nickaugust (keine Frage, dass Meditation eine gute Alltagspraxis ist etc etc.), aber die Praxistauglichkeit ist himmelschreiend naiv.

    Genau der besinnliche Stoff für eine kleine sich erhebende umd erhaben gebende Elite, während ringsum im Land die alten Reflexe greifen, die AfD auf 20 Prozent stürmt etc etc.

    …. und diese Meinung hier stammt von einem, der seit langem die Grünen wählt! Und öfter in seinem Leben Meditation praktiziert hat.

    Was durch die Inhalte dieses Buches weitaus eher voran getrieben wird – traurig aber (ich fürchte) wahr – ist eine weitere Parzellierung produktiver mentaler Ressourcen, eine weitere Variation von „Gutmenschentum“.

  10. Ursula Mayr:

    Ich habe das Buch nicht gelesen und werde es auch nicht tun, man sehe es mir bitte nach wenn ich jetzt Unsinn rede, dann ist es eben Unkenntnis. Soweit ich mich zurückerinnere, wird die TM bereits im Westen seit 1970 praktiziert, auf der östlichen Hemisphäre natürlich ungleich länger. Es gibt sicher eine Menge Leute, die dadurch einen klareren Kopf und eine befriedetere Seele bekommen haben – mich vielleicht eingeschlossen – aber ich habe nicht bemerkt, dass sich die Welt seither besonders verbessert hätte und das Klima genausowenig.

    Dass man individuelle und globale Probleme am besten in einer ruhigen und kontemplativen Grundhaltung angehen soll, ist eine Binse. Dass man das sehr oft nicht schafft auch – jeder erinnere sich mal einfach an seinen letzten Streit und was ihm die TM da genützt hat. Ein bisschen vielleicht. Der Verstand des Menschen ist hoch einzuschätzen, gegenüber den Kräften, die sonst im Menschen wüten ist er meistens ohnmächtig.

    Auf jeden Fall werden wir die Klimakrise nicht wegmeditieren können – und ein bisschen Panik zu schüren scheint mir nicht dumm im Umgang mit der Teilmenge dickfelliger Herdentiere die unter uns lebt. Mancher braucht das, wobei wir die Dauerwurschtigkeit vieler auch nicht wegmeditieren können.

    Meine Empfehlung wäre nach wie vor auf die Empfehlungen integrer Wissenschaftler zu hören – die sich natürlich irren können, wie wir während der Covidkrise gesehen haben – aber wer irrt sich nicht im Neuland? Und soviel Verstand zu entwickeln dass wir erkennen wer helfen will und wer nur sein kommerzielles Krisenfallsüppchen kocht. Das würde uns mehr helfen als das Ganze Ommmm! In der Zeit sortier ich lieber meinen Müll.

    Somit subsumiere ich das Buch aus Zeitersparnis jetzt einfach mal unter „gefälliger Schwurbel“.

  11. Alexander Fritz:

    Ganz schön frech, ein ungelesenes Buch unter Schwurbel abzutun. Und intellektuell unaufrichtig, das würde Herrn Metzinger in mehrfacher Hinsicht und völlig zu recht missfallen.

    Ich finde das Buch im Gegenteil sehr inspirierend und klar und luzide geschrieben. Es hat zwar seine Wiederholungen, aber das ist unwesentlich. Herr Metzinger hält uns, dir und mir ganz direkt den Spiegel vor Augen. Man fragt sich, wenn man das Buch liest, auf welcher Seite man steht, bei denen, die ob der fürchterlichen Zukunft, die uns und zukünftigen Generationen droht, wissen und einfach so weitermachen?

    Will man wirklich zu dieser Gruppe gehören, die keine Achtung vor den anderen und den zukünftigen Generationen und damit keine Selbstachtung hat? Metzinger arbeitet hier geschickt mit moralischen Argumenten, denen man sich schwerlich entziehen kann. Er ruft eine Art von Wettbewerb aus, bei dem man auf der richtigen Seite stehen möchte. Das hört sich so, wie ich es jetzt geschrieben habe, evtl. etwas banal an, aber die Wahrheit ist manchmal einfach und es braucht jemanden, der sie ausspricht. Das ist mehr als die meisten Philosophen heute auf die Reihe kriegen, ich nenne jetzt absichtlich keine Namen.

    Ich freue mich auf die restlichen 75% des E-Books.

  12. Ursula Mayr:

    Frech ist mein zweiter Vorname, by the way.

    Nachdem, was hier geschrieben wurde, scheint mir das Buch einfach nicht viel Neues zu bringen, aber da lasse ich mich gern belehren, wenn mir jemand in einigen Sätzen Gegenteiliges erläutert. Dann lese ich es vielleicht auch. Bücher, die einem erläutern, auf welcher Seite man stehen soll bezüglich der Zukunft, gibt es zuhauf.

    Und dass hier keiner von uns zu den Wurstigen gehört, sondern zu denen, die sich Gedanken und Sorgen machen, ist doch klar – da brauchen wir doch jetzt niemanden, der uns nochmal die Augen öffnet und uns die Achtung vor der Schöpfung beibringt. Oder ist das bei jemand hier vielleicht nötig?

    Dass das alles gut zu lesen ist, glaube ich ja! Aber vielleicht kann mir trotzdem jemand schreiben, was er von diesem Buch wirklich profitiert hat. Da wird man niemand offener finden als mich. Für blosse Deklamationen allerdings niemanden tauber.

  13. Uli Koch:

    Hier scheinen einige Missverständnisse gerade von denen, die das Buch bekennend oder offensichtlich nicht gelesen haben, aufgekommen zu sein.

    Es geht Metzinger keineswegs darum zum tausendsten mal die Welt zu belehren, wie sie gerettet werden könnte, sondern um das Erarbeiten des philosophischen und lebenspraktischen Handwerkszeugs, um der derzeit kritischen Erdentwicklung zu begegnen. Nicht die Frage welche gerade diskutierte Lösung (und damit auch nicht die Meditation) am besten ist, sondern die Frage WIE und mit welchen Ansätzen wir uns Lösungswege erarbeiten können steht im gedanklichen Zentrum des Buches.

    Dabei ist er klug genug nicht als ewiger Wiederkäuer alter Ideen zu fungieren, sondern vielmehr Fragen zu stellen, von denen sicherlich die Wichtigste ist, mit welchem Bewusstseinszustand oder welcher Bewusstseinshaltung wir den anstehenden Problemen am besten begegnen können. Das macht insofern Sinn, als dass die derzeitigen Geisteshaltungen mehr als offensichtlich über ein zweifelhaftes Herumdiskutieren hinaus keine wirklich fassbaren Ergebnisse bringen. Zudem ist das Konzept einer Bewusstseinskultur philosophisch in dieser Weise andiskutiert doch innovativ und berücksichtigt Einstein’s Bonmot, dass man „Probleme niemals mit derselben Denkweise lösen kann, durch die sie entstanden sind.“ Genau dass wird aber gerade verzweifelt probiert, was dem Gas geben bei einem im Schlamm festgefahrenen Auto gleichkommt.

    Deshalb meine ersthafte Bitte sich nicht auf der Basis von Vorannahmen in Bewertungen zu üben – dieses Buch verstehe ich eher als Inspiration zum Weiterdenken.

  14. Lajla:

    Ich habe mir die Zeit genommen, die Sendung dreimal anzusehen. Wenn Metzinger der Religion die Spiritualität entgegensetzt, ist das ein Weg, den man einschlagen kann, um einen bestimmten Bewusstseinszustand zu erreichen. Gläubige beten. Ich lese viel Rumi und Jakob Böhme. Setze mich ans Meer oder liege in meiner Hängematte.

  15. Michael Engelbrecht:

    Ich habe das Buch via Kindle für 5,99 runtergeladen, und einige Sachen, die mich besonders interessierten, quergelesen gestern. Tu dir die Lektüre nicht an, Uschi! Es ist tatsächlich auf sehr clevere Art verschwurbelt. Wie er Meditationspraxis verankert, um beispielsweise alte Konditionierungen unserer Evolutionsgeschichte aufzubrechen (stetiger Wachstumswahn etc.) , liest sich zwar schön, ist aber eher ne sehr steile These, gewiss aber Wasser auf die Mühlen hehrer idealistischer Bildungsideale, die, mal ins politische Feld projiziert, den Charme einer 1 Prozent Partei verströmen.

    Und das bitteschön jetzt vor dem Hintergrund rezipieren, dass ich Meditation (jenseits manipulativer Sekten) sehr hoch schätze (übrigens ohne einen gern meist mitgedachten religiösen Hintergrund).

    Herr Metzinger, Sie versteigen sich hier in manchen Gedanken gewaltig, in my decent opinion.

    Tja, gut, dass hier Einhelligkeit vermieden werden konnte😉 – ich dachte schon ich sei auf einem Blog der Esoteriker und Homöopathisch-Erweckten gelandet, nach meiner Rückkehr.

    Für mich scheint das Buch herzlich wenig Gebrauchswert zu bieten, da mache ich mich – vergleichsweise – lieber auf den Weg zu den von Gregory „Peckory“ Bateson erforschten balinesischen Hahnenkämpfen😂

    Mit dieser Buchvorstellung hat Jo auf jeden Fall ein paar wunderbare Impulse gesetzt, da weiss man nun noch besser, wie diese Versammlung tickt. Interessant, wie wenig auf meine durchaus konkreten Einwände reagiert wurde, und vielmehr Uschis „unkorrekte“ Rezeption eines ungelesenen Buches in den Fokus geriet… dabei sprang einen da Verdammt-Kluges aus jeder Zeile an!!!

    Aber, ach und ja:

    «Wir stehen selbst enttäuscht und sehn betroffen / Den Vorhang zu und alle Fragen offen» (der gute Mensch von Sezuan)

  16. Lajla:

    Ich werde mir das Buch sofort kaufen, wenn ich in Deutschland bin. Vielleicht hier ergänzend noch die Erwähnung, weshalb sich Metzinger mit „der Kultur des Geistes“ beschäftigt. Er kommt zu der Erkenntnis, dass bisher der Mensch stets Lösungen gefunden hat. Jetzt sei aber festzustellen, dass er in Sachen Klimawandel nicht weiterweiss.

  17. Ursula Mayr:

    Uli: Okay, jetzt verstehe ich etwas mehr – es geht also darum, wie man die anstehenden oder bereits wütenden Krisen selber besser besteht bzw besser an deren Lösung mitarbeiten kann – durch Selbstbegegnung und das Entdecken der eigenen destruktiven Anteile – Metzinger meint das dann wohl mit „intellektueller Ehrlichkeit“, richtig? Ist nicht falsch!

    Nun gibt es sowas wie Psychotherapie seit 1900, der grosse Selbstbegegnungs-, Selbsterfahrungs-, Encounter- und Meditationsboom seit den 70ern, bis heute ungebrochen. Ein Teil der Menschheit setzt sich dem aus oder hat sich ausgesetzt, ein Spaziergang unter Rosen ist das nicht und ich habe auch meinen inneren Hitler entdeckt – ich wollte ich kennte ihn nicht. Jeder 4. ist etwa einmal im Leben in psychotherapeutischer Behandlung und entdeckt dabei auch seinen Jungschen Schatten.

    Vielleicht packen die jetzt die globalen Krisen besser – mag ja sein. Aber was ist da jetzt neu? Ich formuliere mei“ etwas überholter Ratgeber“.nen Richterspruch um in

  18. Ursula Mayr:

    Sorry für die Vertipper! Leider weiss ich nicht, wie man das ausbessert. Muss jetzt gleich in die Praxis – da will einer intellektuell ehrlich sein.

  19. Jochen:

    [sorry, Ursula, ich hatte es versäumt, deine WordPress-Benutzerrolle richtig einzustellen – Korrekturen sollten dir ab jetzt möglich sein (bei Bedarf)]

  20. Ursula Mayr:

    Danke, Jochen! Probier ich gleich!

    Lajla, ich glaube nicht, dass der Mensch bisher Lösungen für seine Probleme gefunden hat, sonst hätten wir neben der Klimakrise nicht noch so viele andere Probleme an der Backe – ich zähl jetzt mal nicht alle auf. Manchmal findet die Natur einen Ausweg – und löst das Problem der Überbevölkerung in der 3. Welt durch massenhaftes Verhungern – manchmal läuft sich etwas tot, manchmal ändern sich andere Gegebenheiten.

    Manchmal blitzt etwas wie Einsicht auf und es dämmert jemand, dass die Million verbrannter Frauen vielleicht doch nicht vom Teufel besessen war und man mit den Scheiterhaufen langsam aufhören sollte – Tschuldigung, da haben wir uns geirrt – als Lösung sehe ich das nicht.

    Vielleicht als Einsicht, wenn man direkt mit der Nase darauf gestossen wird und dann schnell Schadensbegrenzung her muss und inzwischen eine Dynamik entstanden ist, die sich kaum mehr begrenzen lässt wie derzeit unser Müllproblem. Wo wäre da die Lösung? Ich sehe nur Herumeiern und Gezänk zwischen Interessengruppen.

  21. Lajla:

     
    Kleine Bewusstseinsübung mit Rumi:
     
    Keep walking, though
    there‘s no place to get to
    Don‘t try to see through
    the distances.
    That‘ s not for human
    beings.
    Move within, but don‘t
    move the way fear makes
    you move …
    Today, like every other
    day, we wake up empty
    and frightened.
    Don’t open the door to the
    study and begin reading.
    Take down a musical
    instrument.
    Let the beauty we love be
    what we do.
    There are hundreds of
    ways to kneel and kiss the ground.
     

  22. Lajla:

    @ Uschi

    Aber ja, viele Lösungen sind durch die Menschheitsgeschichte hindurch gefunden worden; mit Hilfe der Naturwissenschaften und in der Medizin. Friedensverträge gibt es zu Hauf, Frauen erringen immer mehr Rechte …

  23. Uli Koch:

    Danke Lajla, für die Meditation mit Rumi. It’s just to keep it simple.

    Und was die Lösungen der vielen Probleme angeht: wir nehmen oft nur wahr, wenn wir nicht gleich die Lösung für ein Problem finden, die meisten Lösungen finden wir aber wahrscheinlich ganz leise und unspektakulär…

  24. Ursula Mayr:

    @ Lajla

    Das stimmt und ich habe auch grössten Respekt vor den Fortschritten der Naturwissenschaft. Allerdings schafft das ein neues Problem, nämlich eine oft verbohrte Wissenschaftsgläubigkeit mit Entfernung von spirituellen Inhalten.

    Wenn hier in medizinischen Chats jemand nur das Wort „Homö“ ausspricht braucht er gar nicht mehr „opathie“ zu sagen – schon heult die Community auf wie ein Wolfsrudel und stürzt sich auf denjenigen wie die Starfighter anstatt Dinge, die man noch nicht versteht, als Phänomen stehen zu lassen zwecks späterer Erforschung mit anderen Mitteln, die noch zu finden wären.

    Wer mit Homöopathie gesundet, ist ein Opfer des Placebo-Effekts und wer aussergewöhnliche Erlebnisse hat ist psychotisch, was anderes gibt’s nicht. Da besteht eine Abwehr von der Qualität der chinesischen Mauer. Alles hat seine Kehrseite.

  25. Michael Engelbrecht:

    Dass denn das Bewusstsein das Sein verändert, das mag im Kleinen gelten, doch sicher nicht im globalen Zusammenhang.

    Wenn also Uli allen Ernstes schreibt „(…)die meisten Lösungen finden wir aber wahrscheinlich ganz leise und unspektakulär…“, in einer munteren Diskussion zur Klimakatastrophe, dann spüre ich dezentes Augenrollen, denn: leise und unspektakulär mögen Lösungen gelingen bei Magenverstimmungen und Fersensporn, aber sicher nicht bei der Schmelze der Polkappen und der Erwärmung der Erdoberfläche etc.

    Auch die Tatsache, dass im Angesicht von Krieg und überall aufflammenden sozialen Krisen rechtspopulistsiche und faschistische Strömungen in westlichen Demokratien massiv an Einfluss und Rückhalt gewinnen, zeigt, das das Hoffen auf neues Mitgefühl (nicht zuletzt durch Exstase und Meditation) eine völlig abgehobene, abgedrehte Utopie ist.

    Es wird keinen Konsens im grossen Stil geben (woher denn bitteschön!?), eher schon krachendes Scheitern dieser im Gewande der Kognitionsforschung vorgetragenen Sonntagspredigt.

    Die Strahlkraft von Metzingers Visionen kommt nun wirklich nicht über den eigenen Gartenzaun hinaus, und füttert die Selbstgefälligkeit eines neuen elitären Habitus.

    Vielleicht schreibt Metzinger demnächst ein Buch über parallele Universen: mit den OMMMM MAANI PADME HUMMMS und passenden Drogen lassen sich gewiss ein paar himmlische Pforten öffnen – im Paradies gibts keinen sauren Regen.

    Was also leistet das Buch: es macht fraglos die dringliche Lage bewusst, und leider, leider, leider nicht zuletzt dadurch, dass die gesammelten Vorschläge zur Lösung so fucking unrealistisch sind.

  26. Henning Bolte:

    Ich lese von Berlin aus mit. Man könnte aus den bisherigen schönen Kommentaren sicherlich ein anregendes Kammerspiel Theaterstück zusammenbasteln. Eine Art Rastlager von unterwegs Seienden, die sich an einem zufällig nicht zufälligen Zeit ausserhalb der Traumzeit getroffen haben.

    Die Menschheit retten, eine uralte Angelegenheit und Gegenstand vieler Epen, die man ja auch braucht als Orientierungspunkte. Allerdings läuft die Wirklichkeit ja immer und grundsätzlich different und das ist Stimulus der Desillusionierung. Ich hätte schon eine These, aber die spare ich mir für später auf.

  27. Michael Engelbrecht:

    Sehr schön, Henning, machst du den griechischen Chor, oder einen Metakommentar (vereinigst du gar polare Positionen in einem kühnen Zusammenfall der Gegensätze? 😉)

    Ich würde ja zu gerne etwas lesen, das meine hier vorgetragenen Argumente entkräftet? Silence is not always golden.

    Schöne Tage in Berlin!

    Ich warte auf den griechischen Chor und den „Hausmeister“ aus Hessen!

  28. Michael Engelbrecht:

    Auf Wunsch von Alex bringe ich diesen comment von anderer Stelle hierhin::

    „Übrigens, wenn man mal von seinen herzlich naiven Handlungsideen (und hier und da für Einzelne ganz brauchbaren Anregungen absieht), die einen edlen Altruismus und Meditation predigen, ist das Buch im Grunde rabenschwarz, und würde sich ohne diesen Zuckerrand aus „Scheitern in Anmut“ (ein Euphemismus aus meiner Sicht für „krachendes Scheitern“) und „intellektueller Redlichkeit“ (hallo, was denn sonst?) auch gut in gothic-Kreisen machen.

    Ganz okay an dem Buch ist allemal seine Ferne zu westlichen Religionen und sein Andocken an der Popper‘schen Falsifizierbarkeit der Dinge und Theorien,, sprich: Kritischem Rationalismus.

    Leider kommt sein dezent manierter Stil immer etwas wie von der Kanzel herunter rüber. Fehlt nur noch eine Talkshow der Herren Precht und Metzinger:)

    ALS ANTWORT AUF U.M.s Comment in Erotica Underground (2):

    Zu Metzinger, den ich immer noch nicht gelesen habe, aber ein früheres Werk von ihm, an das ich mich inzwischen erinnere: Dergleichen Autoren arbeiten gerne mit dem Begriff “ Wir“ und merken nicht dass das ihr privates Konstrukt ist.

    “ Wir müssen“ , wir sollten“ usw. Aber wer ist wir?

    Die paar Tausend, die sich das Buch gekauft haben und die ohnehin die im Buch angesprochene Gesinnung haben, sonst hätten sies nämlich nicht gekauft. Die werden halt noch ein bisschen gescheiter- was man gegenrechnen muss zu dem Aufwand an Energie und Ressourcen, das die Herstellung dieser zahllosen Bücher, die auf dem Markt so herumgeistern auch kostet.

    Wenn die Einnahmen aus solchen Werken dann wenigstens Greenpeace oder einem Verein gegen Kükenschreddern zur Verfügung gestellt würden wäre ich da viel milder gestimmt.

    Unser Oberarzt ermahnte früher in der Klinik immer den vielschreibenden Chefarzt: Herr Professor, schonen Sie unsere Wälder!

  29. Alexander Fritz:

    Danke, Michael. Das ist meine Ordnungsliebe, die ich vor allem gerne bei anderen auslebe. ;-). Ich bin immer noch nicht ganz durch mit dem Buch, aber grundsätzlich stimme ich dem zu, was Du da schreibst, mein anfänglicher Enthusiasmus ist etwas verflogen. Vor allem das Konzept des in Würde Scheiterns halte ich wie Du für idiotisch. Später mehr.

    P.S. Die Talkshow zwischen Precht und Metzinger gibt es übrigens schon. ;-). Da war der Precht auch noch etwas jünger und nicht ganz so blasiert wie heute: https://www.youtube.com/watch?v=BXJU_srHqA0

    P.P.S. Das mit den Ressourcen schonen, das tut der Metzinger bzw. der Verlag ja schon, indem der Preis des E-Books auf gut ein Viertel des Buchpreises runtergesetzt wurde. Ich interpretiere das so, dass versucht wird, eine größtmögliche Verbreitung bei kleinstmöglicher Ressourcenverschwendung zu erreichen. Jetzt komme bitte niemand damit, dass auch E-Books Ressourcen verbrauchen. Das stimmt zwar, aber das steht in keinem Verhältnis zum Abholzen von Wäldern und den anschließenden Verarbeitungsschritten nebst Transport und Verpackung.

  30. Ursula Mayr:

    In Würde scheitern … ja, das haben die französischen Aristokraten sicher auch gesagt, als sie auf den Karren klettern mussten.

  31. Alexander Fritz:

    In diesem Buch werden einige mir sehr sympathische Haltungen bzw. Prinzipien wie meditative Bewusstheit, säkulare Spiritualität, intellektuelle Redlichkeit, kritischer Rationalismus, Parsimonität etc. recht offensiv vertreten. Das gefällt mir gut, auch wenn diese Dinge permanent wiedergekäut werden, man hätte das Buch auf 100 Seiten – statt knapp 200 – kürzen können und es wäre besser weil klarer und weniger verquatscht gewesen. Das passt übrigens gar nicht zur ausgerufenen Sparsamkeit, da ist das Buch mit dem, was es vertritt, nicht kongruent. In anderen Punkten wie der Meditation als Methode, der Klimakrise geistig entgegenzutreten ist es wie bereits oben angemerkt anders, weil Meditation CO2 einspart.

    Was mich wirklich stört, ist die Sache mit dem Scheitern in Würde bzw. in Anmut. Allein schon das Wort Scheitern. Was soll das im Zusammenhang mit der menschengemachten Klimakrise genau bedeuten? Die komplette Auslöschung der Menschheit? Das Übrigbleiben einer kleinen Menschenschar? Das Leiden und frühzeitige Sterben von Millionen von Menschen? Mir ist es nicht klar geworden. Und damit ist es dann so ähnlich, wie mit dem Argument, dass er gegen die Gottesbeweise – die ich übrigens völlig fehl am Platze fand – vorbringt. Wenn nicht klar definiert ist, was Gott eigentlich ist, kann man seine Existenz weder widerlegen noch beweisen. Mir scheint es hier mit der intellektuellen Redlichkeit nicht so sehr weit her zu sein. Man könnte ja evtl. sogar schon jetzt sagen, dass wir bereits gescheitert sind, wenn man die Kriege, die Gewalt, den Hunger und das Leiden in der heutigen Welt sich anguckt. Das, was das vernunftbegabte Wesen Mensch in den letzten 110 Jahren auf der Erde angerichtet hat, kann man schwerlich als Erfolgsstory verkaufen.

    Was mir auffällt an dem Buch ist das Kokettieren mit der Idee des Scheiterns. Das ins Scheitern verliebt sein. Das ist am offensichtlichsten in der Passage zu der Falsifikation von Hypothesen bei Popper auf S. 158: „Der Moment des Scheiterns ist der Moment, in dem wir die Welt berühren.“ Man könnte die Widerlegung einer Hypothese ja auch als einen wissenschaftlichen Fortschritt deuten, wir wissen, dass es so nicht ist, das ist doch schon einmal etwas, evtl. sogar ein Fortschritt. Metzinger scheint mir generell eine schopenhauersche Sonnenbrille aufzuhaben, die alles schwarzsieht. Das Leben als Scheitern, wir leben, um zu sterben. Wenn das kein Scheitern ist. Über das, was nach dem Tode kommt, macht uns Metzinger auch keine Hoffnung. Als Gehirnforscher hält er es für unwahrscheinlich, dass es eine unsterbliche Seele bzw. ein Selbst gibt. Die Konsequenz wenn, dann wenigstens in Würde zu scheitern, halte ich für wenig überzeugend. Wäre es nicht besser, noch mal eine riesige Party zu schmeißen wie auf der Titanic vor der Apokalypse? Wenn alles den Bach runtergeht, dann geht die Würde mit runter. Mich hat Nietzsche mit seinem amor fati im Angesicht der ewigen Wiederkehr in meiner Jugend und auch jetzt noch viel mehr eingeleuchtet. Das ist eine praktische Konsequenz, die Charme hat, gerade weil sie im Grunde ausweglos ist, uns bleibt buchstäblich nichts anderes übrig, wenn wir einigermaßen zufrieden sein wollen in dieser Welt. Ich schweife ab.

    Insgesamt trotzdem ein interessanter, recht unkonventioneller Beitrag zur Debatte um die Krise, in der wir stecken, von einem Freigeist, der mit seinem eigenen Kopf denkt. Dem ich mit dieser subjektiven Kurzkritik sicher nicht gerecht geworden bin. Ich bin gespannt auf Metzingers nächstes Buch „Der Elefant und die Blinden“, wo er auf knapp 1000 Seiten Erlebnisberichte von Meditierenden aus vielen Ländern zusammengestellt hat.

  32. Michael Engelbrecht:

    Hallo, Alex,

    Ganz anders wie du blicke ich in vielen Dingen auf dieses Buch. Der Satz mit der Falsifikation und dem Augenblick, wo die Wirklichkeit berührt wird, ist für mich der schönste Satz des Buches.

    Das Allerletzte, was ich lesen würde, wäre das nächste Buch des Herrn. Weil mich 1000 erlebnisberichte von meditierenden nicht interessieren (sie sind immer gefiltert, daher bleibe ich lieber bei meiner eigenen Erfahrung, oder frage meinen Meditationslehrer, ich hatte mal einen, ein Freigeist, kein bornierter Erleuchteter!)

    … ähem. Hast du nicht neulich angemerkt, von solch dicken Schinken würdest du die Finger lassen? 😉 …

    Das Scheitern sehe ich tatsächlich als eine sehr humane Qualität. Und auch als Agnostiker sind mir die Ausführungen des katholischen (!) Exiszenzialisten Kark Jaspers recht nah. (Nicht nur, weil sie mir im Abitur die 1 gerettet haben, als ich meine Gedichtinterpretation von Benns FRAGMENTE mit einem Jaspers-Exkurs ausklingen liess.😅) Das will ich einfach mal so stehen lassen.

    Eine Party a la Titanic wäre sicher nicht meins.

    Es jat schon viel mit Würde zu tun, wenn man am Ende es nicht wie die wilden Horden treibt, denen sich viele Primitive anschliessen werden, wenn demokratische Strukturen zerfallen. Man muss nicht die schopenhauersche Brille aufhaben, um dergleichen kommen zu sehen.

    Ich zitiere mal Sartre: „Jedes Leben endet mit einem Schachmatt“. Diesen Satz stellte mein einstiger Lieblingsschriftsteller, Lars Gustafsson, seinem kleinen Roman „Nachmittag eines Fliesenlegers“ voran.

    Zu den Positiva des Buches zähle ich, dass Metzinger nicht konfessionell gebunden ist, oder sonstwie streng gläubig – und dennoch grosse stücke auf die Meditation hält. Die wird im westen immer gleich transzendental ausgeleuchet.

    Das, was du zu dem Gottesbeweisen sagst, finde ich jetzt nicht zwingend. Vorsicht, hier droht die Sophistik… und bei den Vorsokratikerm kenne ich mich aus!!! 😅

    Oh, ich sehe, alle Fragmente hier…
    Das zerfasert leicht…

  33. Alexander Fritz:

    Hallo Michael, danke für Deine Antwort. Der Satz zu Popper ist in der Tat der schönste Satz des Buches, das sehe ich genauso, der fasst es in nuce zusammen. Aber es ist ein Satz, der mit dem Scheitern liebäugelt, der Scheitern und die Welt berühren bzw. begreifen in eins setzt. Daraus kann man eine ganze Philosophie machen, der Mensch ist das Wesen, das scheitert. Ich finde das zu apodiktisch. Und auch zu defätistisch.

    Es stimmt Schinken lese ich normalerweise nicht, allerdings beziehe ich das eher auf Prosa also vor allem Romane bzw. Werke von einer Person, also auch Autofiktion. Berichte von vielen verschiedenen Personen, die dann auch noch Erfahrungen schildern, die mich interessieren, sind etwas anderes. Daraus kann ich eventuell etwas mitnehmen, insbes. in diesem Fall die vielen verschiedenen Facetten, die Meditationserfahrungen haben können. Die ganze Bandbreite, das fasziniert mich. Ein Buch von Knausgaard oder Murakami hingegen nicht, weil ich finde, dass sie sich zu wichtig nehmen.

    Du nennst Karl Jaspers, das finde ich interessant. Dass der katholisch war, wusste ich nicht, es scheint mir aber für seine Philosophie nicht so relevant. Mich hat damals der Satz umgehauen, den er gesagt hat über die Menschen, die wie er die Nazi-Herrschaft überlebt haben. „Dass wir noch leben, ist unsere Schuld.“ Mit anderen Worten nur zu leben, weil man sich nicht gewehrt hat, weil man den Juden nicht geholfen hat. Hätte man sich gewehrt, dann hätte es aber außer dem eigenen Tod auch nichts gebracht. Das hat mich damals unheimlich beeindruckt. Er hat ja auch schon 1946 das Buch „Die Schuldfrage“ geschrieben, wo er die verschiedenen Formen der Schuld (kriminell, politisch, moralisch, metaphysisch) analysiert. Er war wahrscheinlich der wichtigste deutsche Philosoph nach dem 2. Weltkrieg.

    Du nennst noch andere Schriftsteller, die ich verehre, Gottfried Benn – ich sage jetzt mal nach dem Lesen von „Kleine Aster“ in der Schule war ich nicht mehr derselbe wie vorher – und Lars Gustafsson. „Tod eines Bienenzüchters“ habe ich neulich als Hörspiel im Auto gehört, leider nicht alles verstanden, weil der Motor zu laut war, aber die Mischung von philosophischen, oft erkenntnistheoretischen Betrachtungen und Alltag mit psychologischem Tiefgang bei Gustafsson finde ich hochspannend. Danke für den Hinweis auf „Fragmente“, kannte ich noch nicht, ist aber auf den ersten Blick ein Gedicht ganz nach meinem Geschmack. Allein schon der Anfang „Fragmente, Seelenauswürfe, Blutgerinnsel des zwanzigsten Jahrhunderts“, da weiß man sofort, von wem es ist.

    Die Party habe ich nicht wirklich ernst gemeint, das war eine Zuspitzung. Ich finde „in Würde scheitern“ ähnlich absurd wie nochmal die Sau rauslassen, wenn man weiß, dass der Vorhang bald fällt. Ich überlege gerade, was ich in der Situation machen würde. Wahrscheinlich noch einmal „I Believe in You“ von Talk Talk hören.

    Den Sinn von Gottesbeweisen habe ich nie kapiert. Gibt es Gottesgläubige, die glauben, damit Atheisten oder Agnostiker zu überzeugen? Und wieso erwähnt Metzinger sie in seinem Buch? Damit wertet er diesen Schwachsinn ja noch auf. Die Idee eines Gottesbeweises dokumentiert für mich die Verzweiflung des Gläubigen. Wenn er glaubt, wozu verdammt nochmal braucht er dann einen Gottesbeweis? Oder glaubt er gar nicht wirklich an Gott? Der Gottesbeweis ist definitiv ein Weg, der komplett in die Irre führt.

    Dass Metzinger nicht religiös gebunden ist, und über den Tellerrand der westlichen Lehren hinausblickt, ist in der Tat ein Pluspunkt. Aber im Grunde ist das heutzutage schon fast selbstverständlich, wenn er das nicht täte, könnte ich ihn nicht ernst nehmen.

    Schachmatt ist ein interessantes Bild für das Lebensende. Beim Matt im Schach ist die Flucht nicht mehr möglich. Aber, ob das wirklich so ist, wenn wir unser Leben ausgehaucht haben, werden wir sehen…

  34. Michael Engelbrecht:

    Interessant!


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